Die Herbstarbeiten hatten für die Sachsengänger angefangen: Kartoffelhacken und Rübenroden. Der Oktober war feucht ge¬ wesen. Der schwere Boden hatte sich vollgesogen mit Nässe, die Ackerscholle war zäh und klebrig.
Rübenroden ist schwere Arbeit. Sie hatten sich dazu in Grup¬ pen geteilt. Ein Mann ging an der Spitze, um die Erde mit dem Spaten zu lockern. Das ihm zunächst folgende Mädchen zog mit jeder Hand eine Rübe aus und klopfte sie gegeneinander, bis sie von Erde befreit waren. Die nachfolgenden Mädchen schlugen dann den Rüben mit dem Hackmesser die Blätter ab.
Diese Arbeit mußte äußerst sauber geliefert werden. Der Inspektor kam häufig und kontrollierte. Gustav hatte seine liebe Not mit den Mädchen, die oft genug Erdreste an den Runkeln sitzen ließen, und zu viel, oder auch zu wenig, von dem grünen Kopfe der Rübe abschlugen.
Im Hintergrunde drohte die Fabrik, die nur allzuschnell mit der Klage über mangelhafte Lieferung da war. Der Be¬ sitzer machte dann dem Inspektor Vorwürfe, der nahm den Aufseher vor, der Aufseher schließlich schalt die Arbeiter. Und so kam das Ungewitter im Instanzenwege endlich bis zu den armen Runkelmädchen, über deren Häuptern es sich grollend entlud.
Abends kehrte man todmünde von der anstrengenden Arbeit in die Kasernen zurück, durchnäßt, mit beschmutzten Kleidern.
VII.
Die Herbſtarbeiten hatten für die Sachſengänger angefangen: Kartoffelhacken und Rübenroden. Der Oktober war feucht ge¬ weſen. Der ſchwere Boden hatte ſich vollgeſogen mit Näſſe, die Ackerſcholle war zäh und klebrig.
Rübenroden iſt ſchwere Arbeit. Sie hatten ſich dazu in Grup¬ pen geteilt. Ein Mann ging an der Spitze, um die Erde mit dem Spaten zu lockern. Das ihm zunächſt folgende Mädchen zog mit jeder Hand eine Rübe aus und klopfte ſie gegeneinander, bis ſie von Erde befreit waren. Die nachfolgenden Mädchen ſchlugen dann den Rüben mit dem Hackmeſſer die Blätter ab.
Dieſe Arbeit mußte äußerſt ſauber geliefert werden. Der Inſpektor kam häufig und kontrollierte. Guſtav hatte ſeine liebe Not mit den Mädchen, die oft genug Erdreſte an den Runkeln ſitzen ließen, und zu viel, oder auch zu wenig, von dem grünen Kopfe der Rübe abſchlugen.
Im Hintergrunde drohte die Fabrik, die nur allzuſchnell mit der Klage über mangelhafte Lieferung da war. Der Be¬ ſitzer machte dann dem Inſpektor Vorwürfe, der nahm den Aufſeher vor, der Aufſeher ſchließlich ſchalt die Arbeiter. Und ſo kam das Ungewitter im Inſtanzenwege endlich bis zu den armen Runkelmädchen, über deren Häuptern es ſich grollend entlud.
Abends kehrte man todmünde von der anſtrengenden Arbeit in die Kaſernen zurück, durchnäßt, mit beſchmutzten Kleidern.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0370"n="[356]"/><divn="2"><head>VII.<lb/></head><p>Die Herbſtarbeiten hatten für die Sachſengänger angefangen:<lb/>
Kartoffelhacken und Rübenroden. Der Oktober war feucht ge¬<lb/>
weſen. Der ſchwere Boden hatte ſich vollgeſogen mit Näſſe,<lb/>
die Ackerſcholle war zäh und klebrig.</p><lb/><p>Rübenroden iſt ſchwere Arbeit. Sie hatten ſich dazu in Grup¬<lb/>
pen geteilt. Ein Mann ging an der Spitze, um die Erde mit<lb/>
dem Spaten zu lockern. Das ihm zunächſt folgende Mädchen zog<lb/>
mit jeder Hand eine Rübe aus und klopfte ſie gegeneinander, bis<lb/>ſie von Erde befreit waren. Die nachfolgenden Mädchen ſchlugen<lb/>
dann den Rüben mit dem Hackmeſſer die Blätter ab.</p><lb/><p>Dieſe Arbeit mußte äußerſt ſauber geliefert werden. Der<lb/>
Inſpektor kam häufig und kontrollierte. Guſtav hatte ſeine<lb/>
liebe Not mit den Mädchen, die oft genug Erdreſte an den<lb/>
Runkeln ſitzen ließen, und zu viel, oder auch zu wenig, von<lb/>
dem grünen Kopfe der Rübe abſchlugen.</p><lb/><p>Im Hintergrunde drohte die Fabrik, die nur allzuſchnell<lb/>
mit der Klage über mangelhafte Lieferung da war. Der Be¬<lb/>ſitzer machte dann dem Inſpektor Vorwürfe, der nahm den<lb/>
Aufſeher vor, der Aufſeher ſchließlich ſchalt die Arbeiter. Und<lb/>ſo kam das Ungewitter im Inſtanzenwege endlich bis zu den<lb/>
armen Runkelmädchen, über deren Häuptern es ſich grollend<lb/>
entlud.</p><lb/><p>Abends kehrte man todmünde von der anſtrengenden Arbeit<lb/>
in die Kaſernen zurück, durchnäßt, mit beſchmutzten Kleidern.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[356]/0370]
VII.
Die Herbſtarbeiten hatten für die Sachſengänger angefangen:
Kartoffelhacken und Rübenroden. Der Oktober war feucht ge¬
weſen. Der ſchwere Boden hatte ſich vollgeſogen mit Näſſe,
die Ackerſcholle war zäh und klebrig.
Rübenroden iſt ſchwere Arbeit. Sie hatten ſich dazu in Grup¬
pen geteilt. Ein Mann ging an der Spitze, um die Erde mit
dem Spaten zu lockern. Das ihm zunächſt folgende Mädchen zog
mit jeder Hand eine Rübe aus und klopfte ſie gegeneinander, bis
ſie von Erde befreit waren. Die nachfolgenden Mädchen ſchlugen
dann den Rüben mit dem Hackmeſſer die Blätter ab.
Dieſe Arbeit mußte äußerſt ſauber geliefert werden. Der
Inſpektor kam häufig und kontrollierte. Guſtav hatte ſeine
liebe Not mit den Mädchen, die oft genug Erdreſte an den
Runkeln ſitzen ließen, und zu viel, oder auch zu wenig, von
dem grünen Kopfe der Rübe abſchlugen.
Im Hintergrunde drohte die Fabrik, die nur allzuſchnell
mit der Klage über mangelhafte Lieferung da war. Der Be¬
ſitzer machte dann dem Inſpektor Vorwürfe, der nahm den
Aufſeher vor, der Aufſeher ſchließlich ſchalt die Arbeiter. Und
ſo kam das Ungewitter im Inſtanzenwege endlich bis zu den
armen Runkelmädchen, über deren Häuptern es ſich grollend
entlud.
Abends kehrte man todmünde von der anſtrengenden Arbeit
in die Kaſernen zurück, durchnäßt, mit beſchmutzten Kleidern.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [356]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/370>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.