Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Hauptbeschreibung ersten Theils viertes Buch. [Spaltenumbruch]
mit kaltem Wasser erfüllte Gefässe, undlassen ihn darinne 24. Stunden lang liegen, nehmen ihn darauf wiederum heraus, und legen andern drein, also fortfahrende, bis sich das Wasser wohl und schön roth gefärbet; alsdann gies- sen sie dasselbige in grosse küpferne Blasen, und schütten eine grosse Menge spiritus vini dazu, welcher auf eine gar besondere Art bereitet worden ist, gleich- wie aus folgenden wird zu ersehen seyn: und dieser Weingeist hat die Kraft, das Wasser von dem Oel zu sondern, und es in die Höhe zu treiben. Es giebt auch keinen Zimmet, da ein Pfund nicht sol- te eine Untze Oel geben, welches dann demjenigen, welches allhier gemacht wird, gerade entgegen ist, wie beym Lemery kan ersehen werden. Denn dieser gestehet frey, daß vier Pfund gu- tes Zimmts mit genauer Noth sechs Quintlein Oels gegeben. Allein die Wissenschaft dieses Oel heraus zu zie- hen, ist bey den Holländern ein Ge- heimnüß, daß sie auch nicht einmahl die Namen derjenigen Sachen, die sie zur Bereitung des Weinspiritus gebrau- chen, wollen wissen lassen. Nichtsde- stoweniger will ich eröffnen, was ich von einer Person, welche lange Zeit in Hol- land dabey gearbeitet, erfahren habe: diese sagte, daß diejenigen, welche Zimmt- Näglein und andere Gewürtzöle berei- teten, alle Jahre nach der Picardie rei- seten, und daselbst eine Anzahl Stück Weine einkauften: wann sie nun die- selben erkauffet, öffneten sie den Spund, schütteten eine Bouteille voll von einem liquore composito darein, und liessen die Bouteillen oben auf dem Weine stecken, welche gantz gewiß innerhalb 24. Stun- den mit dem reinsten und subtilsten vom Wein angefüllet wären, die nähmen sie mit sich hinweg, nach Holland, um sie zu ihrem Behuf zu gebrauchen. Diß aber ist hierbey als etwas recht wunder- liches zu bemercken, daß der Wein, da- rein sie den liquor geschüttet, und eine gleiche Quantität Spiritus herausgezo- gen, also garstig und stinckend wird, daß man ihn wegschütten und die Vasse ver- brennen muß, alldieweil kein anderer Wein wiederum kan drauf gezogen wer- den. Jch hätte diese Historie, die ich selbst für ein Mährlein gehalten, hie- selbst nicht vorgebracht, wann nicht die [Spaltenumbruch] Person, die mir dieselbe erzehlet, ein/ auf- richtiger Mensch wäre, dem man trau- en dürffte: er sagte mir überdiß, daß es etwas rares wäre, wenn uns die Hol- länder das Zimmtöl, so natürlich, wie sie es ausgezogen, zusendeten, sondern sie vermischeten es mit einem sehr wohl gereinigten und über das Weinsteinsaltz gezogenen Weingeist. Dieses hat et- liche Materialisten zu Paris veranlas- set, es nach zu machen, ist ihnen aber so wohl gelungen, daß sie, da sie eine Un- tze Oels zu haben vermeinten, nicht ein- mahl eine halbe hatten, welches nicht wenig beträgt, indem es eine der kost- barsten Wahren ist, die wir haben. Doch ist noch etwas gutes, daß man die Schel- merey auf zweyerley Weise erkennen kan. Denn erstlich, so kleine Bläslein in den Fläschlein sind, zeigen selbige an, daß Feuchtigkeit darinne: hernach- mahls darff man nur eine Messerspitze drein tuncken, und ans Licht halten, so wird es alsofort, dafern nur ein wenig Weingeist drunter ist, Feuer fangen, welches das reine Oel nicht thut, sondern nur verrauchet. Und dieses reine Oel kan man mit Fug und Recht die EssentzEssentz oder Quintessentz des Zimmts. und Quintessentz des Zimmets nen- nen, welche zu allen, dazu sie erfordert wird, dienlich ist. Auch ist dieses, so wohl als der Caneel selbsten, eine der trefflichsten Hertzstärckungen, und diß die Ursach, warum die Teutschen, Holl- und Engländer so viel davon verthun. Ohne das Zimmtöl lassen wir auch gen
Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch. [Spaltenumbruch]
mit kaltem Waſſer erfuͤllte Gefaͤſſe, undlaſſen ihn darinne 24. Stunden lang liegen, nehmen ihn darauf wiederum heraus, und legen andern drein, alſo fortfahrende, bis ſich das Waſſer wohl und ſchoͤn roth gefaͤrbet; alsdann gieſ- ſen ſie daſſelbige in groſſe kuͤpferne Blaſen, und ſchuͤtten eine groſſe Menge ſpiritus vini dazu, welcher auf eine gar beſondere Art bereitet worden iſt, gleich- wie aus folgenden wird zu erſehen ſeyn: und dieſer Weingeiſt hat die Kraft, das Waſſer von dem Oel zu ſondern, und es in die Hoͤhe zu treiben. Es giebt auch keinen Zimmet, da ein Pfund nicht ſol- te eine Untze Oel geben, welches dann demjenigen, welches allhier gemacht wird, gerade entgegen iſt, wie beym Lemery kan erſehen werden. Denn dieſer geſtehet frey, daß vier Pfund gu- tes Zimmts mit genauer Noth ſechs Quintlein Oels gegeben. Allein die Wiſſenſchaft dieſes Oel heraus zu zie- hen, iſt bey den Hollaͤndern ein Ge- heimnuͤß, daß ſie auch nicht einmahl die Namen derjenigen Sachen, die ſie zur Bereitung des Weinſpiritus gebrau- chen, wollen wiſſen laſſen. Nichtsde- ſtoweniger will ich eroͤffnen, was ich von einer Perſon, welche lange Zeit in Hol- land dabey gearbeitet, erfahren habe: dieſe ſagte, daß diejenigen, welche Zimmt- Naͤglein und andere Gewuͤrtzoͤle berei- teten, alle Jahre nach der Picardie rei- ſeten, und daſelbſt eine Anzahl Stuͤck Weine einkauften: wann ſie nun die- ſelben erkauffet, oͤffneten ſie den Spund, ſchuͤtteten eine Bouteille voll von einem liquore compoſito darein, und lieſſen die Bouteillen oben auf dem Weine ſtecken, welche gantz gewiß innerhalb 24. Stun- den mit dem reinſten und ſubtilſten vom Wein angefuͤllet waͤren, die naͤhmen ſie mit ſich hinweg, nach Holland, um ſie zu ihrem Behuf zu gebrauchen. Diß aber iſt hierbey als etwas recht wunder- liches zu bemercken, daß der Wein, da- rein ſie den liquor geſchuͤttet, und eine gleiche Quantitaͤt Spiritus herausgezo- gen, alſo garſtig und ſtinckend wird, daß man ihn wegſchuͤtten und die Vaſſe ver- brennen muß, alldieweil kein anderer Wein wiederum kan drauf gezogen wer- den. Jch haͤtte dieſe Hiſtorie, die ich ſelbſt fuͤr ein Maͤhrlein gehalten, hie- ſelbſt nicht vorgebracht, wann nicht die [Spaltenumbruch] Perſon, die mir dieſelbe erzehlet, ein/ auf- richtiger Menſch waͤre, dem man trau- en duͤrffte: er ſagte mir uͤberdiß, daß es etwas rares waͤre, wenn uns die Hol- laͤnder das Zimmtoͤl, ſo natuͤrlich, wie ſie es ausgezogen, zuſendeten, ſondern ſie vermiſcheten es mit einem ſehr wohl gereinigten und uͤber das Weinſteinſaltz gezogenen Weingeiſt. Dieſes hat et- liche Materialiſten zu Paris veranlaſ- ſet, es nach zu machen, iſt ihnen aber ſo wohl gelungen, daß ſie, da ſie eine Un- tze Oels zu haben vermeinten, nicht ein- mahl eine halbe hatten, welches nicht wenig betraͤgt, indem es eine der koſt- barſten Wahren iſt, die wir haben. Doch iſt noch etwas gutes, daß man die Schel- merey auf zweyerley Weiſe erkennen kan. Denn erſtlich, ſo kleine Blaͤslein in den Flaͤſchlein ſind, zeigen ſelbige an, daß Feuchtigkeit darinne: hernach- mahls darff man nur eine Meſſerſpitze drein tuncken, und ans Licht halten, ſo wird es alſofort, dafern nur ein wenig Weingeiſt drunter iſt, Feuer fangen, welches das reine Oel nicht thut, ſondern nur verrauchet. Und dieſes reine Oel kan man mit Fug und Recht die EſſentzEſſentz oder Quinteſſentz des Zimmts. und Quinteſſentz des Zimmets nen- nen, welche zu allen, dazu ſie erfordert wird, dienlich iſt. Auch iſt dieſes, ſo wohl als der Caneel ſelbſten, eine der trefflichſten Hertzſtaͤrckungen, und diß die Urſach, warum die Teutſchen, Holl- und Englaͤnder ſo viel davon verthun. Ohne das Zimmtoͤl laſſen wir auch gen
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Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch.
mit kaltem Waſſer erfuͤllte Gefaͤſſe, und
laſſen ihn darinne 24. Stunden lang
liegen, nehmen ihn darauf wiederum
heraus, und legen andern drein, alſo
fortfahrende, bis ſich das Waſſer wohl
und ſchoͤn roth gefaͤrbet; alsdann gieſ-
ſen ſie daſſelbige in groſſe kuͤpferne
Blaſen, und ſchuͤtten eine groſſe Menge
ſpiritus vini dazu, welcher auf eine gar
beſondere Art bereitet worden iſt, gleich-
wie aus folgenden wird zu erſehen ſeyn:
und dieſer Weingeiſt hat die Kraft, das
Waſſer von dem Oel zu ſondern, und
es in die Hoͤhe zu treiben. Es giebt auch
keinen Zimmet, da ein Pfund nicht ſol-
te eine Untze Oel geben, welches dann
demjenigen, welches allhier gemacht
wird, gerade entgegen iſt, wie beym
Lemery kan erſehen werden. Denn
dieſer geſtehet frey, daß vier Pfund gu-
tes Zimmts mit genauer Noth ſechs
Quintlein Oels gegeben. Allein die
Wiſſenſchaft dieſes Oel heraus zu zie-
hen, iſt bey den Hollaͤndern ein Ge-
heimnuͤß, daß ſie auch nicht einmahl die
Namen derjenigen Sachen, die ſie zur
Bereitung des Weinſpiritus gebrau-
chen, wollen wiſſen laſſen. Nichtsde-
ſtoweniger will ich eroͤffnen, was ich von
einer Perſon, welche lange Zeit in Hol-
land dabey gearbeitet, erfahren habe:
dieſe ſagte, daß diejenigen, welche Zimmt-
Naͤglein und andere Gewuͤrtzoͤle berei-
teten, alle Jahre nach der Picardie rei-
ſeten, und daſelbſt eine Anzahl Stuͤck
Weine einkauften: wann ſie nun die-
ſelben erkauffet, oͤffneten ſie den Spund,
ſchuͤtteten eine Bouteille voll von einem
liquore compoſito darein, und lieſſen die
Bouteillen oben auf dem Weine ſtecken,
welche gantz gewiß innerhalb 24. Stun-
den mit dem reinſten und ſubtilſten vom
Wein angefuͤllet waͤren, die naͤhmen ſie
mit ſich hinweg, nach Holland, um ſie
zu ihrem Behuf zu gebrauchen. Diß
aber iſt hierbey als etwas recht wunder-
liches zu bemercken, daß der Wein, da-
rein ſie den liquor geſchuͤttet, und eine
gleiche Quantitaͤt Spiritus herausgezo-
gen, alſo garſtig und ſtinckend wird, daß
man ihn wegſchuͤtten und die Vaſſe ver-
brennen muß, alldieweil kein anderer
Wein wiederum kan drauf gezogen wer-
den. Jch haͤtte dieſe Hiſtorie, die ich
ſelbſt fuͤr ein Maͤhrlein gehalten, hie-
ſelbſt nicht vorgebracht, wann nicht die
Perſon, die mir dieſelbe erzehlet, ein/ auf-
richtiger Menſch waͤre, dem man trau-
en duͤrffte: er ſagte mir uͤberdiß, daß es
etwas rares waͤre, wenn uns die Hol-
laͤnder das Zimmtoͤl, ſo natuͤrlich, wie
ſie es ausgezogen, zuſendeten, ſondern
ſie vermiſcheten es mit einem ſehr wohl
gereinigten und uͤber das Weinſteinſaltz
gezogenen Weingeiſt. Dieſes hat et-
liche Materialiſten zu Paris veranlaſ-
ſet, es nach zu machen, iſt ihnen aber ſo
wohl gelungen, daß ſie, da ſie eine Un-
tze Oels zu haben vermeinten, nicht ein-
mahl eine halbe hatten, welches nicht
wenig betraͤgt, indem es eine der koſt-
barſten Wahren iſt, die wir haben. Doch
iſt noch etwas gutes, daß man die Schel-
merey auf zweyerley Weiſe erkennen
kan. Denn erſtlich, ſo kleine Blaͤslein
in den Flaͤſchlein ſind, zeigen ſelbige an,
daß Feuchtigkeit darinne: hernach-
mahls darff man nur eine Meſſerſpitze
drein tuncken, und ans Licht halten, ſo
wird es alſofort, dafern nur ein wenig
Weingeiſt drunter iſt, Feuer fangen,
welches das reine Oel nicht thut, ſondern
nur verrauchet. Und dieſes reine Oel
kan man mit Fug und Recht die Eſſentz
und Quinteſſentz des Zimmets nen-
nen, welche zu allen, dazu ſie erfordert
wird, dienlich iſt. Auch iſt dieſes, ſo
wohl als der Caneel ſelbſten, eine der
trefflichſten Hertzſtaͤrckungen, und diß
die Urſach, warum die Teutſchen, Holl-
und Englaͤnder ſo viel davon verthun.
Eſſentz oder
Quinteſſentz
des Zimmts.
Ohne das Zimmtoͤl laſſen wir auch
Zimmtwaſſer von Marſeille kom-
men, welches auf unterſchiedliche Arten
zubereitet wird: denn etliche nehmen
nur ſchlecht Waſſer dazu, andere aber
weiſſen oder blancken Wein, oder auch
Roſen- oder Meliſſenwaſſer. Andere
brauchen an ſtatt des Weins Brannt-
wein, und Wein- oder Zimmt-Spiritus,
und ziehen im Marienbade einen weiſ-
ſen truͤben liquor, wie Buttermilch her-
uͤber, der aber, wenn er einige Zeit ge-
ſtanden, ſich klaͤret, und ſo lauter als
Brunnenwaſſer wird. Was dieſes
friſch abgezogene Waſſer ſo tꝛuͤbe macht,
iſt das wenige rectificirte und verduͤnnte
Oel, deſſen Theilgen ſich im Waſſer
durch eine fermentation und Jaͤhrung
dergeſtalt ausgebreitet, daß ſie zwar
nicht moͤgen vermercket werden, doch
aber mit der Zeit ſich wiederum vereini-
gen
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