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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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mitgebracht. -- Die ältere Frau war die Witwe Katschner,
Paulinens Mutter.

"Gutentag och, Gustav!" sagte Frau Katschner. "Guten¬
tag!" erwiederte er stirnrunzelnd, ohne ihr die Hand zu geben.
Das Mädchen hatte den Kopf gesenkt und blickte errötend auf
ihr Gesangbuch. "No, bist De och wiedermal in Halbenau,
Gustav!" meinte die Witwe und lachte dabei, um ihre Ver¬
legenheit zu verbergen. "Ja!" sagte Gustav kühl, und fragte
einen der jungen Männer irgend etwas Gleichgültiges.

Die Frauen zögerten noch eine Weile, wohl eine Anrede
von ihm erwartend. Dann zog das Mädchen, dem das Weinen
nahe schien, die Mutter am Rocke, "Kumm ack Mutter, mir
wollen gihn!" -- Darauf entfernten sich die beiden Frauen.

"Die kennst Du wohl garnich mehr Gustav?" fragte einer
der jungen Leute mit spöttischem Lächeln den Unteroffizier.
Der zuckte die Achseln, wiegte sich in den Hüften, und gab sich
Mühe, so gleichgültig auszusehen, wie nur möglich.

Nun setzte man sich langsam in Bewegung, ein Trupp
von zehn, zwölf jungen Männern, meist Schulkameraden
Gustavs. Im Kretscham wurde ein Stehbier getrunken, und
die Cigarren in Brand gesetzt. Dann gings wieder auf die
Dorfstraße hinaus. Einer nach dem anderen suchte nun sein
Haus auf, denn die Mittagsstunde war herangekommen. Abends
wollte man sich auf dem Tanzboden wieder treffen.

Das Büttnersche Bauerngut lag am obersten Ende des
Dorfes. Der Bauer und Karl waren bereits vorausgegangen.
Gustav wollte in einen Feldweg einbiegen, der ihn in kürzester
Frist nach Haus geführt hätte, da hörte er seinen Namen
rufen.

Er wandte sich. Katschners Pauline war nur wenige
Schritte hinter ihm. Sie keuchte, beinahe atemlos vom schnellen
Laufen.

Er nahm eine finstere Miene an, und fragte in barschem
Tone, was sie von ihm wolle. "Gustav!" rief sie, und streckte
ihm die Hand entgegen. "Bis doch nicht so! Du thust ja ge¬
rade, als kennt'st De mich am Ende garnich."

mitgebracht. — Die ältere Frau war die Witwe Katſchner,
Paulinens Mutter.

„Gutentag och, Guſtav!“ ſagte Frau Katſchner. „Guten¬
tag!“ erwiederte er ſtirnrunzelnd, ohne ihr die Hand zu geben.
Das Mädchen hatte den Kopf geſenkt und blickte errötend auf
ihr Geſangbuch. „No, biſt De och wiedermal in Halbenau,
Guſtav!“ meinte die Witwe und lachte dabei, um ihre Ver¬
legenheit zu verbergen. „Ja!“ ſagte Guſtav kühl, und fragte
einen der jungen Männer irgend etwas Gleichgültiges.

Die Frauen zögerten noch eine Weile, wohl eine Anrede
von ihm erwartend. Dann zog das Mädchen, dem das Weinen
nahe ſchien, die Mutter am Rocke, „Kumm ack Mutter, mir
wollen gihn!“ — Darauf entfernten ſich die beiden Frauen.

„Die kennſt Du wohl garnich mehr Guſtav?“ fragte einer
der jungen Leute mit ſpöttiſchem Lächeln den Unteroffizier.
Der zuckte die Achſeln, wiegte ſich in den Hüften, und gab ſich
Mühe, ſo gleichgültig auszuſehen, wie nur möglich.

Nun ſetzte man ſich langſam in Bewegung, ein Trupp
von zehn, zwölf jungen Männern, meiſt Schulkameraden
Guſtavs. Im Kretſcham wurde ein Stehbier getrunken, und
die Cigarren in Brand geſetzt. Dann gings wieder auf die
Dorfſtraße hinaus. Einer nach dem anderen ſuchte nun ſein
Haus auf, denn die Mittagsſtunde war herangekommen. Abends
wollte man ſich auf dem Tanzboden wieder treffen.

Das Büttnerſche Bauerngut lag am oberſten Ende des
Dorfes. Der Bauer und Karl waren bereits vorausgegangen.
Guſtav wollte in einen Feldweg einbiegen, der ihn in kürzeſter
Friſt nach Haus geführt hätte, da hörte er ſeinen Namen
rufen.

Er wandte ſich. Katſchners Pauline war nur wenige
Schritte hinter ihm. Sie keuchte, beinahe atemlos vom ſchnellen
Laufen.

Er nahm eine finſtere Miene an, und fragte in barſchem
Tone, was ſie von ihm wolle. „Guſtav!“ rief ſie, und ſtreckte
ihm die Hand entgegen. „Bis doch nicht ſo! Du thuſt ja ge¬
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[6/0020] mitgebracht. — Die ältere Frau war die Witwe Katſchner, Paulinens Mutter. „Gutentag och, Guſtav!“ ſagte Frau Katſchner. „Guten¬ tag!“ erwiederte er ſtirnrunzelnd, ohne ihr die Hand zu geben. Das Mädchen hatte den Kopf geſenkt und blickte errötend auf ihr Geſangbuch. „No, biſt De och wiedermal in Halbenau, Guſtav!“ meinte die Witwe und lachte dabei, um ihre Ver¬ legenheit zu verbergen. „Ja!“ ſagte Guſtav kühl, und fragte einen der jungen Männer irgend etwas Gleichgültiges. Die Frauen zögerten noch eine Weile, wohl eine Anrede von ihm erwartend. Dann zog das Mädchen, dem das Weinen nahe ſchien, die Mutter am Rocke, „Kumm ack Mutter, mir wollen gihn!“ — Darauf entfernten ſich die beiden Frauen. „Die kennſt Du wohl garnich mehr Guſtav?“ fragte einer der jungen Leute mit ſpöttiſchem Lächeln den Unteroffizier. Der zuckte die Achſeln, wiegte ſich in den Hüften, und gab ſich Mühe, ſo gleichgültig auszuſehen, wie nur möglich. Nun ſetzte man ſich langſam in Bewegung, ein Trupp von zehn, zwölf jungen Männern, meiſt Schulkameraden Guſtavs. Im Kretſcham wurde ein Stehbier getrunken, und die Cigarren in Brand geſetzt. Dann gings wieder auf die Dorfſtraße hinaus. Einer nach dem anderen ſuchte nun ſein Haus auf, denn die Mittagsſtunde war herangekommen. Abends wollte man ſich auf dem Tanzboden wieder treffen. Das Büttnerſche Bauerngut lag am oberſten Ende des Dorfes. Der Bauer und Karl waren bereits vorausgegangen. Guſtav wollte in einen Feldweg einbiegen, der ihn in kürzeſter Friſt nach Haus geführt hätte, da hörte er ſeinen Namen rufen. Er wandte ſich. Katſchners Pauline war nur wenige Schritte hinter ihm. Sie keuchte, beinahe atemlos vom ſchnellen Laufen. Er nahm eine finſtere Miene an, und fragte in barſchem Tone, was ſie von ihm wolle. „Guſtav!“ rief ſie, und ſtreckte ihm die Hand entgegen. „Bis doch nicht ſo! Du thuſt ja ge¬ rade, als kennt'ſt De mich am Ende garnich.“

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/20>, abgerufen am 23.11.2024.