Die fabelhaftesten Gerüchte durchschwirrten die Luft; es hieß: am Hochzeitstage solle Geld unter die Menge geworfen werden, im Schloßhofe werde am Vorabend der Trauung ein gebratener Ochse und ganze Schweine und Kälber zur all¬ gemeinen Speisung ausgelegt werden, und dazu würde aus einem Riesenfasse Wein fließen.
Eine Art von Fieber hatte sich der Bevölkerung bemächtigt. Die Arbeit schmeckte den Entnüchterten nicht mehr; man er¬ wartete voll Spannung außergewöhnliche Dinge.
Auch Karl Büttner war von Wörmsbach herübergelaufen, um sich das Feuerwerk mit anzusehen. Er kannte einige von der Feuerwehrmannschaft von der Truppe her. Man nahm ihn mit, als es zur Bierverteilung kam. So gelangte er zu Bier und Cigarren, er wußte nicht wie! --
Das hatte ihm gefallen! Am nächsten Vormittage lief er schon wieder nach Saland, gegen Theresens Willen. Er hoffte im Stillen auf einen ähnlich glücklichen Zufall, wie ihn der vorige Abend gebracht.
Diesmal fiel zwar nichts für ihn ab, aber er wurde Zeuge eines merkwürdigen Schauspiels.
Im gräflichen Park befand sich eine Wiese, beschattet von prächtigen Eichen und Linden. Hier auf ebener Rasenfläche überraschte Karl eine wunderliche Gesellschaft. Eine Anzahl Burschen sprang da herum, wie die Müller anzusehen, von oben bis unten weiß. Auf den Köpfen trugen sie bunte Mützen, um die Hüften farbige Gürtel. Sie hielten in ihren Händen Dinger, großen Fliegenklatschen nicht unähnlich, damit warfen sie sich kleine Bälle zu, über ein Netz weg, das quer über den Rasenplatz gespannt war. Dazu schrieen sie unverständliche Worte, gestikulierten eifrig, und liefen manchmal wie besessen hin und her.
Das war sehr possierlich mit anzusehen. Die Burschen selber aber schienen die Sache mit großem Ernst und Eifer zu betreiben.
Karl hatte die Spielenden von weitem für Knaben ge¬ halten, die sich mit dergleichen Narreteien die Zeit vertrieben.
Die fabelhafteſten Gerüchte durchſchwirrten die Luft; es hieß: am Hochzeitstage ſolle Geld unter die Menge geworfen werden, im Schloßhofe werde am Vorabend der Trauung ein gebratener Ochſe und ganze Schweine und Kälber zur all¬ gemeinen Speiſung ausgelegt werden, und dazu würde aus einem Rieſenfaſſe Wein fließen.
Eine Art von Fieber hatte ſich der Bevölkerung bemächtigt. Die Arbeit ſchmeckte den Entnüchterten nicht mehr; man er¬ wartete voll Spannung außergewöhnliche Dinge.
Auch Karl Büttner war von Wörmsbach herübergelaufen, um ſich das Feuerwerk mit anzuſehen. Er kannte einige von der Feuerwehrmannſchaft von der Truppe her. Man nahm ihn mit, als es zur Bierverteilung kam. So gelangte er zu Bier und Cigarren, er wußte nicht wie! —
Das hatte ihm gefallen! Am nächſten Vormittage lief er ſchon wieder nach Saland, gegen Thereſens Willen. Er hoffte im Stillen auf einen ähnlich glücklichen Zufall, wie ihn der vorige Abend gebracht.
Diesmal fiel zwar nichts für ihn ab, aber er wurde Zeuge eines merkwürdigen Schauſpiels.
Im gräflichen Park befand ſich eine Wieſe, beſchattet von prächtigen Eichen und Linden. Hier auf ebener Raſenfläche überraſchte Karl eine wunderliche Geſellſchaft. Eine Anzahl Burſchen ſprang da herum, wie die Müller anzuſehen, von oben bis unten weiß. Auf den Köpfen trugen ſie bunte Mützen, um die Hüften farbige Gürtel. Sie hielten in ihren Händen Dinger, großen Fliegenklatſchen nicht unähnlich, damit warfen ſie ſich kleine Bälle zu, über ein Netz weg, das quer über den Raſenplatz geſpannt war. Dazu ſchrieen ſie unverſtändliche Worte, geſtikulierten eifrig, und liefen manchmal wie beſeſſen hin und her.
Das war ſehr poſſierlich mit anzuſehen. Die Burſchen ſelber aber ſchienen die Sache mit großem Ernſt und Eifer zu betreiben.
Karl hatte die Spielenden von weitem für Knaben ge¬ halten, die ſich mit dergleichen Narreteien die Zeit vertrieben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0354"n="340"/><p>Die fabelhafteſten Gerüchte durchſchwirrten die Luft; es<lb/>
hieß: am Hochzeitstage ſolle Geld unter die Menge geworfen<lb/>
werden, im Schloßhofe werde am Vorabend der Trauung<lb/>
ein gebratener Ochſe und ganze Schweine und Kälber zur all¬<lb/>
gemeinen Speiſung ausgelegt werden, und dazu würde aus<lb/>
einem Rieſenfaſſe Wein fließen.</p><lb/><p>Eine Art von Fieber hatte ſich der Bevölkerung bemächtigt.<lb/>
Die Arbeit ſchmeckte den Entnüchterten nicht mehr; man er¬<lb/>
wartete voll Spannung außergewöhnliche Dinge.</p><lb/><p>Auch Karl Büttner war von Wörmsbach herübergelaufen,<lb/>
um ſich das Feuerwerk mit anzuſehen. Er kannte einige von<lb/>
der <choice><sic>Feuerwehrmannſchaſt</sic><corr>Feuerwehrmannſchaft</corr></choice> von der Truppe her. Man nahm<lb/>
ihn mit, als es zur Bierverteilung kam. So gelangte er zu<lb/>
Bier und Cigarren, er wußte nicht wie! —</p><lb/><p>Das hatte ihm gefallen! Am nächſten Vormittage lief er<lb/>ſchon wieder nach Saland, gegen Thereſens Willen. Er<lb/>
hoffte im Stillen auf einen ähnlich glücklichen Zufall, wie<lb/>
ihn der vorige Abend gebracht.</p><lb/><p>Diesmal fiel zwar nichts für ihn ab, aber er wurde Zeuge<lb/>
eines merkwürdigen Schauſpiels.</p><lb/><p>Im gräflichen Park befand ſich eine Wieſe, beſchattet von<lb/>
prächtigen Eichen und Linden. Hier auf ebener Raſenfläche<lb/>
überraſchte Karl eine wunderliche Geſellſchaft. Eine Anzahl<lb/>
Burſchen ſprang da herum, wie die Müller anzuſehen, von oben<lb/>
bis unten weiß. Auf den Köpfen trugen ſie bunte Mützen,<lb/>
um die Hüften farbige Gürtel. Sie hielten in ihren Händen<lb/>
Dinger, großen Fliegenklatſchen nicht unähnlich, damit warfen<lb/>ſie ſich kleine Bälle zu, über ein Netz weg, das quer über<lb/>
den Raſenplatz geſpannt war. Dazu ſchrieen ſie unverſtändliche<lb/>
Worte, geſtikulierten eifrig, und liefen manchmal wie beſeſſen<lb/>
hin und her.</p><lb/><p>Das war ſehr poſſierlich mit anzuſehen. Die Burſchen<lb/>ſelber aber ſchienen die Sache mit großem Ernſt und Eifer<lb/>
zu betreiben.</p><lb/><p>Karl hatte die Spielenden von weitem für Knaben ge¬<lb/>
halten, die ſich mit dergleichen Narreteien die Zeit vertrieben.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[340/0354]
Die fabelhafteſten Gerüchte durchſchwirrten die Luft; es
hieß: am Hochzeitstage ſolle Geld unter die Menge geworfen
werden, im Schloßhofe werde am Vorabend der Trauung
ein gebratener Ochſe und ganze Schweine und Kälber zur all¬
gemeinen Speiſung ausgelegt werden, und dazu würde aus
einem Rieſenfaſſe Wein fließen.
Eine Art von Fieber hatte ſich der Bevölkerung bemächtigt.
Die Arbeit ſchmeckte den Entnüchterten nicht mehr; man er¬
wartete voll Spannung außergewöhnliche Dinge.
Auch Karl Büttner war von Wörmsbach herübergelaufen,
um ſich das Feuerwerk mit anzuſehen. Er kannte einige von
der Feuerwehrmannſchaft von der Truppe her. Man nahm
ihn mit, als es zur Bierverteilung kam. So gelangte er zu
Bier und Cigarren, er wußte nicht wie! —
Das hatte ihm gefallen! Am nächſten Vormittage lief er
ſchon wieder nach Saland, gegen Thereſens Willen. Er
hoffte im Stillen auf einen ähnlich glücklichen Zufall, wie
ihn der vorige Abend gebracht.
Diesmal fiel zwar nichts für ihn ab, aber er wurde Zeuge
eines merkwürdigen Schauſpiels.
Im gräflichen Park befand ſich eine Wieſe, beſchattet von
prächtigen Eichen und Linden. Hier auf ebener Raſenfläche
überraſchte Karl eine wunderliche Geſellſchaft. Eine Anzahl
Burſchen ſprang da herum, wie die Müller anzuſehen, von oben
bis unten weiß. Auf den Köpfen trugen ſie bunte Mützen,
um die Hüften farbige Gürtel. Sie hielten in ihren Händen
Dinger, großen Fliegenklatſchen nicht unähnlich, damit warfen
ſie ſich kleine Bälle zu, über ein Netz weg, das quer über
den Raſenplatz geſpannt war. Dazu ſchrieen ſie unverſtändliche
Worte, geſtikulierten eifrig, und liefen manchmal wie beſeſſen
hin und her.
Das war ſehr poſſierlich mit anzuſehen. Die Burſchen
ſelber aber ſchienen die Sache mit großem Ernſt und Eifer
zu betreiben.
Karl hatte die Spielenden von weitem für Knaben ge¬
halten, die ſich mit dergleichen Narreteien die Zeit vertrieben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/354>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.