Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

aber der Fall, daß sich der Bräutigam zu die-
ser Versicherung aus Gründen nicht verstehen
kann; so wird das Paar nicht von dem ober-
sten Priester getraut: und dieß bleibt dann für
die neuen Eheleute ein unvergeßlicher Schimpf,
weil sie alsdann genöthigt sind, sich von einem
gemeinen Priester trauen zu lassen. Denn
dieß ist ein offenbares Zeichen, daß die Braut
keine eigentliche Jungfrau mehr sey.

Außer diesen Sabis giebt es noch eigentlich
so genannte Christen, die sich aber in verschie-
dene Secten theilen. Man findet auch in Per-
sien (so wie überall in ganz Asien) europäische
Christen, welche sich als Künstler an dem Ho-
fe des Königes aufhalten, die ungerechnet, wel-
che sich da ihres Handels wegen aufhalten.
Diese Christen genießen alle mögliche Freiheit,
und werden von der so genannten herrschenden
Religion im geringsten nicht gedrückt. -- Man
muß es wirklich gestehen, daß, so abgeschmackt
die Religion Mohammeds in vielen Stücken
ist, sie dennoch, nächst der Christlichen, die
Toleranz am meisten empfielt.

Heiden. Dieses Volk, welches sich in
Persien niedergelassen hat, kommt eigentlich
aus Indien. Man findet sie überall im gan-
zen Reiche, und sie genießen in Ansehung ihres
Gottesdienstes alle mögliche Freyheit. Sie
beschäftigen sich einzig und allein mit dem Han-
del, Wucher u. s. f. und treiben es mit sol-
chem Eifer, daß sie in kurzer Zeit sich beträcht-

lich

aber der Fall, daß ſich der Braͤutigam zu die-
ſer Verſicherung aus Gruͤnden nicht verſtehen
kann; ſo wird das Paar nicht von dem ober-
ſten Prieſter getraut: und dieß bleibt dann fuͤr
die neuen Eheleute ein unvergeßlicher Schimpf,
weil ſie alsdann genoͤthigt ſind, ſich von einem
gemeinen Prieſter trauen zu laſſen. Denn
dieß iſt ein offenbares Zeichen, daß die Braut
keine eigentliche Jungfrau mehr ſey.

Außer dieſen Sabis giebt es noch eigentlich
ſo genannte Chriſten, die ſich aber in verſchie-
dene Secten theilen. Man findet auch in Per-
ſien (ſo wie uͤberall in ganz Aſien) europaͤiſche
Chriſten, welche ſich als Kuͤnſtler an dem Ho-
fe des Koͤniges aufhalten, die ungerechnet, wel-
che ſich da ihres Handels wegen aufhalten.
Dieſe Chriſten genießen alle moͤgliche Freiheit,
und werden von der ſo genannten herrſchenden
Religion im geringſten nicht gedruͤckt. — Man
muß es wirklich geſtehen, daß, ſo abgeſchmackt
die Religion Mohammeds in vielen Stuͤcken
iſt, ſie dennoch, naͤchſt der Chriſtlichen, die
Toleranz am meiſten empfielt.

Heiden. Dieſes Volk, welches ſich in
Perſien niedergelaſſen hat, kommt eigentlich
aus Indien. Man findet ſie uͤberall im gan-
zen Reiche, und ſie genießen in Anſehung ihres
Gottesdienſtes alle moͤgliche Freyheit. Sie
beſchaͤftigen ſich einzig und allein mit dem Han-
del, Wucher u. ſ. f. und treiben es mit ſol-
chem Eifer, daß ſie in kurzer Zeit ſich betraͤcht-

lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0191" n="171"/>
aber der Fall, daß &#x017F;ich der Bra&#x0364;utigam zu die-<lb/>
&#x017F;er Ver&#x017F;icherung aus Gru&#x0364;nden nicht ver&#x017F;tehen<lb/>
kann; &#x017F;o wird das Paar nicht von dem ober-<lb/>
&#x017F;ten Prie&#x017F;ter getraut: und dieß bleibt dann fu&#x0364;r<lb/>
die neuen Eheleute ein unvergeßlicher Schimpf,<lb/>
weil &#x017F;ie alsdann geno&#x0364;thigt &#x017F;ind, &#x017F;ich von einem<lb/>
gemeinen Prie&#x017F;ter trauen zu la&#x017F;&#x017F;en. Denn<lb/>
dieß i&#x017F;t ein offenbares Zeichen, daß die Braut<lb/>
keine eigentliche Jungfrau mehr &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>Außer die&#x017F;en Sabis giebt es noch eigentlich<lb/>
&#x017F;o genannte Chri&#x017F;ten, die &#x017F;ich aber in ver&#x017F;chie-<lb/>
dene Secten theilen. Man findet auch in Per-<lb/>
&#x017F;ien (&#x017F;o wie u&#x0364;berall in ganz A&#x017F;ien) europa&#x0364;i&#x017F;che<lb/>
Chri&#x017F;ten, welche &#x017F;ich als Ku&#x0364;n&#x017F;tler an dem Ho-<lb/>
fe des Ko&#x0364;niges aufhalten, die ungerechnet, wel-<lb/>
che &#x017F;ich da ihres Handels wegen aufhalten.<lb/>
Die&#x017F;e Chri&#x017F;ten genießen alle mo&#x0364;gliche Freiheit,<lb/>
und werden von der &#x017F;o genannten herr&#x017F;chenden<lb/>
Religion im gering&#x017F;ten nicht gedru&#x0364;ckt. &#x2014; Man<lb/>
muß es wirklich ge&#x017F;tehen, daß, &#x017F;o abge&#x017F;chmackt<lb/>
die Religion Mohammeds in vielen Stu&#x0364;cken<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ie dennoch, na&#x0364;ch&#x017F;t der Chri&#x017F;tlichen, die<lb/>
Toleranz am mei&#x017F;ten empfielt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Heiden</hi>. Die&#x017F;es Volk, welches &#x017F;ich in<lb/>
Per&#x017F;ien niedergela&#x017F;&#x017F;en hat, kommt eigentlich<lb/>
aus Indien. Man findet &#x017F;ie u&#x0364;berall im gan-<lb/>
zen Reiche, und &#x017F;ie genießen in An&#x017F;ehung ihres<lb/>
Gottesdien&#x017F;tes alle mo&#x0364;gliche Freyheit. Sie<lb/>
be&#x017F;cha&#x0364;ftigen &#x017F;ich einzig und allein mit dem Han-<lb/>
del, Wucher u. &#x017F;. f. und treiben es mit &#x017F;ol-<lb/>
chem Eifer, daß &#x017F;ie in kurzer Zeit &#x017F;ich betra&#x0364;cht-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0191] aber der Fall, daß ſich der Braͤutigam zu die- ſer Verſicherung aus Gruͤnden nicht verſtehen kann; ſo wird das Paar nicht von dem ober- ſten Prieſter getraut: und dieß bleibt dann fuͤr die neuen Eheleute ein unvergeßlicher Schimpf, weil ſie alsdann genoͤthigt ſind, ſich von einem gemeinen Prieſter trauen zu laſſen. Denn dieß iſt ein offenbares Zeichen, daß die Braut keine eigentliche Jungfrau mehr ſey. Außer dieſen Sabis giebt es noch eigentlich ſo genannte Chriſten, die ſich aber in verſchie- dene Secten theilen. Man findet auch in Per- ſien (ſo wie uͤberall in ganz Aſien) europaͤiſche Chriſten, welche ſich als Kuͤnſtler an dem Ho- fe des Koͤniges aufhalten, die ungerechnet, wel- che ſich da ihres Handels wegen aufhalten. Dieſe Chriſten genießen alle moͤgliche Freiheit, und werden von der ſo genannten herrſchenden Religion im geringſten nicht gedruͤckt. — Man muß es wirklich geſtehen, daß, ſo abgeſchmackt die Religion Mohammeds in vielen Stuͤcken iſt, ſie dennoch, naͤchſt der Chriſtlichen, die Toleranz am meiſten empfielt. Heiden. Dieſes Volk, welches ſich in Perſien niedergelaſſen hat, kommt eigentlich aus Indien. Man findet ſie uͤberall im gan- zen Reiche, und ſie genießen in Anſehung ihres Gottesdienſtes alle moͤgliche Freyheit. Sie beſchaͤftigen ſich einzig und allein mit dem Han- del, Wucher u. ſ. f. und treiben es mit ſol- chem Eifer, daß ſie in kurzer Zeit ſich betraͤcht- lich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/191
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/191>, abgerufen am 21.11.2024.