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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils neundtes Buch.
[Spaltenumbruch]

Es giebt noch ferner eine Gattung
Opium, welches aus den Häuptern des
Siehe Fig. 311.schwartzen Mohns, ohne daß man sie
aufgeritzet, herabläufft, und im herab-
fallen gerinnet, da es dann von der Son-
nenhitze braun gemachet wird. Die-
ser dicke Saft solte noch eher denn der
vorige, den Namen Opium führen, wel-
cher von dem Griechischen Wort opos
oder opion, welches einen Saft bedeutet,
herstammet. Und über diese ist noch
eine dritte Sorte, die aus den aufgeritz-
Siehe Fig. 312.ten weissen Mohnhäuptern gezogen
wird, welcher Saft alsdann eben, als
wie der aus den schwartzen Mohnkö-
pfen, dicke wird. Die Türcken nennen
Maslach der
Türcken.
ihn Maslach. Weil aber diese drey
Sorten nicht bis zu uns gelangen, des-
halben will ich auch nichts weiter davon
erwähnen, sondern vielmehr weisen, daß
dasjenige, was wir Opium zu nennen,
und dafür zu verkauffen pflegen, und ei-
ne schwärtzlichte Massa ist, die uns die
Türcken und die Leute aus Levante zu-
senden, nichts anders sey als ein ausge-
preßter Saft, aus den Köpfen und
Blättern des Mohns, welcher hernach
beym Feuer die Dicke eines Extracts be-
kommen: aus diesem machen sie hernach-
mahls Kuchen, von unterschiedener
Grösse, und umwickeln sie mit Mohn-
blättern, damit sie dieselben desto besser
fortbringen können. Dieses Opium
braucht keine grosse Kosten.

Oftmahls ziehen die Türcken den
Saft aus einem Kraute, Glaucium
Siehe Fig. 313.stachlichter Mohn genannt, so dem
gehörnten Mohn ziemlich gleich sie-
het; und mischen ihn unter den andern
Mohnsaft, daraus sie hernachmahls ei-
ne Massa machen. Daß aber das Opi-
um,
das wir verkauffen, nichts anders,
als ein ausgeprester Saft, ist gantz ge-
wiß, und weiset der wohlfeile Preiß, da-
rum es verkauffet wird, zur Gnüge, daß
es ein bloser Mischmasch sey, keines we-
ges aber ein Saft, der von ihm selbst,
und von Natur herab geflossen. Selbst
unsere Vorfahren, weil sie nicht ge-
zweiffelt, daß das Opium, so wie wir
es verkauffen, nichts anders als ein
ausgeprester Saft sey, haben ihm des-
Meconium.wegen den Namen Meconium gege-
ben.

Jch habe zwar allen Fleiß angewen-
det, daß ich ein weisses Opium finden
[Spaltenumbruch] möchte, dessen von einigen neuen Scri-
benten gedacht wird; allein ich kan nicht
glauben, daß sie es einmahl gesehen, oder
daß es iemahls dergleichen gegeben hät-
te: denn es ist wohl wahr, daß das Opi-
um als wie Milch aus den Mohnhäu-
ptern rinne, es wird aber nicht harte, be-
vor es die Farbe verändert. Derowe-
gen haben sie nur von hören sagen, daß
es weisses Opium gebe, oder sie
haben solches von andern vernommen,
die es gleicher gestalt nur sagen gehört,
oder sie haben sichs nur eingebildet, und
uns dennoch überreden wollen, ob gebe
es Materialien, die doch niemahls in
rerum natura
gewesen, noch iemahls
seyn werden. Wider diese und derglei-
chen Fehler und Jrrthümer zu schrei-
ben, habe ich meiner Schuldigkeit zu
seyn erachtet, damit doch iederman die
Wahrheit kund und offenbar würde,
wie auch, daß diese Scribenten nichts
nicht geschrieben, als was ihnen andere
berichtet und vorgeschwatzt. Besser
wäre es gewesen, sie hätten von nichts
anders gehandelt, als was ihres Thuns
ware, noch sich bemühet, solche Dinge
zu beschreiben, davon sie nicht die gering-
ste Wissenschafft haben: zum wenigsten
zeigen ihre Schrifften, daß sie dieselbi-
gen nicht einmahl kennen.

Es ist mir leid, daß meine Feder also
spitzig seyn soll: allein, es ist doch die
lautere Wahrheit, daß ihre Schrifften
an alle diesem Unheil Schuld und Ursa-
che sind, und weit dienlicher gewesen
wäre, wenn dieselben niemahls an das
Taglicht gekommen, verstehe, in so weit
sie die Materialien angehen.

Was das schwartze und harte,
gelblicht
und weiche Opium anbe-
trifft, da haben sie recht: doch ist es nichts
neues: denn man wird keine Kiste oder
Baril Opium finden, darinne man
nicht auch schwartzes oder gelbes, hart
und weiches Opium antreffen solte. Da-
zu ist ja bekannt genug, daß ein solcher
dicker Saft, ie älter er wird, ie truckner
und schwärtzer werde. Findet sich dem-
nach gelber drunter, so ist diß die Schuld,
daß er nicht genugsam gekocht und ge-
trocknet worden. Wann sie aber sa-
gen, der weisse käme von Gros Cairo,
allein die Türcken behielten ihn für sich;
so habe mich deswegen mit Leuten be-
fraget/ welche sich lange daselbst aufge-

hal-
E e 3
Hauptbeſchreibung erſten Theils neundtes Buch.
[Spaltenumbruch]

Es giebt noch ferner eine Gattung
Opium, welches aus den Haͤuptern des
Siehe Fig. 311.ſchwartzen Mohns, ohne daß man ſie
aufgeritzet, herablaͤufft, und im herab-
fallen gerinnet, da es dann von der Son-
nenhitze braun gemachet wird. Die-
ſer dicke Saft ſolte noch eher denn der
vorige, den Namen Opium fuͤhren, wel-
cher von dem Griechiſchen Wort ὀπὸς
oder ὄπιον, welches einen Saft bedeutet,
herſtammet. Und uͤber dieſe iſt noch
eine dritte Sorte, die aus den aufgeritz-
Siehe Fig. 312.ten weiſſen Mohnhaͤuptern gezogen
wird, welcher Saft alsdann eben, als
wie der aus den ſchwartzen Mohnkoͤ-
pfen, dicke wird. Die Tuͤrcken nennen
Maslach der
Tuͤrcken.
ihn Maslach. Weil aber dieſe drey
Sorten nicht bis zu uns gelangen, des-
halben will ich auch nichts weiter davon
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dasjenige, was wir Opium zu nennen,
und dafuͤr zu verkauffen pflegen, und ei-
ne ſchwaͤrtzlichte Maſſa iſt, die uns die
Tuͤrcken und die Leute aus Levante zu-
ſenden, nichts anders ſey als ein ausge-
preßter Saft, aus den Koͤpfen und
Blaͤttern des Mohns, welcher hernach
beym Feuer die Dicke eines Extracts be-
kommen: aus dieſem machen ſie heꝛnach-
mahls Kuchen, von unterſchiedener
Groͤſſe, und umwickeln ſie mit Mohn-
blaͤttern, damit ſie dieſelben deſto beſſer
fortbringen koͤnnen. Dieſes Opium
braucht keine groſſe Koſten.

Oftmahls ziehen die Tuͤrcken den
Saft aus einem Kraute, Glaucium
Siehe Fig. 313.ſtachlichter Mohn genannt, ſo dem
gehoͤrnten Mohn ziemlich gleich ſie-
het; und miſchen ihn unter den andern
Mohnſaft, daraus ſie hernachmahls ei-
ne Maſſa machen. Daß aber das Opi-
um,
das wir verkauffen, nichts anders,
als ein ausgepreſter Saft, iſt gantz ge-
wiß, und weiſet der wohlfeile Preiß, da-
rum es verkauffet wird, zur Gnuͤge, daß
es ein bloſer Miſchmaſch ſey, keines we-
ges aber ein Saft, der von ihm ſelbſt,
und von Natur herab gefloſſen. Selbſt
unſere Vorfahren, weil ſie nicht ge-
zweiffelt, daß das Opium, ſo wie wir
es verkauffen, nichts anders als ein
ausgepreſter Saft ſey, haben ihm des-
Meconium.wegen den Namen Meconium gege-
ben.

Jch habe zwar allen Fleiß angewen-
det, daß ich ein weiſſes Opium finden
[Spaltenumbruch] moͤchte, deſſen von einigen neuen Scri-
benten gedacht wird; allein ich kan nicht
glauben, daß ſie es einmahl geſehen, oder
daß es iemahls dergleichen gegeben haͤt-
te: denn es iſt wohl wahr, daß das Opi-
um als wie Milch aus den Mohnhaͤu-
ptern rinne, es wird aber nicht harte, be-
vor es die Farbe veraͤndert. Derowe-
gen haben ſie nur von hoͤren ſagen, daß
es weiſſes Opium gebe, oder ſie
haben ſolches von andern vernommen,
die es gleicher geſtalt nur ſagen gehoͤrt,
oder ſie haben ſichs nur eingebildet, und
uns dennoch uͤberreden wollen, ob gebe
es Materialien, die doch niemahls in
rerum natura
geweſen, noch iemahls
ſeyn werden. Wider dieſe und derglei-
chen Fehler und Jrrthuͤmer zu ſchrei-
ben, habe ich meiner Schuldigkeit zu
ſeyn erachtet, damit doch iederman die
Wahrheit kund und offenbar wuͤrde,
wie auch, daß dieſe Scribenten nichts
nicht geſchrieben, als was ihnen andere
berichtet und vorgeſchwatzt. Beſſer
waͤre es geweſen, ſie haͤtten von nichts
anders gehandelt, als was ihres Thuns
ware, noch ſich bemuͤhet, ſolche Dinge
zu beſchreiben, davon ſie nicht die gering-
ſte Wiſſenſchafft haben: zum wenigſten
zeigen ihre Schrifften, daß ſie dieſelbi-
gen nicht einmahl kennen.

Es iſt mir leid, daß meine Feder alſo
ſpitzig ſeyn ſoll: allein, es iſt doch die
lautere Wahrheit, daß ihre Schrifften
an alle dieſem Unheil Schuld und Urſa-
che ſind, und weit dienlicher geweſen
waͤre, wenn dieſelben niemahls an das
Taglicht gekommen, verſtehe, in ſo weit
ſie die Materialien angehen.

Was das ſchwartze und harte,
gelblicht
und weiche Opium anbe-
trifft, da haben ſie recht: doch iſt es nichts
neues: denn man wird keine Kiſte oder
Baril Opium finden, darinne man
nicht auch ſchwartzes oder gelbes, hart
und weiches Opium antreffen ſolte. Da-
zu iſt ja bekannt genug, daß ein ſolcher
dicker Saft, ie aͤlter er wird, ie truckner
und ſchwaͤrtzer werde. Findet ſich dem-
nach gelber drunter, ſo iſt diß die Schuld,
daß er nicht genugſam gekocht und ge-
trocknet worden. Wann ſie aber ſa-
gen, der weiſſe kaͤme von Gros Cairo,
allein die Tuͤrcken behielten ihn fuͤr ſich;
ſo habe mich deswegen mit Leuten be-
fraget/ welche ſich lange daſelbſt aufge-

hal-
E e 3
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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/343>, abgerufen am 23.11.2024.