[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.Schiedsrichter, oder einen Mann, welcher Der Mufti hat seine Rechte nicht besser chen *) Ein Zeichen und Beweis, wie sehr diese bey- den geistlichen Personen geachtet sind, kann dieß seyn, daß sie nämlich die Ehre haben, seit lan- gen Jahren her, die Prinzessinnen von königli- chem Geblüt zu heyrathen. **) Das Wort Moufti, oder Mufti, bedeutet ein
Orakel, einen Menschen, der schlechterdings absolut entscheidet. Schiedsrichter, oder einen Mann, welcher Der Mufti hat ſeine Rechte nicht beſſer chen *) Ein Zeichen und Beweis, wie ſehr dieſe bey- den geiſtlichen Perſonen geachtet ſind, kann dieß ſeyn, daß ſie naͤmlich die Ehre haben, ſeit lan- gen Jahren her, die Prinzeſſinnen von koͤnigli- chem Gebluͤt zu heyrathen. **) Das Wort Moufti, oder Mufti, bedeutet ein
Orakel, einen Menſchen, der ſchlechterdings abſolut entſcheidet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0168" n="148"/><hi rendition="#fr">Schiedsrichter,</hi> oder <hi rendition="#fr">einen Mann, welcher<lb/> entſcheidet.</hi> Dieſer war ehemals die einzige<lb/> obrigkeitliche Perſon in jeder Stadt. Das<lb/> mohammedaniſche Geſetz raͤumt ihm eine große<lb/> Macht ein, welche er auch noch in der Tuͤrkey<lb/> voͤllig ausuͤbt. In Perſien aber hat er einen<lb/> guten Theil ſeiner alten Vorzuͤge verlohren,<lb/> weil er anfieng, viel zu weit in buͤrgerlichen Sa-<lb/> chen um ſich zu greifen. Dieſe Rechte haben<lb/> die Sedres und der Cheik-kel-Iſlam uͤberkom-<lb/> men. <note place="foot" n="*)">Ein Zeichen und Beweis, wie ſehr dieſe bey-<lb/> den geiſtlichen Perſonen geachtet ſind, kann dieß<lb/> ſeyn, daß ſie naͤmlich die Ehre haben, ſeit lan-<lb/> gen Jahren her, die Prinzeſſinnen von koͤnigli-<lb/> chem Gebluͤt zu heyrathen.</note> Indeſſen ziehen doch die Perſonen,<lb/> welche fuͤr die im Koran ſtehenden Einrichtun-<lb/> gen Eifer bezeigen, das Anſehen des <hi rendition="#fr">Cazy</hi> dem<lb/> Anſehen aller andern Lehrer vor, beſonders in<lb/> Sachen, welche die Teſtamente, die Heyraths-<lb/> tractate und Eheſcheidungsbriefe betreffen.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#fr">Mufti</hi> hat ſeine Rechte nicht beſſer<lb/> erhalten. Dieſer Praͤlat, der in der Tuͤrkey<lb/> in einem ſo großen Anſehen ſtehet, und faſt<lb/> als das hoͤchſte Oberhaupt der Religion ange-<lb/> ſehen wird, ſteht in Perſien in gar keinem An-<lb/> ſehen. <note place="foot" n="**)">Das Wort Moufti, oder <hi rendition="#fr">Mufti,</hi> bedeutet ein<lb/><hi rendition="#fr">Orakel,</hi> einen Menſchen, der ſchlechterdings<lb/> abſolut entſcheidet.</note> Vor den Sofis, welche in geiſtli-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0168]
Schiedsrichter, oder einen Mann, welcher
entſcheidet. Dieſer war ehemals die einzige
obrigkeitliche Perſon in jeder Stadt. Das
mohammedaniſche Geſetz raͤumt ihm eine große
Macht ein, welche er auch noch in der Tuͤrkey
voͤllig ausuͤbt. In Perſien aber hat er einen
guten Theil ſeiner alten Vorzuͤge verlohren,
weil er anfieng, viel zu weit in buͤrgerlichen Sa-
chen um ſich zu greifen. Dieſe Rechte haben
die Sedres und der Cheik-kel-Iſlam uͤberkom-
men. *) Indeſſen ziehen doch die Perſonen,
welche fuͤr die im Koran ſtehenden Einrichtun-
gen Eifer bezeigen, das Anſehen des Cazy dem
Anſehen aller andern Lehrer vor, beſonders in
Sachen, welche die Teſtamente, die Heyraths-
tractate und Eheſcheidungsbriefe betreffen.
Der Mufti hat ſeine Rechte nicht beſſer
erhalten. Dieſer Praͤlat, der in der Tuͤrkey
in einem ſo großen Anſehen ſtehet, und faſt
als das hoͤchſte Oberhaupt der Religion ange-
ſehen wird, ſteht in Perſien in gar keinem An-
ſehen. **) Vor den Sofis, welche in geiſtli-
chen
*) Ein Zeichen und Beweis, wie ſehr dieſe bey-
den geiſtlichen Perſonen geachtet ſind, kann dieß
ſeyn, daß ſie naͤmlich die Ehre haben, ſeit lan-
gen Jahren her, die Prinzeſſinnen von koͤnigli-
chem Gebluͤt zu heyrathen.
**) Das Wort Moufti, oder Mufti, bedeutet ein
Orakel, einen Menſchen, der ſchlechterdings
abſolut entſcheidet.
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