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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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sprangen ein paar Kaninchen hinter einen Bretterverschlag.
Wanda wollte eines der Tiere erhaschen, aber das Tierchen
war flinker als sie. Frau Katschner, die Paulinens wegen jetzt
noch nicht das Zimmer betreten wollte, fand hierin eine günstige
Gelegenheit, die jungen Damen noch länger im Hausflur zu
halten.

Sie öffnete das Ställchen. In einer dunklen Ecke unter
einer Heubucht erblickte man eine ganze Kaninchenhecke. Wanda
rief: "Pfui Deibel, wie stinkt 's hier!" lief aber nichtsdesto¬
weniger in den Verschlag hinein, und zog einzelne Tiere an
den Löffeln heraus. Frau Katschner mußte ihr sagen, welches
Männchen und welches Weibchen seien.

Als das Interesse hierfür erschöpft schien, hielt es Frau
Katschner für angezeigt, die Damen in das Wohnzimmer zu
führen. Pauline kam jetzt zum Vorschein aus ihrer Kammer,
mit gesenkten Augen, über und über errötend. Ihre Befangen¬
heit war womöglich noch größer, als zuvor.

Pauline war in früheren Zeiten ein gelegentlicher Gast
auf dem Schlosse gewesen, als Spielgefährte für Komtesse Ida,
mit der sie ungefähr in gleichem Alter stand. Damals war
man vertraut gewesen mit einander, nach Weise von Kindern,
bei denen sich der Standesunterschied nicht so stark bemerk¬
bar macht. Frau Katschner hatte der Tochter zwar immer
die größte Devotion gegen die herrschaftlichen Kinder einge¬
schärft, aber beim Spiele war die künstliche Schranke der
Etikette oft genug überschritten worden. Inzwischen hatten die
beiden Komtessen eine Pension für freiadelige junge Mädchen
besucht, aus der sie vor einem Jahre als fertige junge Damen
entlassen worden waren. Sie hatten ihren ersten Winter in
der Berliner Gesellschaft hinter sich. Seit Jahren hatten sich
also die ehemaligen Spielgefährten nicht mehr gesehen.

Auch Ida errötete bis unter das blonde Haar, als sie
Pauline jetzt die Hand reichte. Einen Augenblick hatte sie
erwogen, ob sie das Mädchen umarmen solle. Aber dann
fürchtete sie, es könne gemacht aussehen und wie Herablassung
wirken, und so ließ sie es lieber bei einem Händedruck bewenden.

ſprangen ein paar Kaninchen hinter einen Bretterverſchlag.
Wanda wollte eines der Tiere erhaſchen, aber das Tierchen
war flinker als ſie. Frau Katſchner, die Paulinens wegen jetzt
noch nicht das Zimmer betreten wollte, fand hierin eine günſtige
Gelegenheit, die jungen Damen noch länger im Hausflur zu
halten.

Sie öffnete das Ställchen. In einer dunklen Ecke unter
einer Heubucht erblickte man eine ganze Kaninchenhecke. Wanda
rief: „Pfui Deibel, wie ſtinkt 's hier!“ lief aber nichtsdeſto¬
weniger in den Verſchlag hinein, und zog einzelne Tiere an
den Löffeln heraus. Frau Katſchner mußte ihr ſagen, welches
Männchen und welches Weibchen ſeien.

Als das Intereſſe hierfür erſchöpft ſchien, hielt es Frau
Katſchner für angezeigt, die Damen in das Wohnzimmer zu
führen. Pauline kam jetzt zum Vorſchein aus ihrer Kammer,
mit geſenkten Augen, über und über errötend. Ihre Befangen¬
heit war womöglich noch größer, als zuvor.

Pauline war in früheren Zeiten ein gelegentlicher Gaſt
auf dem Schloſſe geweſen, als Spielgefährte für Komteſſe Ida,
mit der ſie ungefähr in gleichem Alter ſtand. Damals war
man vertraut geweſen mit einander, nach Weiſe von Kindern,
bei denen ſich der Standesunterſchied nicht ſo ſtark bemerk¬
bar macht. Frau Katſchner hatte der Tochter zwar immer
die größte Devotion gegen die herrſchaftlichen Kinder einge¬
ſchärft, aber beim Spiele war die künſtliche Schranke der
Etikette oft genug überſchritten worden. Inzwiſchen hatten die
beiden Komteſſen eine Penſion für freiadelige junge Mädchen
beſucht, aus der ſie vor einem Jahre als fertige junge Damen
entlaſſen worden waren. Sie hatten ihren erſten Winter in
der Berliner Geſellſchaft hinter ſich. Seit Jahren hatten ſich
alſo die ehemaligen Spielgefährten nicht mehr geſehen.

Auch Ida errötete bis unter das blonde Haar, als ſie
Pauline jetzt die Hand reichte. Einen Augenblick hatte ſie
erwogen, ob ſie das Mädchen umarmen ſolle. Aber dann
fürchtete ſie, es könne gemacht ausſehen und wie Herablaſſung
wirken, und ſo ließ ſie es lieber bei einem Händedruck bewenden.

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[76/0090] ſprangen ein paar Kaninchen hinter einen Bretterverſchlag. Wanda wollte eines der Tiere erhaſchen, aber das Tierchen war flinker als ſie. Frau Katſchner, die Paulinens wegen jetzt noch nicht das Zimmer betreten wollte, fand hierin eine günſtige Gelegenheit, die jungen Damen noch länger im Hausflur zu halten. Sie öffnete das Ställchen. In einer dunklen Ecke unter einer Heubucht erblickte man eine ganze Kaninchenhecke. Wanda rief: „Pfui Deibel, wie ſtinkt 's hier!“ lief aber nichtsdeſto¬ weniger in den Verſchlag hinein, und zog einzelne Tiere an den Löffeln heraus. Frau Katſchner mußte ihr ſagen, welches Männchen und welches Weibchen ſeien. Als das Intereſſe hierfür erſchöpft ſchien, hielt es Frau Katſchner für angezeigt, die Damen in das Wohnzimmer zu führen. Pauline kam jetzt zum Vorſchein aus ihrer Kammer, mit geſenkten Augen, über und über errötend. Ihre Befangen¬ heit war womöglich noch größer, als zuvor. Pauline war in früheren Zeiten ein gelegentlicher Gaſt auf dem Schloſſe geweſen, als Spielgefährte für Komteſſe Ida, mit der ſie ungefähr in gleichem Alter ſtand. Damals war man vertraut geweſen mit einander, nach Weiſe von Kindern, bei denen ſich der Standesunterſchied nicht ſo ſtark bemerk¬ bar macht. Frau Katſchner hatte der Tochter zwar immer die größte Devotion gegen die herrſchaftlichen Kinder einge¬ ſchärft, aber beim Spiele war die künſtliche Schranke der Etikette oft genug überſchritten worden. Inzwiſchen hatten die beiden Komteſſen eine Penſion für freiadelige junge Mädchen beſucht, aus der ſie vor einem Jahre als fertige junge Damen entlaſſen worden waren. Sie hatten ihren erſten Winter in der Berliner Geſellſchaft hinter ſich. Seit Jahren hatten ſich alſo die ehemaligen Spielgefährten nicht mehr geſehen. Auch Ida errötete bis unter das blonde Haar, als ſie Pauline jetzt die Hand reichte. Einen Augenblick hatte ſie erwogen, ob ſie das Mädchen umarmen ſolle. Aber dann fürchtete ſie, es könne gemacht ausſehen und wie Herablaſſung wirken, und ſo ließ ſie es lieber bei einem Händedruck bewenden.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/90>, abgerufen am 24.11.2024.