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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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giebels und sprach sogar davon, den Kuhstall umdecken zu
lassen. Darüber kam es zwischen Vater und Sohn zu einem
heftigen Auftritt.

Die Folge war, daß der junge Mann sich mehr denn
je von zu Hause wegsehnte. Jeder Tag vermehrte seine Ein¬
sicht, daß hier alles unhaltbar geworden sei. Wozu sein Ge¬
schick noch länger an das seines Vaters knüpfen, der zu alt
zu sein schien, um noch Vernunft anzunehmen. Im Eltern¬
hause wurde es immer öder und trauriger. Der alte Bauer
lebte ein Leben völlig für sich. Wie ein böser Hund fuhr
er aus seiner Hütte, bereit, jeden zu beißen, der ihn in
seiner Verdrossenheit störte. Die Bäuerin weinte viel und
hatte an ihrem Leiden zu tragen. Therese zankte mit Karl.
Toni sah in schwüler Gleichgültigkeit ihrer Entbindung ent¬
gegen. Bei Ernestine begannen sich unter dem Einflusse all
des Widrigen, dessen das junge Ding Zeuge geworden, Eigen¬
sucht und Vorwitz in nicht gewöhnlichem Grade zu entwickeln.

Gustav hielt sich infolgedessen dem Elternhause, das ihm
die Hölle auf Erden zu werden drohte, so viel wie möglich
fern. Um so mehr war er bei Pauline Katschner zu finden.
Sie und der Junge mußten ihm jetzt Eltern und Geschwister
ersetzen.

Der Termin der Hochzeit rückte näher und näher, und
Gustav hatte noch immer keine Stellung gefunden. Er dachte
manchmal daran, ob es nicht das beste sei, auszuwandern.
Man sah es ja: die Verwandten alle, die von Halbenau weg¬
gegangen waren, hatten es zu Vermögen und Ansehen ge¬
bracht. Im Dorfe konnte man nie und nimmer zu etwas
kommen. Die Heimat war ihm vergällt und verekelt durch so viel
traurige Erlebnisse. Also, nur fort! Den Staub von Halbenau
von den Füßen geschüttelt und anderwärts sein Glück versucht!
Aber, das war leichter gedacht als ausgeführt. Zunächst ein¬
mal: wo sollte er hingehen? In die Stadt! Wer stand ihm
dafür, daß er dort Arbeit fand. Und dann mit Weib und
Kind wanderte es sich nicht so leicht, als wenn einer nur den
Ranzen zu schnüren und den Stab in die Hand zu nehmen

giebels und ſprach ſogar davon, den Kuhſtall umdecken zu
laſſen. Darüber kam es zwiſchen Vater und Sohn zu einem
heftigen Auftritt.

Die Folge war, daß der junge Mann ſich mehr denn
je von zu Hauſe wegſehnte. Jeder Tag vermehrte ſeine Ein¬
ſicht, daß hier alles unhaltbar geworden ſei. Wozu ſein Ge¬
ſchick noch länger an das ſeines Vaters knüpfen, der zu alt
zu ſein ſchien, um noch Vernunft anzunehmen. Im Eltern¬
hauſe wurde es immer öder und trauriger. Der alte Bauer
lebte ein Leben völlig für ſich. Wie ein böſer Hund fuhr
er aus ſeiner Hütte, bereit, jeden zu beißen, der ihn in
ſeiner Verdroſſenheit ſtörte. Die Bäuerin weinte viel und
hatte an ihrem Leiden zu tragen. Thereſe zankte mit Karl.
Toni ſah in ſchwüler Gleichgültigkeit ihrer Entbindung ent¬
gegen. Bei Erneſtine begannen ſich unter dem Einfluſſe all
des Widrigen, deſſen das junge Ding Zeuge geworden, Eigen¬
ſucht und Vorwitz in nicht gewöhnlichem Grade zu entwickeln.

Guſtav hielt ſich infolgedeſſen dem Elternhauſe, das ihm
die Hölle auf Erden zu werden drohte, ſo viel wie möglich
fern. Um ſo mehr war er bei Pauline Katſchner zu finden.
Sie und der Junge mußten ihm jetzt Eltern und Geſchwiſter
erſetzen.

Der Termin der Hochzeit rückte näher und näher, und
Guſtav hatte noch immer keine Stellung gefunden. Er dachte
manchmal daran, ob es nicht das beſte ſei, auszuwandern.
Man ſah es ja: die Verwandten alle, die von Halbenau weg¬
gegangen waren, hatten es zu Vermögen und Anſehen ge¬
bracht. Im Dorfe konnte man nie und nimmer zu etwas
kommen. Die Heimat war ihm vergällt und verekelt durch ſo viel
traurige Erlebniſſe. Alſo, nur fort! Den Staub von Halbenau
von den Füßen geſchüttelt und anderwärts ſein Glück verſucht!
Aber, das war leichter gedacht als ausgeführt. Zunächſt ein¬
mal: wo ſollte er hingehen? In die Stadt! Wer ſtand ihm
dafür, daß er dort Arbeit fand. Und dann mit Weib und
Kind wanderte es ſich nicht ſo leicht, als wenn einer nur den
Ranzen zu ſchnüren und den Stab in die Hand zu nehmen

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[220/0234] giebels und ſprach ſogar davon, den Kuhſtall umdecken zu laſſen. Darüber kam es zwiſchen Vater und Sohn zu einem heftigen Auftritt. Die Folge war, daß der junge Mann ſich mehr denn je von zu Hauſe wegſehnte. Jeder Tag vermehrte ſeine Ein¬ ſicht, daß hier alles unhaltbar geworden ſei. Wozu ſein Ge¬ ſchick noch länger an das ſeines Vaters knüpfen, der zu alt zu ſein ſchien, um noch Vernunft anzunehmen. Im Eltern¬ hauſe wurde es immer öder und trauriger. Der alte Bauer lebte ein Leben völlig für ſich. Wie ein böſer Hund fuhr er aus ſeiner Hütte, bereit, jeden zu beißen, der ihn in ſeiner Verdroſſenheit ſtörte. Die Bäuerin weinte viel und hatte an ihrem Leiden zu tragen. Thereſe zankte mit Karl. Toni ſah in ſchwüler Gleichgültigkeit ihrer Entbindung ent¬ gegen. Bei Erneſtine begannen ſich unter dem Einfluſſe all des Widrigen, deſſen das junge Ding Zeuge geworden, Eigen¬ ſucht und Vorwitz in nicht gewöhnlichem Grade zu entwickeln. Guſtav hielt ſich infolgedeſſen dem Elternhauſe, das ihm die Hölle auf Erden zu werden drohte, ſo viel wie möglich fern. Um ſo mehr war er bei Pauline Katſchner zu finden. Sie und der Junge mußten ihm jetzt Eltern und Geſchwiſter erſetzen. Der Termin der Hochzeit rückte näher und näher, und Guſtav hatte noch immer keine Stellung gefunden. Er dachte manchmal daran, ob es nicht das beſte ſei, auszuwandern. Man ſah es ja: die Verwandten alle, die von Halbenau weg¬ gegangen waren, hatten es zu Vermögen und Anſehen ge¬ bracht. Im Dorfe konnte man nie und nimmer zu etwas kommen. Die Heimat war ihm vergällt und verekelt durch ſo viel traurige Erlebniſſe. Alſo, nur fort! Den Staub von Halbenau von den Füßen geſchüttelt und anderwärts ſein Glück verſucht! Aber, das war leichter gedacht als ausgeführt. Zunächſt ein¬ mal: wo ſollte er hingehen? In die Stadt! Wer ſtand ihm dafür, daß er dort Arbeit fand. Und dann mit Weib und Kind wanderte es ſich nicht ſo leicht, als wenn einer nur den Ranzen zu ſchnüren und den Stab in die Hand zu nehmen

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/234>, abgerufen am 25.11.2024.