theilen sie nach den Namen der alten Könige und der Provinzen ein. Sie pflegen sie gemei- niglich mit der Laute oder Violine zu begleiten, die nur die Melodie des Sängers wiederholt. Die Mannspersonen haben die hellste und zu- gleich die angenehmste Stimme; sie würden es auch gewiß im Singen weit bringen, wenn der Gesang und der Tanz für anständige Künste angesehen würden. Sowohl diesen als jenen pfle- gen die Eltern ihren Kindern nicht lernen zu lassen, weil sich mit denselben gemeiniglich ver- dächtige und ungesittete Leute abgeben; und derjenige, welcher sich mit einer dieser Künste abgeben wollte, würde gewiß für verächtlich gehalten werden. -- Indessen hat doch das Volk einen so ungemeinen Hang zum Singen, daß es immer, obwohl langsam, singet, um sich dadurch aufzumuntern und zu vergnügen. Man muß sich daher auch nicht wundern, wenn ihre Musik äußerst verwirrt ist. -- Die Per- ser sowohl als die Araber nennen die Sänger Kayne', ein Wort, welches von Cain herkom- men soll, weil die Morgenländer vorgeben, daß die Söhne Cains den Gesang und die Musik erfunden haben. --
Sie haben eine große Menge musikalischer Instrumente, und zwar von verschiedenen Gat- tungen. Sie haben kupferne Pauken und Trommeln, die an Größe den unsrigen sehr gleich sind, und noch eine andere Art von Pau- ken, die noch viel größer sind, und mit unsern
Korn-
theilen ſie nach den Namen der alten Koͤnige und der Provinzen ein. Sie pflegen ſie gemei- niglich mit der Laute oder Violine zu begleiten, die nur die Melodie des Saͤngers wiederholt. Die Mannsperſonen haben die hellſte und zu- gleich die angenehmſte Stimme; ſie wuͤrden es auch gewiß im Singen weit bringen, wenn der Geſang und der Tanz fuͤr anſtaͤndige Kuͤnſte angeſehen wuͤrden. Sowohl dieſen als jenen pfle- gen die Eltern ihren Kindern nicht lernen zu laſſen, weil ſich mit denſelben gemeiniglich ver- daͤchtige und ungeſittete Leute abgeben; und derjenige, welcher ſich mit einer dieſer Kuͤnſte abgeben wollte, wuͤrde gewiß fuͤr veraͤchtlich gehalten werden. — Indeſſen hat doch das Volk einen ſo ungemeinen Hang zum Singen, daß es immer, obwohl langſam, ſinget, um ſich dadurch aufzumuntern und zu vergnuͤgen. Man muß ſich daher auch nicht wundern, wenn ihre Muſik aͤußerſt verwirrt iſt. — Die Per- ſer ſowohl als die Araber nennen die Saͤnger Kayne’, ein Wort, welches von Cain herkom- men ſoll, weil die Morgenlaͤnder vorgeben, daß die Soͤhne Cains den Geſang und die Muſik erfunden haben. —
Sie haben eine große Menge muſikaliſcher Inſtrumente, und zwar von verſchiedenen Gat- tungen. Sie haben kupferne Pauken und Trommeln, die an Groͤße den unſrigen ſehr gleich ſind, und noch eine andere Art von Pau- ken, die noch viel groͤßer ſind, und mit unſern
Korn-
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theilen ſie nach den Namen der alten Koͤnige
und der Provinzen ein. Sie pflegen ſie gemei-
niglich mit der Laute oder Violine zu begleiten,
die nur die Melodie des Saͤngers wiederholt.
Die Mannsperſonen haben die hellſte und zu-
gleich die angenehmſte Stimme; ſie wuͤrden es
auch gewiß im Singen weit bringen, wenn der
Geſang und der Tanz fuͤr anſtaͤndige Kuͤnſte
angeſehen wuͤrden. Sowohl dieſen als jenen pfle-
gen die Eltern ihren Kindern nicht lernen zu
laſſen, weil ſich mit denſelben gemeiniglich ver-
daͤchtige und ungeſittete Leute abgeben; und
derjenige, welcher ſich mit einer dieſer Kuͤnſte
abgeben wollte, wuͤrde gewiß fuͤr veraͤchtlich
gehalten werden. — Indeſſen hat doch das
Volk einen ſo ungemeinen Hang zum Singen,
daß es immer, obwohl langſam, ſinget, um
ſich dadurch aufzumuntern und zu vergnuͤgen.
Man muß ſich daher auch nicht wundern, wenn
ihre Muſik aͤußerſt verwirrt iſt. — Die Per-
ſer ſowohl als die Araber nennen die Saͤnger
Kayne’, ein Wort, welches von Cain herkom-
men ſoll, weil die Morgenlaͤnder vorgeben, daß
die Soͤhne Cains den Geſang und die Muſik
erfunden haben. —
Sie haben eine große Menge muſikaliſcher
Inſtrumente, und zwar von verſchiedenen Gat-
tungen. Sie haben kupferne Pauken und
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gleich ſind, und noch eine andere Art von Pau-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/134>, abgerufen am 21.11.2024.
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