Poersch, Bruno: Woran krankt die deutsche Gewerkschaftsbewegung? Berlin, 1897.nach nicht, sondern ganz andere Dinge spielen hierbei eine I. Der gewerkschaftliche Kampf und seine Bedeutung für die Arbeiterklasse. Von vielen deutschen Arbeitern wird der gewerkschaft¬ Der gewerkschaftliche Kampf hat wohl eine große Bedeutung, Das Alles wird uns so schlagend durch die englische Ge¬ nach nicht, ſondern ganz andere Dinge ſpielen hierbei eine I. Der gewerkſchaftliche Kampf und ſeine Bedeutung für die Arbeiterklaſſe. Von vielen deutſchen Arbeitern wird der gewerkſchaft¬ Der gewerkſchaftliche Kampf hat wohl eine große Bedeutung, Das Alles wird uns ſo ſchlagend durch die engliſche Ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="4"/> nach nicht, ſondern ganz andere Dinge ſpielen hierbei eine<lb/> Rolle mit: 1. <hi rendition="#g">Die Unterſchätzung des gewerkſchaftlichen<lb/> Kampfes</hi>, 2. <hi rendition="#g">Das ungenügende Hilfskaſſen- und Unter¬<lb/> ſtützungsweſen</hi> und 3. <hi rendition="#g">Der mangelhafte und unge¬<lb/> nügende Beamtenſtab</hi> der meiſten deutſchen Gewerkſchafts¬<lb/> organiſationen. — In den folgenden Abſchnitten will ich dieſes<lb/> näher auseinanderſetzen und meine Behauptungen zu beweiſen<lb/> ſuchen. Zwar werde ich dabei Ausführungen machen müſſen, die<lb/> ſchon oft gemacht ſind, doch dieſes liegt in der Natur der Sache.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head><hi rendition="#aq">I</hi>.<lb/><hi rendition="#b">Der gewerkſchaftliche Kampf<lb/> und ſeine Bedeutung für die Arbeiterklaſſe.</hi><lb/></head> <p>Von vielen deutſchen Arbeitern wird der <hi rendition="#g">gewerkſchaft¬<lb/> liche</hi> Kampf noch immer unterſchätzt und nur in der <hi rendition="#g">politiſchen</hi><lb/> Bewegung das einzige Heil erblickt. Sie legen der Gewerkſchafts¬<lb/> bewegung eine ſehr minimale Bedeutung bei; glauben nicht, daß<lb/> dieſelbe irgend etwas zur Hebung der Lebenslage des Prole¬<lb/> tariats beitragen könne, und wollen die gewerkſchaftlichen Orga¬<lb/> niſationen nur als <hi rendition="#g">Vorbildungsſchule</hi>, als <hi rendition="#g">Rekrutirungs¬<lb/> inſtitut</hi> für die <hi rendition="#g">politiſche</hi> Bewegung betrachtet wiſſen. Iſt<lb/> die Zahl dieſer Leute auch nur gering, ſo üben ſie doch einen<lb/> großen Einfluß auf die herrſchenden Anſchauungen aus, da ſie<lb/> meiſtens die intelligenteſten Arbeiter ſind und die Maſſe an<lb/> Bildung und Wiſſen überragen.</p><lb/> <p>Der gewerkſchaftliche Kampf hat wohl eine große Bedeutung,<lb/> mindeſtens dieſelbe wie der politiſche. Er kann die Löhne er¬<lb/> höhen, die Arbeitszeit verkürzen, kurz die Lage des Proletariats<lb/> heben und anderſeits ſtärkt er gewaltig auch die <hi rendition="#g">politiſche</hi><lb/> Macht der Arbeiterklaſſe.</p><lb/> <p>Das Alles wird uns ſo ſchlagend durch die engliſche Ge¬<lb/> werkſchaftsbewegung bewieſen, die leider den meiſten deutſchen<lb/> Arbeitern eine <hi rendition="#aq">terra incognita</hi> iſt. — Meine Gegner im eigenen<lb/> Lager — ich meine die „Nur“-Politiker — werden ſofort gegen<lb/> die letzte Behauptung Einwände machen. — „Die engliſchen Ge¬<lb/> werkſchaftsorganiſationen haben nur deshalb auf ihre heutige<lb/> Höhe kommen können, weil ſie ſich viel <hi rendition="#g">freier</hi> entwickeln konnten,<lb/> als die deutſchen.“ Das iſt einer der beliebteſten Einwände, der<lb/> aber nicht zutrifft, da die Trade-Unions in ihrer Jugend ebenſo<lb/> brutal verfolgt und unterdrückt wurden, wie die gewerkſchaftlichen<lb/> Organiſationen der deutſchen Arbeiter, ja vielleicht noch brutaler.<lb/> — Dafür hier nähere Beweiſe zu bringen, kann nicht meine<lb/> Aufgabe ſein, weil dieſes zu weit führen würde. Ich erinnere<lb/> nur an die Verſchwörungsakte, an die Beſtimmungen des Kon¬<lb/> traktbruches, die Stempelſteuer betreffs der Preſſe u. ſ. w. Wer<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0012]
nach nicht, ſondern ganz andere Dinge ſpielen hierbei eine
Rolle mit: 1. Die Unterſchätzung des gewerkſchaftlichen
Kampfes, 2. Das ungenügende Hilfskaſſen- und Unter¬
ſtützungsweſen und 3. Der mangelhafte und unge¬
nügende Beamtenſtab der meiſten deutſchen Gewerkſchafts¬
organiſationen. — In den folgenden Abſchnitten will ich dieſes
näher auseinanderſetzen und meine Behauptungen zu beweiſen
ſuchen. Zwar werde ich dabei Ausführungen machen müſſen, die
ſchon oft gemacht ſind, doch dieſes liegt in der Natur der Sache.
I.
Der gewerkſchaftliche Kampf
und ſeine Bedeutung für die Arbeiterklaſſe.
Von vielen deutſchen Arbeitern wird der gewerkſchaft¬
liche Kampf noch immer unterſchätzt und nur in der politiſchen
Bewegung das einzige Heil erblickt. Sie legen der Gewerkſchafts¬
bewegung eine ſehr minimale Bedeutung bei; glauben nicht, daß
dieſelbe irgend etwas zur Hebung der Lebenslage des Prole¬
tariats beitragen könne, und wollen die gewerkſchaftlichen Orga¬
niſationen nur als Vorbildungsſchule, als Rekrutirungs¬
inſtitut für die politiſche Bewegung betrachtet wiſſen. Iſt
die Zahl dieſer Leute auch nur gering, ſo üben ſie doch einen
großen Einfluß auf die herrſchenden Anſchauungen aus, da ſie
meiſtens die intelligenteſten Arbeiter ſind und die Maſſe an
Bildung und Wiſſen überragen.
Der gewerkſchaftliche Kampf hat wohl eine große Bedeutung,
mindeſtens dieſelbe wie der politiſche. Er kann die Löhne er¬
höhen, die Arbeitszeit verkürzen, kurz die Lage des Proletariats
heben und anderſeits ſtärkt er gewaltig auch die politiſche
Macht der Arbeiterklaſſe.
Das Alles wird uns ſo ſchlagend durch die engliſche Ge¬
werkſchaftsbewegung bewieſen, die leider den meiſten deutſchen
Arbeitern eine terra incognita iſt. — Meine Gegner im eigenen
Lager — ich meine die „Nur“-Politiker — werden ſofort gegen
die letzte Behauptung Einwände machen. — „Die engliſchen Ge¬
werkſchaftsorganiſationen haben nur deshalb auf ihre heutige
Höhe kommen können, weil ſie ſich viel freier entwickeln konnten,
als die deutſchen.“ Das iſt einer der beliebteſten Einwände, der
aber nicht zutrifft, da die Trade-Unions in ihrer Jugend ebenſo
brutal verfolgt und unterdrückt wurden, wie die gewerkſchaftlichen
Organiſationen der deutſchen Arbeiter, ja vielleicht noch brutaler.
— Dafür hier nähere Beweiſe zu bringen, kann nicht meine
Aufgabe ſein, weil dieſes zu weit führen würde. Ich erinnere
nur an die Verſchwörungsakte, an die Beſtimmungen des Kon¬
traktbruches, die Stempelſteuer betreffs der Preſſe u. ſ. w. Wer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |