Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Er trieb den Kutscher zur Eile an. Jetzt auf einmal war
es ihm, als könne er nicht schnell genug von der Heimat weg¬
kommen.

An bekannten Feldern ging's vorbei, an Bäumen, Steinen
und Wasserläufen. Nun zog sich der Weg ein Stück durch
den gräflichen Wald. Dann hatte man die Halbenauer Flur
verlassen.

Eine Stunde darauf saßen sie eng zusammengepfercht in
einem Wagen vierter Klasse, mit fremdem Volk, Sachsengänger
gleich ihnen, die schon weither kamen aus dem Osten. Un¬
heimliches Gesindel mit braunen Gesichtern, das unter einander
eine unverständliche Sprache redete.

Als Pauline mit einem dieser schmutzstarrenden, kraus¬
haarigen Frauenzimmer den schmalen Sitz teilen mußte, verlor
sie alle Fassung, nachdem sie vorher tapfer mit dem Heimweh
gekämpft hatte. Sie nahm ihren Jungen dicht an sich, und
haschte nach Gustavs Hand.

Das war fürwahr eine traurige Nachfeier ihrer Hochzeit!


Er trieb den Kutſcher zur Eile an. Jetzt auf einmal war
es ihm, als könne er nicht ſchnell genug von der Heimat weg¬
kommen.

An bekannten Feldern ging's vorbei, an Bäumen, Steinen
und Waſſerläufen. Nun zog ſich der Weg ein Stück durch
den gräflichen Wald. Dann hatte man die Halbenauer Flur
verlaſſen.

Eine Stunde darauf ſaßen ſie eng zuſammengepfercht in
einem Wagen vierter Klaſſe, mit fremdem Volk, Sachſengänger
gleich ihnen, die ſchon weither kamen aus dem Oſten. Un¬
heimliches Geſindel mit braunen Geſichtern, das unter einander
eine unverſtändliche Sprache redete.

Als Pauline mit einem dieſer ſchmutzſtarrenden, kraus¬
haarigen Frauenzimmer den ſchmalen Sitz teilen mußte, verlor
ſie alle Faſſung, nachdem ſie vorher tapfer mit dem Heimweh
gekämpft hatte. Sie nahm ihren Jungen dicht an ſich, und
haſchte nach Guſtavs Hand.

Das war fürwahr eine traurige Nachfeier ihrer Hochzeit!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0276" n="262"/>
          <p>Er trieb den Kut&#x017F;cher zur Eile an. Jetzt auf einmal war<lb/>
es ihm, als könne er nicht &#x017F;chnell genug von der Heimat weg¬<lb/>
kommen.</p><lb/>
          <p>An bekannten Feldern ging's vorbei, an Bäumen, Steinen<lb/>
und Wa&#x017F;&#x017F;erläufen. Nun zog &#x017F;ich der Weg ein Stück durch<lb/>
den gräflichen Wald. Dann hatte man die Halbenauer Flur<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Eine Stunde darauf &#x017F;aßen &#x017F;ie eng zu&#x017F;ammengepfercht in<lb/>
einem Wagen vierter Kla&#x017F;&#x017F;e, mit fremdem Volk, Sach&#x017F;engänger<lb/>
gleich ihnen, die &#x017F;chon weither kamen aus dem O&#x017F;ten. Un¬<lb/>
heimliches Ge&#x017F;indel mit braunen Ge&#x017F;ichtern, das unter einander<lb/>
eine unver&#x017F;tändliche Sprache redete.</p><lb/>
          <p>Als Pauline mit einem die&#x017F;er &#x017F;chmutz&#x017F;tarrenden, kraus¬<lb/>
haarigen Frauenzimmer den &#x017F;chmalen Sitz teilen mußte, verlor<lb/>
&#x017F;ie alle Fa&#x017F;&#x017F;ung, nachdem &#x017F;ie vorher tapfer mit dem Heimweh<lb/>
gekämpft hatte. Sie nahm ihren Jungen dicht an &#x017F;ich, und<lb/>
ha&#x017F;chte nach Gu&#x017F;tavs Hand.</p><lb/>
          <p>Das war fürwahr eine traurige Nachfeier ihrer Hochzeit!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0276] Er trieb den Kutſcher zur Eile an. Jetzt auf einmal war es ihm, als könne er nicht ſchnell genug von der Heimat weg¬ kommen. An bekannten Feldern ging's vorbei, an Bäumen, Steinen und Waſſerläufen. Nun zog ſich der Weg ein Stück durch den gräflichen Wald. Dann hatte man die Halbenauer Flur verlaſſen. Eine Stunde darauf ſaßen ſie eng zuſammengepfercht in einem Wagen vierter Klaſſe, mit fremdem Volk, Sachſengänger gleich ihnen, die ſchon weither kamen aus dem Oſten. Un¬ heimliches Geſindel mit braunen Geſichtern, das unter einander eine unverſtändliche Sprache redete. Als Pauline mit einem dieſer ſchmutzſtarrenden, kraus¬ haarigen Frauenzimmer den ſchmalen Sitz teilen mußte, verlor ſie alle Faſſung, nachdem ſie vorher tapfer mit dem Heimweh gekämpft hatte. Sie nahm ihren Jungen dicht an ſich, und haſchte nach Guſtavs Hand. Das war fürwahr eine traurige Nachfeier ihrer Hochzeit!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/276
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/276>, abgerufen am 18.06.2024.