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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] Cörper herzu bringen liessen, damit sie
nicht vergessen möchten, daß sie auch
sterben müsten, und diesen Bildern der-
mahleins ebenfalls würden gleich und
ähnlich werden.

Eben diese Egyptier wendeten noch
sehr viel andere Unkosten auf die Erhal-
tung ihrer Todencörper: denn nach-
dem sie dieselben balsamiret, und nichts
desto minder mit den köstlichsten Spe-
zereyen ausgetrucknet, bewickelten sie
dieselben mit grossen Tüchern von zar-
ter Leinwand über und über; hernechst
überwunden sie sie oftmahls mit mehr
denn 200. Ellen Band, so daß man
nichts davon, als das Gesichte, iezuwei-
len auch wohl nichts davon zu sehen be-
kame. Ehe denn sie sie aber einschar-
reten, waren sie besorget, daß ihnen die
Nägel an Händen und Füssen mit Alkan-
nen Blättern gefärbet wurden. Wann
sie nun dergestalt beschicket waren, wur-
den sie in die Todenkisten von köstlichen
Holtze, welche ihnen die Verstorbenen
selbst machen lassen, verschlossen, und
mit ihnen zugleich das Götzenbild, das
sie in ihrem Leben angebetet.

Siehe Fig. 325.

Diese Götzenbilder oder Pagoden
waren von Gold und Silber, oder von
einem andern Metalle, doch meisten-
theils von der Erde des Landes ge-
macht, mit allerhand Bilderzeichen,
welche des Verstorbenen Stand und
Beschaffenheit, die Kosten der Balsa-
mirung und die Zeit derselben, wie auch
die Stadt, daraus er bürtig, bemercke-
ten.

Wann hernach die Todenkisten zu-
geschlagen waren, wurden sie mit gros-
ser Pracht nach denenjenigen Orten
hingebracht, welche sie sich gleicher ge-
stalt bey ihrem Leben erbauen lassen,
welches noch heut zu Tage an den Egy-
Siehe Fig. 326.ptischen Pyramiden zu ersehen, die
zwey oder drey Meilen weit von Gros
Cairo
stehen. Von diesen melden die
Geschichtschreiber, daß Chamis, ein
Egyptischer König, eine solche Pyrami-
de erbauen lassen, dazu hundert tau-
send Mann gantzer fünff und zwantzig
Jahre lang wären gebrauchet worden:
sie war viereckt, in der Tieffe ohngefehr
funffzehn Fuß: die Gesichtslinie auf
iedweder Seite hielt am Grunde acht
hundert Schuhe in der Breite, und
[Spaltenumbruch] auch so viel in der Höhe; inwendig war
eine ewigbrennende Lampe.

Hieraus kan man abnehmen, was
für Sorge diese Völcker vor ihre Toden
getragen, und darff niemand ferner
glauben, daß diejenigen Mumien, die
uns überbracht werden, wahrhafte
Mumien seyen; denn man würde sich
nimmermehr so viel Mühe machen,
und sie hernach so wohlfeil hingeben;
sondern es sind mit Pech überzogene
Cörper, gleichwie wir hiernechst ersehen
werden.

Uber diese dafür ausgegebenen Mu-
mien,
und die nur erstermeldeten, findet
sich noch eine andere Gattung, nämlich
die aus Libien, welche die weissenWeisse Mu-
mien.

Mumien genennet werden. Diese
sind nichts anders, als die Cörper derer-
jenigen, die im Meer ertruncken, her-
nach an dem Lybischen Seestrande ans
Land geworffen, und von dem über alle
massen heissen Sande begraben und
ausgetrocknet worden sind: dergestalt,
daß die stärcksten Personen, wenn sie
nur einige wenige Zeit allda gelegen,
kaum dreyßig Pfund wägen, und ewig
können aufbehalten werden. Zu Pa-
ris
auf der Strassen S. Croix de la
Bretonnerie
siehet man eine in der
Raritätenkammer des Herrn Bou-
det/
welcher des Herrn Boudets, des
königlichen Medici Sohn ist.

Allein diese Mumien sind nicht im
Gebrauch, theils weil sie zu rar, theils
aber, weil sie von aller Kraft entblöset,
und nichts anders sind, als ein Perga-
ment auf die Beine geleimet.

Sehet also, was die weissen Mu-
mien
seyn, welcher Name ihnen doch
keines weges mit Rechte zukommt, all-
dieweil der Name Mumie einen Cörper
bedeutet, der mit allerhand Gewürtz und
Spezereyen einbalsamiret und vor der
Verwesung verwahret worden ist: wel-
ches aber an diesen ausgedörrten Cör-
pern nicht zu befinden. Derowegen
darff man auch nicht glauben, daß die
Mumien, die wir zu verkauffen haben,
solche im Wasser ersoffene, und im San-
de ausgetreugte Cörper sind.

Nunmehr wollen wir die Schelme-Falsche Mu-
mien.

rey der Juden/ die sie mit den Mumi-
en begehen, und hernach auch den Be-
trug, den die Christen damit zu verüben

pflegen,
G g

Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] Coͤrper herzu bringen lieſſen, damit ſie
nicht vergeſſen moͤchten, daß ſie auch
ſterben muͤſten, und dieſen Bildern der-
mahleins ebenfalls wuͤrden gleich und
aͤhnlich werden.

Eben dieſe Egyptier wendeten noch
ſehr viel andere Unkoſten auf die Erhal-
tung ihrer Todencoͤrper: denn nach-
dem ſie dieſelben balſamiret, und nichts
deſto minder mit den koͤſtlichſten Spe-
zereyen ausgetrucknet, bewickelten ſie
dieſelben mit groſſen Tuͤchern von zar-
ter Leinwand uͤber und uͤber; hernechſt
uͤberwunden ſie ſie oftmahls mit mehr
denn 200. Ellen Band, ſo daß man
nichts davon, als das Geſichte, iezuwei-
len auch wohl nichts davon zu ſehen be-
kame. Ehe denn ſie ſie aber einſchar-
reten, waren ſie beſorget, daß ihnen die
Naͤgel an Haͤnden uñ Fuͤſſen mit Alkan-
nen Blaͤttern gefaͤrbet wurden. Wann
ſie nun dergeſtalt beſchicket waren, wur-
den ſie in die Todenkiſten von koͤſtlichen
Holtze, welche ihnen die Verſtorbenen
ſelbſt machen laſſen, verſchloſſen, und
mit ihnen zugleich das Goͤtzenbild, das
ſie in ihrem Leben angebetet.

Siehe Fig. 325.

Dieſe Goͤtzenbilder oder Pagoden
waren von Gold und Silber, oder von
einem andern Metalle, doch meiſten-
theils von der Erde des Landes ge-
macht, mit allerhand Bilderzeichen,
welche des Verſtorbenen Stand und
Beſchaffenheit, die Koſten der Balſa-
mirung und die Zeit derſelben, wie auch
die Stadt, daraus er buͤrtig, bemercke-
ten.

Wann hernach die Todenkiſten zu-
geſchlagen waren, wurden ſie mit groſ-
ſer Pracht nach denenjenigen Orten
hingebracht, welche ſie ſich gleicher ge-
ſtalt bey ihrem Leben erbauen laſſen,
welches noch heut zu Tage an den Egy-
Siehe Fig. 326.ptiſchen Pyramiden zu erſehen, die
zwey oder drey Meilen weit von Gros
Cairo
ſtehen. Von dieſen melden die
Geſchichtſchreiber, daß Chamis, ein
Egyptiſcher Koͤnig, eine ſolche Pyrami-
de erbauen laſſen, dazu hundert tau-
ſend Mann gantzer fuͤnff und zwantzig
Jahre lang waͤren gebrauchet worden:
ſie war viereckt, in der Tieffe ohngefehr
funffzehn Fuß: die Geſichtslinie auf
iedweder Seite hielt am Grunde acht
hundert Schuhe in der Breite, und
[Spaltenumbruch] auch ſo viel in der Hoͤhe; inwendig war
eine ewigbrennende Lampe.

Hieraus kan man abnehmen, was
fuͤr Sorge dieſe Voͤlcker vor ihre Toden
getragen, und darff niemand ferner
glauben, daß diejenigen Mumien, die
uns uͤberbracht werden, wahrhafte
Mumien ſeyen; denn man wuͤrde ſich
nimmermehr ſo viel Muͤhe machen,
und ſie hernach ſo wohlfeil hingeben;
ſondern es ſind mit Pech uͤberzogene
Coͤrper, gleichwie wir hiernechſt erſehen
werden.

Uber dieſe dafuͤr ausgegebenen Mu-
mien,
und die nur erſtermeldeten, findet
ſich noch eine andere Gattung, naͤmlich
die aus Libien, welche die weiſſenWeiſſe Mu-
mien.

Mumien genennet werden. Dieſe
ſind nichts anders, als die Coͤrper derer-
jenigen, die im Meer ertruncken, her-
nach an dem Lybiſchen Seeſtrande ans
Land geworffen, und von dem uͤber alle
maſſen heiſſen Sande begraben und
ausgetrocknet worden ſind: dergeſtalt,
daß die ſtaͤrckſten Perſonen, wenn ſie
nur einige wenige Zeit allda gelegen,
kaum dreyßig Pfund waͤgen, und ewig
koͤnnen aufbehalten werden. Zu Pa-
ris
auf der Straſſen S. Croix de la
Bretonnerie
ſiehet man eine in der
Raritaͤtenkammer des Herrn Bou-
det/
welcher des Herrn Boudets, des
koͤniglichen Medici Sohn iſt.

Allein dieſe Mumien ſind nicht im
Gebrauch, theils weil ſie zu rar, theils
aber, weil ſie von aller Kraft entbloͤſet,
und nichts anders ſind, als ein Perga-
ment auf die Beine geleimet.

Sehet alſo, was die weiſſen Mu-
mien
ſeyn, welcher Name ihnen doch
keines weges mit Rechte zukommt, all-
dieweil der Name Mumie einen Coͤrper
bedeutet, der mit allerhand Gewuͤꝛtz und
Spezereyen einbalſamiret und vor der
Verweſung verwahret worden iſt: wel-
ches aber an dieſen ausgedoͤrrten Coͤr-
pern nicht zu befinden. Derowegen
darff man auch nicht glauben, daß die
Mumien, die wir zu verkauffen haben,
ſolche im Waſſer erſoffene, und im San-
de ausgetreugte Coͤrper ſind.

Nunmehr wollen wir die Schelme-Falſche Mu-
mien.

rey der Juden/ die ſie mit den Mumi-
en begehen, und hernach auch den Be-
trug, den die Chriſten damit zu veruͤben

pflegen,
G g
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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/359>, abgerufen am 25.11.2024.