Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

maals sind mit so vieler Kunst versehen, daß man
beym ersten Anblick glaubt, das ganze Werk be-
stehe aus einem Stücke. An den Ecken einer
jeden Gallerie, hängt eine Menge kleiner Glo-
cken, die, vom Winde bewegt, einen nicht un-
angenehmen Schall von sich geben. Allein, das
Schönste am ganzen Gebäude bestehet in einer
Art von Kuppel, die von einem Mastbaume,
der auf dem Boden des achten Stockwerks fest
stehet, und über dreyßig Fuß über denselben
hervorragt, getragen wird. Die Bildhauer-
arbeit, welche man an dieser Kuppel sieht, ist
vergoldet, und das Werk scheint überhaupt
von Marmor und gehauenen Steinen zu seyn.
-- Dieß ist die Beschaffenheit der Bauart
eines Thurms, der im ganzen Oriente, er mag
nun von einer Materie gebaut seyn, von welcher
er will, für das dauerhafteste und prächtigste
Werk, mit Recht angesehen wird. Man weiß
eigentlich noch nicht mit Gewißheit zu sagen,
bey welcher Gelegenheit dieser Thurm gebaut
ist. Neuhoff glaubt, daß er bereits über
siebenhundert Jahre gestanden, und von den
Tatarn, als ein Denkmaal, daß sie sich des
chinesischen Reichs bemächtigt, sey erbaut
worden. Le Compte geht von dieser Behau-
ptung, nicht ohne Gründe, ab. Er glaubt
nämlich, daß dieser Thurm nicht länger, als
dreyhundert Jahre gestanden habe, und von
dem Kayser Yang-lo sey erbaut worden. Die-
ser Meynung stimmt Du Halde auch bey.

Wir
Q

maals ſind mit ſo vieler Kunſt verſehen, daß man
beym erſten Anblick glaubt, das ganze Werk be-
ſtehe aus einem Stuͤcke. An den Ecken einer
jeden Gallerie, haͤngt eine Menge kleiner Glo-
cken, die, vom Winde bewegt, einen nicht un-
angenehmen Schall von ſich geben. Allein, das
Schoͤnſte am ganzen Gebaͤude beſtehet in einer
Art von Kuppel, die von einem Maſtbaume,
der auf dem Boden des achten Stockwerks feſt
ſtehet, und uͤber dreyßig Fuß uͤber denſelben
hervorragt, getragen wird. Die Bildhauer-
arbeit, welche man an dieſer Kuppel ſieht, iſt
vergoldet, und das Werk ſcheint uͤberhaupt
von Marmor und gehauenen Steinen zu ſeyn.
— Dieß iſt die Beſchaffenheit der Bauart
eines Thurms, der im ganzen Oriente, er mag
nun von einer Materie gebaut ſeyn, von welcher
er will, fuͤr das dauerhafteſte und praͤchtigſte
Werk, mit Recht angeſehen wird. Man weiß
eigentlich noch nicht mit Gewißheit zu ſagen,
bey welcher Gelegenheit dieſer Thurm gebaut
iſt. Neuhoff glaubt, daß er bereits uͤber
ſiebenhundert Jahre geſtanden, und von den
Tatarn, als ein Denkmaal, daß ſie ſich des
chineſiſchen Reichs bemaͤchtigt, ſey erbaut
worden. Le Compte geht von dieſer Behau-
ptung, nicht ohne Gruͤnde, ab. Er glaubt
naͤmlich, daß dieſer Thurm nicht laͤnger, als
dreyhundert Jahre geſtanden habe, und von
dem Kayſer Yang-lo ſey erbaut worden. Die-
ſer Meynung ſtimmt Dů Halde auch bey.

Wir
Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0261" n="241"/>
maals &#x017F;ind mit &#x017F;o vieler Kun&#x017F;t ver&#x017F;ehen, daß man<lb/>
beym er&#x017F;ten Anblick glaubt, das ganze Werk be-<lb/>
&#x017F;tehe aus einem Stu&#x0364;cke. An den Ecken einer<lb/>
jeden Gallerie, ha&#x0364;ngt eine Menge kleiner Glo-<lb/>
cken, die, vom Winde bewegt, einen nicht un-<lb/>
angenehmen Schall von &#x017F;ich geben. Allein, das<lb/>
Scho&#x0364;n&#x017F;te am ganzen Geba&#x0364;ude be&#x017F;tehet in einer<lb/>
Art von Kuppel, die von einem Ma&#x017F;tbaume,<lb/>
der auf dem Boden des achten Stockwerks fe&#x017F;t<lb/>
&#x017F;tehet, und u&#x0364;ber dreyßig Fuß u&#x0364;ber den&#x017F;elben<lb/>
hervorragt, getragen wird. Die Bildhauer-<lb/>
arbeit, welche man an die&#x017F;er Kuppel &#x017F;ieht, i&#x017F;t<lb/>
vergoldet, und das Werk &#x017F;cheint u&#x0364;berhaupt<lb/>
von Marmor und gehauenen Steinen zu &#x017F;eyn.<lb/>
&#x2014; Dieß i&#x017F;t die Be&#x017F;chaffenheit der Bauart<lb/>
eines Thurms, der im ganzen Oriente, er mag<lb/>
nun von einer Materie gebaut &#x017F;eyn, von welcher<lb/>
er will, fu&#x0364;r das dauerhafte&#x017F;te und pra&#x0364;chtig&#x017F;te<lb/>
Werk, mit Recht ange&#x017F;ehen wird. Man weiß<lb/>
eigentlich noch nicht mit Gewißheit zu &#x017F;agen,<lb/>
bey welcher Gelegenheit die&#x017F;er Thurm gebaut<lb/>
i&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Neuhoff</hi> glaubt, daß er bereits u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;iebenhundert Jahre ge&#x017F;tanden, und von den<lb/>
Tatarn, als ein Denkmaal, daß &#x017F;ie &#x017F;ich des<lb/>
chine&#x017F;i&#x017F;chen Reichs bema&#x0364;chtigt, &#x017F;ey erbaut<lb/>
worden. <hi rendition="#fr">Le Compte</hi> geht von die&#x017F;er Behau-<lb/>
ptung, nicht ohne Gru&#x0364;nde, ab. Er glaubt<lb/>
na&#x0364;mlich, daß die&#x017F;er Thurm nicht la&#x0364;nger, als<lb/>
dreyhundert Jahre ge&#x017F;tanden habe, und von<lb/>
dem Kay&#x017F;er Yang-lo &#x017F;ey erbaut worden. Die-<lb/>
&#x017F;er Meynung &#x017F;timmt <hi rendition="#fr">D&#x016F; Halde</hi> auch bey.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Q</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0261] maals ſind mit ſo vieler Kunſt verſehen, daß man beym erſten Anblick glaubt, das ganze Werk be- ſtehe aus einem Stuͤcke. An den Ecken einer jeden Gallerie, haͤngt eine Menge kleiner Glo- cken, die, vom Winde bewegt, einen nicht un- angenehmen Schall von ſich geben. Allein, das Schoͤnſte am ganzen Gebaͤude beſtehet in einer Art von Kuppel, die von einem Maſtbaume, der auf dem Boden des achten Stockwerks feſt ſtehet, und uͤber dreyßig Fuß uͤber denſelben hervorragt, getragen wird. Die Bildhauer- arbeit, welche man an dieſer Kuppel ſieht, iſt vergoldet, und das Werk ſcheint uͤberhaupt von Marmor und gehauenen Steinen zu ſeyn. — Dieß iſt die Beſchaffenheit der Bauart eines Thurms, der im ganzen Oriente, er mag nun von einer Materie gebaut ſeyn, von welcher er will, fuͤr das dauerhafteſte und praͤchtigſte Werk, mit Recht angeſehen wird. Man weiß eigentlich noch nicht mit Gewißheit zu ſagen, bey welcher Gelegenheit dieſer Thurm gebaut iſt. Neuhoff glaubt, daß er bereits uͤber ſiebenhundert Jahre geſtanden, und von den Tatarn, als ein Denkmaal, daß ſie ſich des chineſiſchen Reichs bemaͤchtigt, ſey erbaut worden. Le Compte geht von dieſer Behau- ptung, nicht ohne Gruͤnde, ab. Er glaubt naͤmlich, daß dieſer Thurm nicht laͤnger, als dreyhundert Jahre geſtanden habe, und von dem Kayſer Yang-lo ſey erbaut worden. Die- ſer Meynung ſtimmt Dů Halde auch bey. Wir Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/261
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/261>, abgerufen am 17.05.2024.