gen: und alles Zureden war bey ihnen verge- blich. -- In keinem Lande findet man aber auch unwissendere Juden, als eben in Persien. In ihren religiösen Ideen sind sie nicht einerley Meynung unter einander. -- Sie lesen zwar gemeinschaftlich den Pentateuchus, man kann aber eigentlich von dem, was sie wirklich glau- ben, keine gegründete Nachricht geben.
3. Sabis, oder Christen des heil. Johannes. Die Anzahl dieses Volks ist so klein und so sehr zerstreuet, daß man von ih- rem Glauben und Meynungen wenig Glaub- würdiges weiß. Man hält dafür, daß diese Sabis ursprünglich Chaldäer, und ihre Vor- fahren Schüler des Zoroaster gewesen sind. Diese Vermuthung dürfte auch wohl nicht ganz ungegründet seyn; wenigstens haben sie viele religiöse Begriffe vom Zoroaster angenommen.
Sie halten Johannes den Täufer für ih- ren Heiligen. Man kann sie aber im Grunde nicht für Christen halten, denn sie glauben nicht, daß Jesus der wahre Sohn Gottes sey. Sie halten ihn, gleich dem Koran, bloß für einen göttlichen Propheten. Die Ursach aber, warum man sie mit diesem Namen benennet hat, kommt bloß von der großen Verehrung eines Kreuzes her, das sie auf eine, fast ab- göttische Art, verehren. -- Von den heiligen Büchern, die diese Christen des heil. Johan- nes vormals gehabt haben, wissen sie jetzt wei- ter nichts, als daß sie in syrischer Sprache ge-
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gen: und alles Zureden war bey ihnen verge- blich. — In keinem Lande findet man aber auch unwiſſendere Juden, als eben in Perſien. In ihren religioͤſen Ideen ſind ſie nicht einerley Meynung unter einander. — Sie leſen zwar gemeinſchaftlich den Pentateuchus, man kann aber eigentlich von dem, was ſie wirklich glau- ben, keine gegruͤndete Nachricht geben.
3. Sabis, oder Chriſten des heil. Johannes. Die Anzahl dieſes Volks iſt ſo klein und ſo ſehr zerſtreuet, daß man von ih- rem Glauben und Meynungen wenig Glaub- wuͤrdiges weiß. Man haͤlt dafuͤr, daß dieſe Sabis urſpruͤnglich Chaldaͤer, und ihre Vor- fahren Schuͤler des Zoroaſter geweſen ſind. Dieſe Vermuthung duͤrfte auch wohl nicht ganz ungegruͤndet ſeyn; wenigſtens haben ſie viele religioͤſe Begriffe vom Zoroaſter angenommen.
Sie halten Johannes den Taͤufer fuͤr ih- ren Heiligen. Man kann ſie aber im Grunde nicht fuͤr Chriſten halten, denn ſie glauben nicht, daß Jeſus der wahre Sohn Gottes ſey. Sie halten ihn, gleich dem Koran, bloß fuͤr einen goͤttlichen Propheten. Die Urſach aber, warum man ſie mit dieſem Namen benennet hat, kommt bloß von der großen Verehrung eines Kreuzes her, das ſie auf eine, faſt ab- goͤttiſche Art, verehren. — Von den heiligen Buͤchern, die dieſe Chriſten des heil. Johan- nes vormals gehabt haben, wiſſen ſie jetzt wei- ter nichts, als daß ſie in ſyriſcher Sprache ge-
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gen: und alles Zureden war bey ihnen verge-
blich. — In keinem Lande findet man aber
auch unwiſſendere Juden, als eben in Perſien.
In ihren religioͤſen Ideen ſind ſie nicht einerley
Meynung unter einander. — Sie leſen zwar
gemeinſchaftlich den Pentateuchus, man kann
aber eigentlich von dem, was ſie wirklich glau-
ben, keine gegruͤndete Nachricht geben.
3. Sabis, oder Chriſten des heil.
Johannes. Die Anzahl dieſes Volks iſt ſo
klein und ſo ſehr zerſtreuet, daß man von ih-
rem Glauben und Meynungen wenig Glaub-
wuͤrdiges weiß. Man haͤlt dafuͤr, daß dieſe
Sabis urſpruͤnglich Chaldaͤer, und ihre Vor-
fahren Schuͤler des Zoroaſter geweſen ſind.
Dieſe Vermuthung duͤrfte auch wohl nicht ganz
ungegruͤndet ſeyn; wenigſtens haben ſie viele
religioͤſe Begriffe vom Zoroaſter angenommen.
Sie halten Johannes den Taͤufer fuͤr ih-
ren Heiligen. Man kann ſie aber im Grunde
nicht fuͤr Chriſten halten, denn ſie glauben
nicht, daß Jeſus der wahre Sohn Gottes ſey.
Sie halten ihn, gleich dem Koran, bloß fuͤr
einen goͤttlichen Propheten. Die Urſach aber,
warum man ſie mit dieſem Namen benennet
hat, kommt bloß von der großen Verehrung
eines Kreuzes her, das ſie auf eine, faſt ab-
goͤttiſche Art, verehren. — Von den heiligen
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nes vormals gehabt haben, wiſſen ſie jetzt wei-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/187>, abgerufen am 07.05.2024.
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