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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] Ochsen viel dicker und nicht so dreyeckigt
seyn.

Hirschmarck.

Wir verkauffen auch überdiß das
Hirschmarck, welches zu kalten Flüssen
gar dienlich erachtet wird, sonderlich,
wenn es mit ein wenig Weingeist zer-
lassen worden. Das gerechte Hirsch-
marck siehet weiß und goldgelb, und soll
so, wie es von dem Hirsche kommt, ge-
brauchet werden.

Hirschunsch-
litt.

Das Hirschunschlit hat bey nahe
gleiche Tugend, doch so kräftig ist es
nicht. Es soll aber reine, und mit kei-
nem Rind- oder Schöpsen-Unschlit
vermischet seyn. Es soll auch eben sol-
che Eigenschafften haben, als wie das
weisse Wachs.

[Spaltenumbruch]

Die Hirschruthe wird für ein gutHirschruth,
Blase und
Thränen.

Harntreibend Mittel ausgegeben. Die
Blase, auf den Kopf eines Menschen,
der den Erbgrind hat, geleget, heilet
ihn von Grund aus. Die Thränen,
welche in den Augenwinckeln hart
und trocken worden, werden dem Be-
zoar gleich geschätzt. Kurtz: es ist der
Hirsch/ wie bereits ein und anderer
gemeldet, eine gantze Welt voll Artzney/
Nutzen und Vortheil für den Men-
schen. Von der Haut und Fleisch mag
ich nichts gedencken, als daß jene zu
allerhand Sachen, zu Handschuhen,
und dergleichen diene; das andere aber
könne auf grosser Herren Tafeln, als ein
köstliches Gerichte, aufgesetzet werden.

[Ende Spaltensatz]
Das dreyzehende Capitel.
Vom Bock.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 347.

DEr Bock ist ein Thier, welches
gleicher gestalt in Franckreich,
Jtalien/ Cypern, Candia/
und an
andern Orten mehr, bekannt genug ist.
Die vornehmste Waare aber, die wir
von den Böcken oder Ziegen bekom-
men, und verkauffen, ist eine besondere
Fettigkeit, die sich an den Bärten die-
ser Thiere, und bevoraus dererselben
befindet, welche sich von den Blät-
tern eines Bäumleins ernähren, das
in warmen Ländern sehr gemeine ist,
und von denen Kräuterverständigen Ci-
stus Ledon
genennet wird. Seine Blät-
ter sind lang und ziemlich schmal,
rauch, sehr klebricht, dunckelgrün, und
grünen das gantze Jahr hindurch.

Die Einwohner selbiger Orten samm-
len diese Fettigkeit mit höltzernen Jn-
strumenten, wie Kämme gestalt, und
machen hernach, ob sie gleich insgemein
voll Haare und andern Unrath ist, ein
eintziges Stücke oder auch etliche Klum-
pen daraus, von unterschiedenem Ge-
wichte, dergleichen man vor diesem zu
sehen bekame, und natürliches Lada-
Natürlich La-
danum, oder
Bart Lada-
num.
num oder Labdanum, auch Bart La-
danum
genennet wurde. Allein, seit
dem die Einwohner dieser Jnseln ver-
mercket, daß in dieser Feistigkeit ein süs-
ser lieblicher Geruch verborgen, diesel-
be auch nicht wenig geachtet würde,
wenn sie von aller dabey befindlichen
Unreinigkeit gesaubert worden, so neh-
[Spaltenumbruch] men sie sich die Mühe, lassen sie zerge-
hen, und drücken sie durch ein Tuch, da-
mit nicht nur die Unreinigkeit davon
komme, sondern sie auch einen bessern
Geruch erhalte. Wenn sie es nun
dergestalt gereiniget, alsdann wickeln
sie es in gantz zarte Blasen, auf die Art,
wie wir es zu sehen kriegen, und wird
hernach flüßiges Ladanum oderFlüßiges La-
danum oder
schwartzer
Balsam.

schwartzer Balsam genennet. Diese
also bereitete Feistigkeit ist in England,
wegen ihres angenehmen Geruchs,
überaus im Gebrauch: dahingegen das
wenige, das in Franckreich davon ver-
than wird, nicht verdienet, daß man sei-
ner gedencke; vielleicht, weil es zu
theuer, oder aber, weil es so wenig be-
kannt ist.

Was von diesem flüßigen Ladano zu-
rücke bleibt, daraus machen sie Rollen,
die sie auf die Art, als wie die aufge-
wundenen Wachsstöcke aufzuwickeln
wissen, und werden aufgerolltes La-Aufgerolltes
Ladanum.

danum geheissen.

Das natürliche Ladanum, oder das
Bart Ladanum, sol so starck riechen, und
so sauber seyn, als nur immer möglich.
Das flüßige muß eine dichte Consistentz
haben, und so schwartz, als wie Agat se-
hen, süß und lieblich riechen, fast wie
Ambra, welches auch etlichen Kauff-
leuten Anlaß gegeben, das flüßige oder
weiche Ladanum für schwartzen Am-
ber zu verkauffen. Das aufgerollte

aber
K k 2

Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] Ochſen viel dicker und nicht ſo dreyeckigt
ſeyn.

Hirſchmarck.

Wir verkauffen auch uͤberdiß das
Hirſchmarck, welches zu kalten Fluͤſſen
gar dienlich erachtet wird, ſonderlich,
wenn es mit ein wenig Weingeiſt zer-
laſſen worden. Das gerechte Hirſch-
marck ſiehet weiß und goldgelb, und ſoll
ſo, wie es von dem Hirſche kommt, ge-
brauchet werden.

Hirſchunſch-
litt.

Das Hirſchunſchlit hat bey nahe
gleiche Tugend, doch ſo kraͤftig iſt es
nicht. Es ſoll aber reine, und mit kei-
nem Rind- oder Schoͤpſen-Unſchlit
vermiſchet ſeyn. Es ſoll auch eben ſol-
che Eigenſchafften haben, als wie das
weiſſe Wachs.

[Spaltenumbruch]

Die Hirſchruthe wird fuͤr ein gutHirſchruth,
Blaſe und
Thraͤnen.

Harntreibend Mittel ausgegeben. Die
Blaſe, auf den Kopf eines Menſchen,
der den Erbgrind hat, geleget, heilet
ihn von Grund aus. Die Thraͤnen,
welche in den Augenwinckeln hart
und trocken worden, werden dem Be-
zoar gleich geſchaͤtzt. Kurtz: es iſt der
Hirſch/ wie bereits ein und anderer
gemeldet, eine gantze Welt voll Artzney/
Nutzen und Vortheil fuͤr den Men-
ſchen. Von der Haut und Fleiſch mag
ich nichts gedencken, als daß jene zu
allerhand Sachen, zu Handſchuhen,
und dergleichen diene; das andere aber
koͤnne auf groſſer Herren Tafeln, als ein
koͤſtliches Gerichte, aufgeſetzet werden.

[Ende Spaltensatz]
Das dreyzehende Capitel.
Vom Bock.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 347.

DEr Bock iſt ein Thier, welches
gleicher geſtalt in Franckreich,
Jtalien/ Cypern, Candia/
und an
andern Orten mehr, bekannt genug iſt.
Die vornehmſte Waare aber, die wir
von den Boͤcken oder Ziegen bekom-
men, und verkauffen, iſt eine beſondere
Fettigkeit, die ſich an den Baͤrten die-
ſer Thiere, und bevoraus dererſelben
befindet, welche ſich von den Blaͤt-
tern eines Baͤumleins ernaͤhren, das
in warmen Laͤndern ſehr gemeine iſt,
und von denen Kraͤuterverſtaͤndigen Ci-
ſtus Ledon
genennet wird. Seine Blaͤt-
ter ſind lang und ziemlich ſchmal,
rauch, ſehr klebricht, dunckelgruͤn, und
gruͤnen das gantze Jahr hindurch.

Die Einwohner ſelbiger Orten ſam̃-
len dieſe Fettigkeit mit hoͤltzernen Jn-
ſtrumenten, wie Kaͤmme geſtalt, und
machen hernach, ob ſie gleich insgemein
voll Haare und andern Unrath iſt, ein
eintziges Stuͤcke oder auch etliche Klum-
pen daraus, von unterſchiedenem Ge-
wichte, dergleichen man vor dieſem zu
ſehen bekame, und natuͤrliches Lada-
Natuͤrlich La-
danum, oder
Bart Lada-
num.
num oder Labdanum, auch Bart La-
danum
genennet wurde. Allein, ſeit
dem die Einwohner dieſer Jnſeln ver-
mercket, daß in dieſer Feiſtigkeit ein ſuͤſ-
ſer lieblicher Geruch verborgen, dieſel-
be auch nicht wenig geachtet wuͤrde,
wenn ſie von aller dabey befindlichen
Unreinigkeit geſaubert worden, ſo neh-
[Spaltenumbruch] men ſie ſich die Muͤhe, laſſen ſie zerge-
hen, und druͤcken ſie durch ein Tuch, da-
mit nicht nur die Unreinigkeit davon
komme, ſondern ſie auch einen beſſern
Geruch erhalte. Wenn ſie es nun
dergeſtalt gereiniget, alsdann wickeln
ſie es in gantz zarte Blaſen, auf die Art,
wie wir es zu ſehen kriegen, und wird
hernach fluͤßiges Ladanum oderFluͤßiges La-
danum oder
ſchwartzer
Balſam.

ſchwartzer Balſam genennet. Dieſe
alſo bereitete Feiſtigkeit iſt in England,
wegen ihres angenehmen Geruchs,
uͤberaus im Gebrauch: dahingegen das
wenige, das in Franckreich davon ver-
than wird, nicht verdienet, daß man ſei-
ner gedencke; vielleicht, weil es zu
theuer, oder aber, weil es ſo wenig be-
kannt iſt.

Was von dieſem fluͤßigen Ladano zu-
ruͤcke bleibt, daraus machen ſie Rollen,
die ſie auf die Art, als wie die aufge-
wundenen Wachsſtoͤcke aufzuwickeln
wiſſen, und werden aufgerolltes La-Aufgerolltes
Ladanum.

danum geheiſſen.

Das natuͤrliche Ladanum, oder das
Bart Ladanum, ſol ſo ſtarck riechen, und
ſo ſauber ſeyn, als nur immer moͤglich.
Das fluͤßige muß eine dichte Conſiſtentz
haben, und ſo ſchwartz, als wie Agat ſe-
hen, ſuͤß und lieblich riechen, faſt wie
Ambra, welches auch etlichen Kauff-
leuten Anlaß gegeben, das fluͤßige oder
weiche Ladanum fuͤr ſchwartzen Am-
ber zu verkauffen. Das aufgerollte

aber
K k 2
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[0393] Hauptbeſchreibung zweyter Theil. Ochſen viel dicker und nicht ſo dreyeckigt ſeyn. Wir verkauffen auch uͤberdiß das Hirſchmarck, welches zu kalten Fluͤſſen gar dienlich erachtet wird, ſonderlich, wenn es mit ein wenig Weingeiſt zer- laſſen worden. Das gerechte Hirſch- marck ſiehet weiß und goldgelb, und ſoll ſo, wie es von dem Hirſche kommt, ge- brauchet werden. Das Hirſchunſchlit hat bey nahe gleiche Tugend, doch ſo kraͤftig iſt es nicht. Es ſoll aber reine, und mit kei- nem Rind- oder Schoͤpſen-Unſchlit vermiſchet ſeyn. Es ſoll auch eben ſol- che Eigenſchafften haben, als wie das weiſſe Wachs. Die Hirſchruthe wird fuͤr ein gut Harntreibend Mittel ausgegeben. Die Blaſe, auf den Kopf eines Menſchen, der den Erbgrind hat, geleget, heilet ihn von Grund aus. Die Thraͤnen, welche in den Augenwinckeln hart und trocken worden, werden dem Be- zoar gleich geſchaͤtzt. Kurtz: es iſt der Hirſch/ wie bereits ein und anderer gemeldet, eine gantze Welt voll Artzney/ Nutzen und Vortheil fuͤr den Men- ſchen. Von der Haut und Fleiſch mag ich nichts gedencken, als daß jene zu allerhand Sachen, zu Handſchuhen, und dergleichen diene; das andere aber koͤnne auf groſſer Herren Tafeln, als ein koͤſtliches Gerichte, aufgeſetzet werden. Hirſchruth, Blaſe und Thraͤnen. Das dreyzehende Capitel. Vom Bock. DEr Bock iſt ein Thier, welches gleicher geſtalt in Franckreich, Jtalien/ Cypern, Candia/ und an andern Orten mehr, bekannt genug iſt. Die vornehmſte Waare aber, die wir von den Boͤcken oder Ziegen bekom- men, und verkauffen, iſt eine beſondere Fettigkeit, die ſich an den Baͤrten die- ſer Thiere, und bevoraus dererſelben befindet, welche ſich von den Blaͤt- tern eines Baͤumleins ernaͤhren, das in warmen Laͤndern ſehr gemeine iſt, und von denen Kraͤuterverſtaͤndigen Ci- ſtus Ledon genennet wird. Seine Blaͤt- ter ſind lang und ziemlich ſchmal, rauch, ſehr klebricht, dunckelgruͤn, und gruͤnen das gantze Jahr hindurch. Die Einwohner ſelbiger Orten ſam̃- len dieſe Fettigkeit mit hoͤltzernen Jn- ſtrumenten, wie Kaͤmme geſtalt, und machen hernach, ob ſie gleich insgemein voll Haare und andern Unrath iſt, ein eintziges Stuͤcke oder auch etliche Klum- pen daraus, von unterſchiedenem Ge- wichte, dergleichen man vor dieſem zu ſehen bekame, und natuͤrliches Lada- num oder Labdanum, auch Bart La- danum genennet wurde. Allein, ſeit dem die Einwohner dieſer Jnſeln ver- mercket, daß in dieſer Feiſtigkeit ein ſuͤſ- ſer lieblicher Geruch verborgen, dieſel- be auch nicht wenig geachtet wuͤrde, wenn ſie von aller dabey befindlichen Unreinigkeit geſaubert worden, ſo neh- men ſie ſich die Muͤhe, laſſen ſie zerge- hen, und druͤcken ſie durch ein Tuch, da- mit nicht nur die Unreinigkeit davon komme, ſondern ſie auch einen beſſern Geruch erhalte. Wenn ſie es nun dergeſtalt gereiniget, alsdann wickeln ſie es in gantz zarte Blaſen, auf die Art, wie wir es zu ſehen kriegen, und wird hernach fluͤßiges Ladanum oder ſchwartzer Balſam genennet. Dieſe alſo bereitete Feiſtigkeit iſt in England, wegen ihres angenehmen Geruchs, uͤberaus im Gebrauch: dahingegen das wenige, das in Franckreich davon ver- than wird, nicht verdienet, daß man ſei- ner gedencke; vielleicht, weil es zu theuer, oder aber, weil es ſo wenig be- kannt iſt. Natuͤrlich La- danum, oder Bart Lada- num. Fluͤßiges La- danum oder ſchwartzer Balſam. Was von dieſem fluͤßigen Ladano zu- ruͤcke bleibt, daraus machen ſie Rollen, die ſie auf die Art, als wie die aufge- wundenen Wachsſtoͤcke aufzuwickeln wiſſen, und werden aufgerolltes La- danum geheiſſen. Aufgerolltes Ladanum. Das natuͤrliche Ladanum, oder das Bart Ladanum, ſol ſo ſtarck riechen, und ſo ſauber ſeyn, als nur immer moͤglich. Das fluͤßige muß eine dichte Conſiſtentz haben, und ſo ſchwartz, als wie Agat ſe- hen, ſuͤß und lieblich riechen, faſt wie Ambra, welches auch etlichen Kauff- leuten Anlaß gegeben, das fluͤßige oder weiche Ladanum fuͤr ſchwartzen Am- ber zu verkauffen. Das aufgerollte aber K k 2

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/393>, abgerufen am 21.11.2024.