Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

gen ganz untröstbar zu seyn. Sie schreien und
lärmen außerordentlich und enthalten sich eini-
ge Tage lang der Speisen, um damit anzuzei-
gen, daß sie des Lebens nunmehro, nachdem ih-
nen das Theuerste geraubt sey, überdrüßig wä-
ren. In den ersten Tagen der Trauer geht so
wohl das männliche als weibliche Geschlecht
schwarz. *) Diese Couleur sieht bey den Orien-
talern ganz scheußlich aus, und die Perser nen-
nen es selbst die Farbe des Teufels. Einige
Tage nachher kleiden sie sich, auf Zureden und
Bitten der Anverwandten und Freunde, anders
und bekleiden sich alsdann mit einem Rocke von
Leinewand.

Wir haben schon vorhin gesagt, daß das
Frauenzimmer am schwersten bey Trauerfällen
zu trösten sey. Allein die Ursache davon ist
sehr natürlich. Denn der Wittwenstand ist in
der That für das persische Frauenzimmer ein
Zustand, der sich, wie überhaupt im ganzen
Orient, nie ändert. -- Nichts aber ist schö-
ner und mit einer gesunden Philosophie über-

ein-
ihnen ein kleines Büchelchen empfehlen, unter
dem Titel: "Doch die Existenz des Teufels
auf dieser Erde," um ihnen zu zeigen, was
man in andern Ländern vom Teufel halte!
*) Chardin sagt, die Trauerkleider beständen nicht
im schwarzen Tuche. Aber viele Reisebeschrei-
ber, und hierinn eben so glaubwürdige, geben
die Versicherung, daß sie sich einer solchen Cou-
leur bedienten.
E 4

gen ganz untroͤſtbar zu ſeyn. Sie ſchreien und
laͤrmen außerordentlich und enthalten ſich eini-
ge Tage lang der Speiſen, um damit anzuzei-
gen, daß ſie des Lebens nunmehro, nachdem ih-
nen das Theuerſte geraubt ſey, uͤberdruͤßig waͤ-
ren. In den erſten Tagen der Trauer geht ſo
wohl das maͤnnliche als weibliche Geſchlecht
ſchwarz. *) Dieſe Couleur ſieht bey den Orien-
talern ganz ſcheußlich aus, und die Perſer nen-
nen es ſelbſt die Farbe des Teufels. Einige
Tage nachher kleiden ſie ſich, auf Zureden und
Bitten der Anverwandten und Freunde, anders
und bekleiden ſich alsdann mit einem Rocke von
Leinewand.

Wir haben ſchon vorhin geſagt, daß das
Frauenzimmer am ſchwerſten bey Trauerfaͤllen
zu troͤſten ſey. Allein die Urſache davon iſt
ſehr natuͤrlich. Denn der Wittwenſtand iſt in
der That fuͤr das perſiſche Frauenzimmer ein
Zuſtand, der ſich, wie uͤberhaupt im ganzen
Orient, nie aͤndert. — Nichts aber iſt ſchoͤ-
ner und mit einer geſunden Philoſophie uͤber-

ein-
ihnen ein kleines Buͤchelchen empfehlen, unter
dem Titel: „Doch die Exiſtenz des Teufels
auf dieſer Erde,“ um ihnen zu zeigen, was
man in andern Laͤndern vom Teufel halte!
*) Chardin ſagt, die Trauerkleider beſtaͤnden nicht
im ſchwarzen Tuche. Aber viele Reiſebeſchrei-
ber, und hierinn eben ſo glaubwuͤrdige, geben
die Verſicherung, daß ſie ſich einer ſolchen Cou-
leur bedienten.
E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="71"/>
gen ganz untro&#x0364;&#x017F;tbar zu &#x017F;eyn. Sie &#x017F;chreien und<lb/>
la&#x0364;rmen außerordentlich und enthalten &#x017F;ich eini-<lb/>
ge Tage lang der Spei&#x017F;en, um damit anzuzei-<lb/>
gen, daß &#x017F;ie des Lebens nunmehro, nachdem ih-<lb/>
nen das Theuer&#x017F;te geraubt &#x017F;ey, u&#x0364;berdru&#x0364;ßig wa&#x0364;-<lb/>
ren. In den er&#x017F;ten Tagen der Trauer geht &#x017F;o<lb/>
wohl das ma&#x0364;nnliche als weibliche Ge&#x017F;chlecht<lb/>
&#x017F;chwarz. <note place="foot" n="*)">Chardin &#x017F;agt, die Trauerkleider be&#x017F;ta&#x0364;nden nicht<lb/>
im &#x017F;chwarzen Tuche. Aber viele Rei&#x017F;ebe&#x017F;chrei-<lb/>
ber, und hierinn eben &#x017F;o glaubwu&#x0364;rdige, geben<lb/>
die Ver&#x017F;icherung, daß &#x017F;ie &#x017F;ich einer &#x017F;olchen Cou-<lb/>
leur bedienten.</note> Die&#x017F;e Couleur &#x017F;ieht bey den Orien-<lb/>
talern ganz &#x017F;cheußlich aus, und die Per&#x017F;er nen-<lb/>
nen es &#x017F;elb&#x017F;t die <hi rendition="#fr">Farbe des Teufels.</hi> Einige<lb/>
Tage nachher kleiden &#x017F;ie &#x017F;ich, auf Zureden und<lb/>
Bitten der Anverwandten und Freunde, anders<lb/>
und bekleiden &#x017F;ich alsdann mit einem Rocke von<lb/>
Leinewand.</p><lb/>
          <p>Wir haben &#x017F;chon vorhin ge&#x017F;agt, daß das<lb/>
Frauenzimmer am &#x017F;chwer&#x017F;ten bey Trauerfa&#x0364;llen<lb/>
zu tro&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ey. Allein die Ur&#x017F;ache davon i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ehr natu&#x0364;rlich. Denn der Wittwen&#x017F;tand i&#x017F;t in<lb/>
der That fu&#x0364;r das per&#x017F;i&#x017F;che Frauenzimmer ein<lb/>
Zu&#x017F;tand, der &#x017F;ich, wie u&#x0364;berhaupt im ganzen<lb/>
Orient, nie a&#x0364;ndert. &#x2014; Nichts aber i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ner und mit einer ge&#x017F;unden Philo&#x017F;ophie u&#x0364;ber-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_5_3" prev="#seg2pn_5_2" place="foot" n="*)">ihnen ein kleines Bu&#x0364;chelchen empfehlen, unter<lb/>
dem Titel: &#x201E;Doch die Exi&#x017F;tenz des Teufels<lb/>
auf die&#x017F;er Erde,&#x201C; um ihnen zu zeigen, was<lb/>
man in andern La&#x0364;ndern vom Teufel halte!</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0091] gen ganz untroͤſtbar zu ſeyn. Sie ſchreien und laͤrmen außerordentlich und enthalten ſich eini- ge Tage lang der Speiſen, um damit anzuzei- gen, daß ſie des Lebens nunmehro, nachdem ih- nen das Theuerſte geraubt ſey, uͤberdruͤßig waͤ- ren. In den erſten Tagen der Trauer geht ſo wohl das maͤnnliche als weibliche Geſchlecht ſchwarz. *) Dieſe Couleur ſieht bey den Orien- talern ganz ſcheußlich aus, und die Perſer nen- nen es ſelbſt die Farbe des Teufels. Einige Tage nachher kleiden ſie ſich, auf Zureden und Bitten der Anverwandten und Freunde, anders und bekleiden ſich alsdann mit einem Rocke von Leinewand. Wir haben ſchon vorhin geſagt, daß das Frauenzimmer am ſchwerſten bey Trauerfaͤllen zu troͤſten ſey. Allein die Urſache davon iſt ſehr natuͤrlich. Denn der Wittwenſtand iſt in der That fuͤr das perſiſche Frauenzimmer ein Zuſtand, der ſich, wie uͤberhaupt im ganzen Orient, nie aͤndert. — Nichts aber iſt ſchoͤ- ner und mit einer geſunden Philoſophie uͤber- ein- *) *) Chardin ſagt, die Trauerkleider beſtaͤnden nicht im ſchwarzen Tuche. Aber viele Reiſebeſchrei- ber, und hierinn eben ſo glaubwuͤrdige, geben die Verſicherung, daß ſie ſich einer ſolchen Cou- leur bedienten. *) ihnen ein kleines Buͤchelchen empfehlen, unter dem Titel: „Doch die Exiſtenz des Teufels auf dieſer Erde,“ um ihnen zu zeigen, was man in andern Laͤndern vom Teufel halte! E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/91
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/91>, abgerufen am 08.05.2024.