Zu Nan-King werden die besten Zeuge von Tche-Kyangscher Seide, vorfertigt. Von diesen Zeugen giebt es verschiedene Arten, wo- von die besten und zugleich auch bekanntesten sind der Damast; geblümter, glatter, gestreif- ter Atlas; dicker Taffend, der unsern Mohren in gewissen Stücken gleich ist: andere Taffte mit gebrochnen und gestickten Blumen. Bey aller der Schönheit ihrer Arbeit aber, fehlt es doch noch weit daran, uns Europäer darinn zu erreichen. Fürnehmlich übertreffen wir sie in unsern Gold- und Silberstoffen. Die Kunst, diese Metalle in Fäden zu ziehen, die Seide damit zu bespinnen u. s. w. ist ihnen völlig unbekannt. Ihre Kenntniß und Ge- schicklichkeit hierinn ist, das Gold- oder Sil- berpappier in dünne Streifen zu schneiden, Seide darunter zu mischen, und solche die Far- be der Blättchen annehmen zu lassen. Man sieht aber leicht, daß eine solche Vergoldung, sie mag anfangs auch immerhin so viel blinken, als sie wolle, ohnmöglich von langer Dauer seyn könne. Dergleichen Stoffe werden auch nicht häufig, sondern nur bloß von Manda- rinen vom ersten Range getragen. Die Zeich- nungen sind gewöhnlich schlecht. Gemeiniglich sieht man Häuser, Bäume und Vögel darauf angebracht, am häufigsten aber Figuren von Drachen. *) Die Baumwollen- oder Cattun-
ma-
*) Der Drache steht bey den Chinesern in gros-
sem
Zu Nan-King werden die beſten Zeuge von Tche-Kyangſcher Seide, vorfertigt. Von dieſen Zeugen giebt es verſchiedene Arten, wo- von die beſten und zugleich auch bekannteſten ſind der Damaſt; gebluͤmter, glatter, geſtreif- ter Atlas; dicker Taffend, der unſern Mohren in gewiſſen Stuͤcken gleich iſt: andere Taffte mit gebrochnen und geſtickten Blumen. Bey aller der Schoͤnheit ihrer Arbeit aber, fehlt es doch noch weit daran, uns Europaͤer darinn zu erreichen. Fuͤrnehmlich uͤbertreffen wir ſie in unſern Gold- und Silberſtoffen. Die Kunſt, dieſe Metalle in Faͤden zu ziehen, die Seide damit zu beſpinnen u. ſ. w. iſt ihnen voͤllig unbekannt. Ihre Kenntniß und Ge- ſchicklichkeit hierinn iſt, das Gold- oder Sil- berpappier in duͤnne Streifen zu ſchneiden, Seide darunter zu miſchen, und ſolche die Far- be der Blaͤttchen annehmen zu laſſen. Man ſieht aber leicht, daß eine ſolche Vergoldung, ſie mag anfangs auch immerhin ſo viel blinken, als ſie wolle, ohnmoͤglich von langer Dauer ſeyn koͤnne. Dergleichen Stoffe werden auch nicht haͤufig, ſondern nur bloß von Manda- rinen vom erſten Range getragen. Die Zeich- nungen ſind gewoͤhnlich ſchlecht. Gemeiniglich ſieht man Haͤuſer, Baͤume und Voͤgel darauf angebracht, am haͤufigſten aber Figuren von Drachen. *) Die Baumwollen- oder Cattun-
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*) Der Drache ſteht bey den Chineſern in groſ-
ſem
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Zu Nan-King werden die beſten Zeuge
von Tche-Kyangſcher Seide, vorfertigt. Von
dieſen Zeugen giebt es verſchiedene Arten, wo-
von die beſten und zugleich auch bekannteſten
ſind der Damaſt; gebluͤmter, glatter, geſtreif-
ter Atlas; dicker Taffend, der unſern Mohren
in gewiſſen Stuͤcken gleich iſt: andere Taffte
mit gebrochnen und geſtickten Blumen. Bey
aller der Schoͤnheit ihrer Arbeit aber, fehlt es
doch noch weit daran, uns Europaͤer darinn
zu erreichen. Fuͤrnehmlich uͤbertreffen wir ſie
in unſern Gold- und Silberſtoffen. Die
Kunſt, dieſe Metalle in Faͤden zu ziehen, die
Seide damit zu beſpinnen u. ſ. w. iſt ihnen
voͤllig unbekannt. Ihre Kenntniß und Ge-
ſchicklichkeit hierinn iſt, das Gold- oder Sil-
berpappier in duͤnne Streifen zu ſchneiden,
Seide darunter zu miſchen, und ſolche die Far-
be der Blaͤttchen annehmen zu laſſen. Man
ſieht aber leicht, daß eine ſolche Vergoldung,
ſie mag anfangs auch immerhin ſo viel blinken,
als ſie wolle, ohnmoͤglich von langer Dauer
ſeyn koͤnne. Dergleichen Stoffe werden auch
nicht haͤufig, ſondern nur bloß von Manda-
rinen vom erſten Range getragen. Die Zeich-
nungen ſind gewoͤhnlich ſchlecht. Gemeiniglich
ſieht man Haͤuſer, Baͤume und Voͤgel darauf
angebracht, am haͤufigſten aber Figuren von
Drachen. *) Die Baumwollen- oder Cattun-
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*) Der Drache ſteht bey den Chineſern in groſ-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/264>, abgerufen am 26.11.2024.
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