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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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VIII.

Während in der Stadt sein Gut versteigert wurde, pflügte
der Büttnerbauer seinen Acker. Schon bei frühestem Morgen¬
grauen hatte er die Ochsen aus dem Stalle gezogen, hatte sie
vor den Pflug gespannt und war hinausgefahren bis dorthin,
wo Wald und Felder grenzten.

Die Bäuerin war seit einer Woche bettlägerig. Toni hatte
mit dem Säugling zu thun. Auf Theresens Schultern lastete,
seitdem die Sachsengänger das Dorf verlassen hatten, ganz
allein die Sorge um das Hauswesen.

Der Bauer wollte heute das Büschelgewende beackern.
Dem verwilderten Schlage -- gleichsam das Stiefkind des
Gutes -- galt doch im Grunde seine eifrigste Sorge. Der Ge¬
danke, daß ein Teil seines Besitzes vernachlässigt und unbenutzt
daliege, ließ ihm keine Ruhe, quälte ihn wie einem Kranken
die offene Wunde. Den Schlag mußte er wieder urbar machen,
noch in diesem Sommer. Hafer wollte er darauf säen, als
die wenigst anspruchsvolle Frucht. Vor der Aussaat aber
sollte der Boden noch einigemale mit Pflug und Egge um
und um gewendet werden.

Es wollte ein wundervoller Frühjahrstag werden. Der
Boden dampfte von dem warmen Regen, der in der Nacht nieder¬
gegangen war. Laue Fruchtbarkeit schwebte greifbar über der
Scholle. Überall drängte und sproßte junges Leben zum Tage
empor. Die Wiesen waren bereits mit dem ersten verschämten

VIII.

Während in der Stadt ſein Gut verſteigert wurde, pflügte
der Büttnerbauer ſeinen Acker. Schon bei früheſtem Morgen¬
grauen hatte er die Ochſen aus dem Stalle gezogen, hatte ſie
vor den Pflug geſpannt und war hinausgefahren bis dorthin,
wo Wald und Felder grenzten.

Die Bäuerin war ſeit einer Woche bettlägerig. Toni hatte
mit dem Säugling zu thun. Auf Thereſens Schultern laſtete,
ſeitdem die Sachſengänger das Dorf verlaſſen hatten, ganz
allein die Sorge um das Hausweſen.

Der Bauer wollte heute das Büſchelgewende beackern.
Dem verwilderten Schlage — gleichſam das Stiefkind des
Gutes — galt doch im Grunde ſeine eifrigſte Sorge. Der Ge¬
danke, daß ein Teil ſeines Beſitzes vernachläſſigt und unbenutzt
daliege, ließ ihm keine Ruhe, quälte ihn wie einem Kranken
die offene Wunde. Den Schlag mußte er wieder urbar machen,
noch in dieſem Sommer. Hafer wollte er darauf ſäen, als
die wenigſt anſpruchsvolle Frucht. Vor der Ausſaat aber
ſollte der Boden noch einigemale mit Pflug und Egge um
und um gewendet werden.

Es wollte ein wundervoller Frühjahrſtag werden. Der
Boden dampfte von dem warmen Regen, der in der Nacht nieder¬
gegangen war. Laue Fruchtbarkeit ſchwebte greifbar über der
Scholle. Überall drängte und ſproßte junges Leben zum Tage
empor. Die Wieſen waren bereits mit dem erſten verſchämten

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[[270]/0284] VIII. Während in der Stadt ſein Gut verſteigert wurde, pflügte der Büttnerbauer ſeinen Acker. Schon bei früheſtem Morgen¬ grauen hatte er die Ochſen aus dem Stalle gezogen, hatte ſie vor den Pflug geſpannt und war hinausgefahren bis dorthin, wo Wald und Felder grenzten. Die Bäuerin war ſeit einer Woche bettlägerig. Toni hatte mit dem Säugling zu thun. Auf Thereſens Schultern laſtete, ſeitdem die Sachſengänger das Dorf verlaſſen hatten, ganz allein die Sorge um das Hausweſen. Der Bauer wollte heute das Büſchelgewende beackern. Dem verwilderten Schlage — gleichſam das Stiefkind des Gutes — galt doch im Grunde ſeine eifrigſte Sorge. Der Ge¬ danke, daß ein Teil ſeines Beſitzes vernachläſſigt und unbenutzt daliege, ließ ihm keine Ruhe, quälte ihn wie einem Kranken die offene Wunde. Den Schlag mußte er wieder urbar machen, noch in dieſem Sommer. Hafer wollte er darauf ſäen, als die wenigſt anſpruchsvolle Frucht. Vor der Ausſaat aber ſollte der Boden noch einigemale mit Pflug und Egge um und um gewendet werden. Es wollte ein wundervoller Frühjahrſtag werden. Der Boden dampfte von dem warmen Regen, der in der Nacht nieder¬ gegangen war. Laue Fruchtbarkeit ſchwebte greifbar über der Scholle. Überall drängte und ſproßte junges Leben zum Tage empor. Die Wieſen waren bereits mit dem erſten verſchämten

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [270]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/284>, abgerufen am 28.11.2024.