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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

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theilhafte Idee von ihnen. Sie gehen gemei-
niglich weiß, und selten tragen sie ein farbenes
Kleid, das mit Gold oder Silber besetzt
wäre.

Nur den halten die Perser für einen ge-
lehrten Mann,
der alle Kenntnisse und Wis-
senschaften im möglichsten Grade besitzt. Wer
aber nur in einem Fache der Wissenschaften
bewandert ist, wird zwar geehrt, kann aber
nicht für einen Gelehrten passiren. -- Die-
se Schätzung eines Gelehrten ist für die Per-
ser höchst schädlich. Würden Sie denjenigen,
der es z. B. in der Mathematik, Philosophie
u. s. w. weit gebracht hätte, für einen Gelehrten
schätzen und achten; so würden diese Wissen-
schaften unter ihnen eben so hoch gestiegen
seyn, wie es bey uns Europäern geschehen ist.

Die Perser berufen sich in ihren Studien
nie auf irgend Jemandes Autorität -- außer
in Religionssachen. -- Sie untersuchen und
prüfen alles vorher selbst, ehe sie in ir-
gend einer Sache jemandes Meynung beystim-
men. Die Art, wie sie zur Wahrheit gelan-
gen, ist diese, sie sagen nämlich: daß der
Zweifel der Anfang einer Wissenschaft
sey; wer an nichts zweifele, untersuche
auch nichts; wer nichts entdeckt, ist blind
und bleibt blind.
--

Der Anfang ihres Studirens stimmt mit
unsrer Art völlig überein. Zuerst suchen sie
sich mit der Grammatik und Syntax bekannt

zu

theilhafte Idee von ihnen. Sie gehen gemei-
niglich weiß, und ſelten tragen ſie ein farbenes
Kleid, das mit Gold oder Silber beſetzt
waͤre.

Nur den halten die Perſer fuͤr einen ge-
lehrten Mann,
der alle Kenntniſſe und Wiſ-
ſenſchaften im moͤglichſten Grade beſitzt. Wer
aber nur in einem Fache der Wiſſenſchaften
bewandert iſt, wird zwar geehrt, kann aber
nicht fuͤr einen Gelehrten paſſiren. — Die-
ſe Schaͤtzung eines Gelehrten iſt fuͤr die Per-
ſer hoͤchſt ſchaͤdlich. Wuͤrden Sie denjenigen,
der es z. B. in der Mathematik, Philoſophie
u. ſ. w. weit gebracht haͤtte, fuͤr einen Gelehrten
ſchaͤtzen und achten; ſo wuͤrden dieſe Wiſſen-
ſchaften unter ihnen eben ſo hoch geſtiegen
ſeyn, wie es bey uns Europaͤern geſchehen iſt.

Die Perſer berufen ſich in ihren Studien
nie auf irgend Jemandes Autoritaͤt — außer
in Religionsſachen. — Sie unterſuchen und
pruͤfen alles vorher ſelbſt, ehe ſie in ir-
gend einer Sache jemandes Meynung beyſtim-
men. Die Art, wie ſie zur Wahrheit gelan-
gen, iſt dieſe, ſie ſagen naͤmlich: daß der
Zweifel der Anfang einer Wiſſenſchaft
ſey; wer an nichts zweifele, unterſuche
auch nichts; wer nichts entdeckt, iſt blind
und bleibt blind.

Der Anfang ihres Studirens ſtimmt mit
unſrer Art voͤllig uͤberein. Zuerſt ſuchen ſie
ſich mit der Grammatik und Syntax bekannt

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[76/0096] theilhafte Idee von ihnen. Sie gehen gemei- niglich weiß, und ſelten tragen ſie ein farbenes Kleid, das mit Gold oder Silber beſetzt waͤre. Nur den halten die Perſer fuͤr einen ge- lehrten Mann, der alle Kenntniſſe und Wiſ- ſenſchaften im moͤglichſten Grade beſitzt. Wer aber nur in einem Fache der Wiſſenſchaften bewandert iſt, wird zwar geehrt, kann aber nicht fuͤr einen Gelehrten paſſiren. — Die- ſe Schaͤtzung eines Gelehrten iſt fuͤr die Per- ſer hoͤchſt ſchaͤdlich. Wuͤrden Sie denjenigen, der es z. B. in der Mathematik, Philoſophie u. ſ. w. weit gebracht haͤtte, fuͤr einen Gelehrten ſchaͤtzen und achten; ſo wuͤrden dieſe Wiſſen- ſchaften unter ihnen eben ſo hoch geſtiegen ſeyn, wie es bey uns Europaͤern geſchehen iſt. Die Perſer berufen ſich in ihren Studien nie auf irgend Jemandes Autoritaͤt — außer in Religionsſachen. — Sie unterſuchen und pruͤfen alles vorher ſelbſt, ehe ſie in ir- gend einer Sache jemandes Meynung beyſtim- men. Die Art, wie ſie zur Wahrheit gelan- gen, iſt dieſe, ſie ſagen naͤmlich: daß der Zweifel der Anfang einer Wiſſenſchaft ſey; wer an nichts zweifele, unterſuche auch nichts; wer nichts entdeckt, iſt blind und bleibt blind. — Der Anfang ihres Studirens ſtimmt mit unſrer Art voͤllig uͤberein. Zuerſt ſuchen ſie ſich mit der Grammatik und Syntax bekannt zu

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/96>, abgerufen am 23.11.2024.