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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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Besitz um keinen Preis fahren lassen. Er erstand schließlich
das Gut zu einem von seinen Geschwistern künstlich in die
Höhe geschraubten Preise.

Natürlich war er außer Stande, die Erben auszuzahlen.
Ihre Erbteile wurden auf das Gut eingetragen; Traugott
mußte froh sein, daß man ihm das Geld zu vier Prozent
stehen ließ. So saß denn der neue Büttnerbauer auf dem
väterlichen Grundstücke, das mit einem Schlage aus einem
unbelasteten in ein über und über verschuldetes verwandelt
worden war.

Es kamen Kriege, an denen Traugott Büttner teilnahm.
Die schlechten und die guten Zeiten wechselten wie Regen und
Sonnenschein. Aber, die guten Jahre kamen dem Braven
nicht recht zu statten, da er nicht kapitalkräftig genug war,
um den allgemeinen Aufschwung und die Gunst der Ver¬
hältnisse auszubeuten. Die schlechten Jahre dagegen drückten
auf ihn, wie ein Panzerkleid auf einem schwachen und
wunden Leib.

Der Büttnerbauer war freilich nicht der Mann, der sich
leicht werfen ließ.

Sein Gut war ausgedehnt, die äußersten Feldmarken lagen
in beträchtlicher Entfernung von dem am untersten Ende
eines schmalen Landstreifens gelegenen Hofe. Der Boden war
leicht und die Ackerkrume von geringer Mächtigkeit. Dazu
waren die Witterungsverhältnisse nicht einmal günstige; denn
nach Norden und Osten lag das Land offen da, vom Süden
und Westen her aber wirkten Höhenzüge ein, Kälte und Feuchtig¬
keit befördernd, und die warme Jahreszeit abkürzend. Der Acker
trug daher nur spärlich zu, der Emsigkeit und der rastlosen An¬
strengung des Bauern zum Trotze. Die Zinsen verschlangen
die Ernten. Die Schulden mehrten sich langsam aber sicher.
An Meliorationen konnte man nicht mehr denken. Wenn der
Bauer auch hie und da einen Anfang machte, stärker zu düngen,
Abzugsgräben baute, an den Gebäuden besserte und flickte,
oder auch neues Gerät anschaffte, so warfen ihn unvorher¬
gesehne Unglücksfälle: Hagelschlag, Viehseuchen, Erkrankungen,

Beſitz um keinen Preis fahren laſſen. Er erſtand ſchließlich
das Gut zu einem von ſeinen Geſchwiſtern künſtlich in die
Höhe geſchraubten Preiſe.

Natürlich war er außer Stande, die Erben auszuzahlen.
Ihre Erbteile wurden auf das Gut eingetragen; Traugott
mußte froh ſein, daß man ihm das Geld zu vier Prozent
ſtehen ließ. So ſaß denn der neue Büttnerbauer auf dem
väterlichen Grundſtücke, das mit einem Schlage aus einem
unbelaſteten in ein über und über verſchuldetes verwandelt
worden war.

Es kamen Kriege, an denen Traugott Büttner teilnahm.
Die ſchlechten und die guten Zeiten wechſelten wie Regen und
Sonnenſchein. Aber, die guten Jahre kamen dem Braven
nicht recht zu ſtatten, da er nicht kapitalkräftig genug war,
um den allgemeinen Aufſchwung und die Gunſt der Ver¬
hältniſſe auszubeuten. Die ſchlechten Jahre dagegen drückten
auf ihn, wie ein Panzerkleid auf einem ſchwachen und
wunden Leib.

Der Büttnerbauer war freilich nicht der Mann, der ſich
leicht werfen ließ.

Sein Gut war ausgedehnt, die äußerſten Feldmarken lagen
in beträchtlicher Entfernung von dem am unterſten Ende
eines ſchmalen Landſtreifens gelegenen Hofe. Der Boden war
leicht und die Ackerkrume von geringer Mächtigkeit. Dazu
waren die Witterungsverhältniſſe nicht einmal günſtige; denn
nach Norden und Oſten lag das Land offen da, vom Süden
und Weſten her aber wirkten Höhenzüge ein, Kälte und Feuchtig¬
keit befördernd, und die warme Jahreszeit abkürzend. Der Acker
trug daher nur ſpärlich zu, der Emſigkeit und der raſtloſen An¬
ſtrengung des Bauern zum Trotze. Die Zinſen verſchlangen
die Ernten. Die Schulden mehrten ſich langſam aber ſicher.
An Meliorationen konnte man nicht mehr denken. Wenn der
Bauer auch hie und da einen Anfang machte, ſtärker zu düngen,
Abzugsgräben baute, an den Gebäuden beſſerte und flickte,
oder auch neues Gerät anſchaffte, ſo warfen ihn unvorher¬
geſehne Unglücksfälle: Hagelſchlag, Viehſeuchen, Erkrankungen,

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[40/0054] Beſitz um keinen Preis fahren laſſen. Er erſtand ſchließlich das Gut zu einem von ſeinen Geſchwiſtern künſtlich in die Höhe geſchraubten Preiſe. Natürlich war er außer Stande, die Erben auszuzahlen. Ihre Erbteile wurden auf das Gut eingetragen; Traugott mußte froh ſein, daß man ihm das Geld zu vier Prozent ſtehen ließ. So ſaß denn der neue Büttnerbauer auf dem väterlichen Grundſtücke, das mit einem Schlage aus einem unbelaſteten in ein über und über verſchuldetes verwandelt worden war. Es kamen Kriege, an denen Traugott Büttner teilnahm. Die ſchlechten und die guten Zeiten wechſelten wie Regen und Sonnenſchein. Aber, die guten Jahre kamen dem Braven nicht recht zu ſtatten, da er nicht kapitalkräftig genug war, um den allgemeinen Aufſchwung und die Gunſt der Ver¬ hältniſſe auszubeuten. Die ſchlechten Jahre dagegen drückten auf ihn, wie ein Panzerkleid auf einem ſchwachen und wunden Leib. Der Büttnerbauer war freilich nicht der Mann, der ſich leicht werfen ließ. Sein Gut war ausgedehnt, die äußerſten Feldmarken lagen in beträchtlicher Entfernung von dem am unterſten Ende eines ſchmalen Landſtreifens gelegenen Hofe. Der Boden war leicht und die Ackerkrume von geringer Mächtigkeit. Dazu waren die Witterungsverhältniſſe nicht einmal günſtige; denn nach Norden und Oſten lag das Land offen da, vom Süden und Weſten her aber wirkten Höhenzüge ein, Kälte und Feuchtig¬ keit befördernd, und die warme Jahreszeit abkürzend. Der Acker trug daher nur ſpärlich zu, der Emſigkeit und der raſtloſen An¬ ſtrengung des Bauern zum Trotze. Die Zinſen verſchlangen die Ernten. Die Schulden mehrten ſich langſam aber ſicher. An Meliorationen konnte man nicht mehr denken. Wenn der Bauer auch hie und da einen Anfang machte, ſtärker zu düngen, Abzugsgräben baute, an den Gebäuden beſſerte und flickte, oder auch neues Gerät anſchaffte, ſo warfen ihn unvorher¬ geſehne Unglücksfälle: Hagelſchlag, Viehſeuchen, Erkrankungen,

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/54>, abgerufen am 22.11.2024.