Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte. Das ist eben schließlich eine Art von Anstandspflicht --
gewissermaßen."

Der neue Besitzer machte eine ungeduldige Bewegung.
"Zwingen dazu kann Sie ja niemand!" rief der Händler.
"Wenn Sie den Alten drin lassen, so ist das eben ein Akt
der Barmherzigkeit, und Herr Büttner muß Ihnen zeitlebens
dankbar dafür sein -- nicht wahr, Büttner?"

"Meinetswegen!" sagte Berger und erhob sich. "Ich will
gestatten, daß der Mensch hier wohnen bleibt, in einer Dach¬
kammer. -- In die Hausordnung haben Sie sich natürlich zu
fügen, Büttner! und ich darf erwarten, daß Sie keinerlei
Störung verursachen. Die Wohnung sollen Sie frei haben; ich
verlange als Entgelt, daß er den Garten versorgt, und die
häuslichen Arbeiten übernimmt: Holzspalten, Austragen der
Grube, Kohlenklopfen und so weiter. Eventuell werde ich ihn
auch in der Ziegelei beschäftigen, wenn er dazu nicht schon zu
alt ist. Natürlich ist dieses Verhältnis meinerseits jeder Zeit
kündbar."

"Das scheint mir nur billig und gerecht!" rief Harrasso¬
witz. "Sie können lachen, Büttner! Machen Sie nur nicht
ein so finsteres Gesicht, Mann! So trifft's nicht jeder!"

"Das scheint ein alter verstockter Bursche zu sein!" sagte
Berger zu dem Händler, als sie das Haus verließen.

"Was wollen Sie," meinte Sam. "Er ist halt 'n
Bauer!"


W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 26

hatte. Das iſt eben ſchließlich eine Art von Anſtandspflicht —
gewiſſermaßen.“

Der neue Beſitzer machte eine ungeduldige Bewegung.
„Zwingen dazu kann Sie ja niemand!“ rief der Händler.
„Wenn Sie den Alten drin laſſen, ſo iſt das eben ein Akt
der Barmherzigkeit, und Herr Büttner muß Ihnen zeitlebens
dankbar dafür ſein — nicht wahr, Büttner?“

„Meinetswegen!“ ſagte Berger und erhob ſich. „Ich will
geſtatten, daß der Menſch hier wohnen bleibt, in einer Dach¬
kammer. — In die Hausordnung haben Sie ſich natürlich zu
fügen, Büttner! und ich darf erwarten, daß Sie keinerlei
Störung verurſachen. Die Wohnung ſollen Sie frei haben; ich
verlange als Entgelt, daß er den Garten verſorgt, und die
häuslichen Arbeiten übernimmt: Holzſpalten, Austragen der
Grube, Kohlenklopfen und ſo weiter. Eventuell werde ich ihn
auch in der Ziegelei beſchäftigen, wenn er dazu nicht ſchon zu
alt iſt. Natürlich iſt dieſes Verhältnis meinerſeits jeder Zeit
kündbar.“

„Das ſcheint mir nur billig und gerecht!“ rief Harraſſo¬
witz. „Sie können lachen, Büttner! Machen Sie nur nicht
ein ſo finſteres Geſicht, Mann! So trifft's nicht jeder!“

„Das ſcheint ein alter verſtockter Burſche zu ſein!“ ſagte
Berger zu dem Händler, als ſie das Haus verließen.

„Was wollen Sie,“ meinte Sam. „Er iſt halt 'n
Bauer!“


W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0415" n="401"/>
hatte. Das i&#x017F;t eben &#x017F;chließlich eine Art von An&#x017F;tandspflicht &#x2014;<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Der neue Be&#x017F;itzer machte eine ungeduldige Bewegung.<lb/>
&#x201E;Zwingen dazu kann Sie ja niemand!&#x201C; rief der Händler.<lb/>
&#x201E;Wenn Sie den Alten drin la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o i&#x017F;t das eben ein Akt<lb/>
der Barmherzigkeit, und Herr Büttner muß Ihnen zeitlebens<lb/>
dankbar dafür &#x017F;ein &#x2014; nicht wahr, Büttner?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Meinetswegen!&#x201C; &#x017F;agte Berger und erhob &#x017F;ich. &#x201E;Ich will<lb/>
ge&#x017F;tatten, daß der Men&#x017F;ch hier wohnen bleibt, in einer Dach¬<lb/>
kammer. &#x2014; In die Hausordnung haben Sie &#x017F;ich natürlich zu<lb/>
fügen, Büttner! und ich darf erwarten, daß Sie keinerlei<lb/>
Störung verur&#x017F;achen. Die Wohnung &#x017F;ollen Sie frei haben; ich<lb/>
verlange als Entgelt, daß er den Garten ver&#x017F;orgt, und die<lb/>
häuslichen Arbeiten übernimmt: Holz&#x017F;palten, Austragen der<lb/>
Grube, Kohlenklopfen und &#x017F;o weiter. Eventuell werde ich ihn<lb/>
auch in der Ziegelei be&#x017F;chäftigen, wenn er dazu nicht &#x017F;chon zu<lb/>
alt i&#x017F;t. Natürlich i&#x017F;t die&#x017F;es Verhältnis meiner&#x017F;eits jeder Zeit<lb/>
kündbar.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das &#x017F;cheint mir nur billig und gerecht!&#x201C; rief Harra&#x017F;&#x017F;<lb/>
witz. &#x201E;Sie können lachen, Büttner! Machen Sie nur nicht<lb/>
ein &#x017F;o fin&#x017F;teres Ge&#x017F;icht, Mann! So trifft's nicht jeder!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das &#x017F;cheint ein alter ver&#x017F;tockter Bur&#x017F;che zu &#x017F;ein!&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
Berger zu dem Händler, als &#x017F;ie das Haus verließen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Was wollen Sie,&#x201C; meinte Sam. &#x201E;Er i&#x017F;t halt 'n<lb/>
Bauer!&#x201C;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">W. v. <hi rendition="#g">Polenz</hi>, Der Büttnerbauer. 26<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0415] hatte. Das iſt eben ſchließlich eine Art von Anſtandspflicht — gewiſſermaßen.“ Der neue Beſitzer machte eine ungeduldige Bewegung. „Zwingen dazu kann Sie ja niemand!“ rief der Händler. „Wenn Sie den Alten drin laſſen, ſo iſt das eben ein Akt der Barmherzigkeit, und Herr Büttner muß Ihnen zeitlebens dankbar dafür ſein — nicht wahr, Büttner?“ „Meinetswegen!“ ſagte Berger und erhob ſich. „Ich will geſtatten, daß der Menſch hier wohnen bleibt, in einer Dach¬ kammer. — In die Hausordnung haben Sie ſich natürlich zu fügen, Büttner! und ich darf erwarten, daß Sie keinerlei Störung verurſachen. Die Wohnung ſollen Sie frei haben; ich verlange als Entgelt, daß er den Garten verſorgt, und die häuslichen Arbeiten übernimmt: Holzſpalten, Austragen der Grube, Kohlenklopfen und ſo weiter. Eventuell werde ich ihn auch in der Ziegelei beſchäftigen, wenn er dazu nicht ſchon zu alt iſt. Natürlich iſt dieſes Verhältnis meinerſeits jeder Zeit kündbar.“ „Das ſcheint mir nur billig und gerecht!“ rief Harraſſo¬ witz. „Sie können lachen, Büttner! Machen Sie nur nicht ein ſo finſteres Geſicht, Mann! So trifft's nicht jeder!“ „Das ſcheint ein alter verſtockter Burſche zu ſein!“ ſagte Berger zu dem Händler, als ſie das Haus verließen. „Was wollen Sie,“ meinte Sam. „Er iſt halt 'n Bauer!“ W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. 26

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/415
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/415>, abgerufen am 24.11.2024.