Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_470.001
Der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach. ppo_470.002
Neun Monden drauf that Klärchen eine Reise; ppo_470.003
Denn kurz -- es ging ihr nach der Weiber Weise. ppo_470.004
Jndessen stieß kein Beichtkind sich daran. ppo_470.005
Jch blieb ein unbescholtner, heil'ger Mann. ppo_470.006
Nun wuchs mein Muth; nun ward ich täglich freier; ppo_470.007
Mein Dorf gab Stoff zu süßem Abenteuer, ppo_470.008
Und manches giftiges und faul Geschwätz, ppo_470.009
Jhr Brüder, muß der Lehrer im Gesetz ppo_470.010
Um Christi und der Kirche willen leiden. ppo_470.011
Deisterei macht Alt und Jung zu Heiden. ppo_470.012
O heil'ger Nepomuk, Dominicus, ppo_470.013
O Augustin, o Sanct Jgnatius, ppo_470.014
Laßt eure Söhne Gnade vor euch finden! ppo_470.015
Schützt uns den Glauben -- und die fetten Pfründen! ppo_470.016
O dreimal heil'ge Jnquisition, ppo_470.017
Bist du auf ewig unsrer Erd' entflohn? ppo_470.018
O holde Himmelstochter, steig' hernieder! ppo_470.019
Bau' die in Schutt zerfall'nen Klöster wieder! ppo_470.020
Gebenedeite, komm' im Blutgewand, ppo_470.021
Mit Beil und Folterzang' in deiner Hand! ppo_470.022
Furchtbare Glaubensrächerin, erschein', ppo_470.023
Und Asche, Todtenschädel und Gebein ppo_470.024
Bezeichne deinen Schritt. O welch ein Schimmer! ppo_470.025
Du steigst herab. Ein klägliches Gewimmer ppo_470.026
Tönt aus den Grüften der Gewürgten hohl, ppo_470.027
Und dumpf entgegen dir, von Pol zu Pol. ppo_470.028
Wohin ich schau, da schlagen knatternd Flammen ppo_470.029
Rund über Ketzerleichname zusammen. ppo_470.030
Triumph! hier wird der Gottesläugner Kant, ppo_470.031
Dort Pred'ger Zöllner in Berlin verbrannt. ppo_470.032
Hier schleppt man Maimon aus der Synagoge; ppo_470.033
Dort bebt am Holzstoß Trapp der Pädagoge. ppo_470.034
Mit ihnen lodert manch verruchtes Buch
ppo_470.001
Der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach. ppo_470.002
Neun Monden drauf that Klärchen eine Reise; ppo_470.003
Denn kurz — es ging ihr nach der Weiber Weise. ppo_470.004
Jndessen stieß kein Beichtkind sich daran. ppo_470.005
Jch blieb ein unbescholtner, heil'ger Mann. ppo_470.006
Nun wuchs mein Muth; nun ward ich täglich freier; ppo_470.007
Mein Dorf gab Stoff zu süßem Abenteuer, ppo_470.008
Und manches giftiges und faul Geschwätz, ppo_470.009
Jhr Brüder, muß der Lehrer im Gesetz ppo_470.010
Um Christi und der Kirche willen leiden. ppo_470.011
Deisterei macht Alt und Jung zu Heiden. ppo_470.012
O heil'ger Nepomuk, Dominicus, ppo_470.013
O Augustin, o Sanct Jgnatius, ppo_470.014
Laßt eure Söhne Gnade vor euch finden! ppo_470.015
Schützt uns den Glauben — und die fetten Pfründen! ppo_470.016
O dreimal heil'ge Jnquisition, ppo_470.017
Bist du auf ewig unsrer Erd' entflohn? ppo_470.018
O holde Himmelstochter, steig' hernieder! ppo_470.019
Bau' die in Schutt zerfall'nen Klöster wieder! ppo_470.020
Gebenedeite, komm' im Blutgewand, ppo_470.021
Mit Beil und Folterzang' in deiner Hand! ppo_470.022
Furchtbare Glaubensrächerin, erschein', ppo_470.023
Und Asche, Todtenschädel und Gebein ppo_470.024
Bezeichne deinen Schritt. O welch ein Schimmer! ppo_470.025
Du steigst herab. Ein klägliches Gewimmer ppo_470.026
Tönt aus den Grüften der Gewürgten hohl, ppo_470.027
Und dumpf entgegen dir, von Pol zu Pol. ppo_470.028
Wohin ich schau, da schlagen knatternd Flammen ppo_470.029
Rund über Ketzerleichname zusammen. ppo_470.030
Triumph! hier wird der Gottesläugner Kant, ppo_470.031
Dort Pred'ger Zöllner in Berlin verbrannt. ppo_470.032
Hier schleppt man Maimon aus der Synagoge; ppo_470.033
Dort bebt am Holzstoß Trapp der Pädagoge. ppo_470.034
Mit ihnen lodert manch verruchtes Buch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0482" n="470"/>
          <lb n="ppo_470.001"/>
          <lg>
            <l>Der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach.</l>
            <lb n="ppo_470.002"/>
            <l>Neun Monden drauf that Klärchen eine Reise;</l>
            <lb n="ppo_470.003"/>
            <l>Denn kurz &#x2014; es ging ihr nach der Weiber Weise.</l>
            <lb n="ppo_470.004"/>
            <l>Jndessen stieß kein Beichtkind sich daran.</l>
            <lb n="ppo_470.005"/>
            <l>Jch blieb ein unbescholtner, heil'ger Mann.</l>
            <lb n="ppo_470.006"/>
            <l>Nun wuchs mein Muth; nun ward ich täglich freier;</l>
            <lb n="ppo_470.007"/>
            <l>Mein Dorf gab Stoff zu süßem Abenteuer,</l>
            <lb n="ppo_470.008"/>
            <l>Und manches giftiges und faul Geschwätz,</l>
            <lb n="ppo_470.009"/>
            <l>Jhr Brüder, muß der Lehrer im Gesetz</l>
            <lb n="ppo_470.010"/>
            <l>Um Christi und der Kirche willen leiden.</l>
            <lb n="ppo_470.011"/>
            <l>Deisterei macht Alt und Jung zu Heiden.</l>
            <lb n="ppo_470.012"/>
            <l>  O heil'ger Nepomuk, Dominicus,</l>
            <lb n="ppo_470.013"/>
            <l>O Augustin, o Sanct Jgnatius,</l>
            <lb n="ppo_470.014"/>
            <l>Laßt eure Söhne Gnade vor euch finden!</l>
            <lb n="ppo_470.015"/>
            <l>Schützt uns den Glauben &#x2014; und die fetten Pfründen!</l>
            <lb n="ppo_470.016"/>
            <l>O dreimal heil'ge Jnquisition,</l>
            <lb n="ppo_470.017"/>
            <l>Bist du auf ewig unsrer Erd' entflohn?</l>
            <lb n="ppo_470.018"/>
            <l>O holde Himmelstochter, steig' hernieder!</l>
            <lb n="ppo_470.019"/>
            <l>Bau' die in Schutt zerfall'nen Klöster wieder!</l>
            <lb n="ppo_470.020"/>
            <l>Gebenedeite, komm' im Blutgewand,</l>
            <lb n="ppo_470.021"/>
            <l>Mit Beil und Folterzang' in deiner Hand!</l>
            <lb n="ppo_470.022"/>
            <l>Furchtbare Glaubensrächerin, erschein',</l>
            <lb n="ppo_470.023"/>
            <l>Und Asche, Todtenschädel und Gebein</l>
            <lb n="ppo_470.024"/>
            <l>Bezeichne deinen Schritt. O welch ein Schimmer!</l>
            <lb n="ppo_470.025"/>
            <l>Du steigst herab. Ein klägliches Gewimmer</l>
            <lb n="ppo_470.026"/>
            <l>Tönt aus den Grüften der Gewürgten hohl,</l>
            <lb n="ppo_470.027"/>
            <l>Und dumpf entgegen dir, von Pol zu Pol.</l>
            <lb n="ppo_470.028"/>
            <l>Wohin ich schau, da schlagen knatternd Flammen</l>
            <lb n="ppo_470.029"/>
            <l>Rund über Ketzerleichname zusammen.</l>
            <lb n="ppo_470.030"/>
            <l>Triumph! hier wird der Gottesläugner Kant,</l>
            <lb n="ppo_470.031"/>
            <l>Dort Pred'ger Zöllner in Berlin verbrannt.</l>
            <lb n="ppo_470.032"/>
            <l>Hier schleppt man Maimon aus der Synagoge;</l>
            <lb n="ppo_470.033"/>
            <l>Dort bebt am Holzstoß Trapp der Pädagoge.</l>
            <lb n="ppo_470.034"/>
            <l>Mit ihnen lodert manch verruchtes Buch</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[470/0482] ppo_470.001 Der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach. ppo_470.002 Neun Monden drauf that Klärchen eine Reise; ppo_470.003 Denn kurz — es ging ihr nach der Weiber Weise. ppo_470.004 Jndessen stieß kein Beichtkind sich daran. ppo_470.005 Jch blieb ein unbescholtner, heil'ger Mann. ppo_470.006 Nun wuchs mein Muth; nun ward ich täglich freier; ppo_470.007 Mein Dorf gab Stoff zu süßem Abenteuer, ppo_470.008 Und manches giftiges und faul Geschwätz, ppo_470.009 Jhr Brüder, muß der Lehrer im Gesetz ppo_470.010 Um Christi und der Kirche willen leiden. ppo_470.011 Deisterei macht Alt und Jung zu Heiden. ppo_470.012 O heil'ger Nepomuk, Dominicus, ppo_470.013 O Augustin, o Sanct Jgnatius, ppo_470.014 Laßt eure Söhne Gnade vor euch finden! ppo_470.015 Schützt uns den Glauben — und die fetten Pfründen! ppo_470.016 O dreimal heil'ge Jnquisition, ppo_470.017 Bist du auf ewig unsrer Erd' entflohn? ppo_470.018 O holde Himmelstochter, steig' hernieder! ppo_470.019 Bau' die in Schutt zerfall'nen Klöster wieder! ppo_470.020 Gebenedeite, komm' im Blutgewand, ppo_470.021 Mit Beil und Folterzang' in deiner Hand! ppo_470.022 Furchtbare Glaubensrächerin, erschein', ppo_470.023 Und Asche, Todtenschädel und Gebein ppo_470.024 Bezeichne deinen Schritt. O welch ein Schimmer! ppo_470.025 Du steigst herab. Ein klägliches Gewimmer ppo_470.026 Tönt aus den Grüften der Gewürgten hohl, ppo_470.027 Und dumpf entgegen dir, von Pol zu Pol. ppo_470.028 Wohin ich schau, da schlagen knatternd Flammen ppo_470.029 Rund über Ketzerleichname zusammen. ppo_470.030 Triumph! hier wird der Gottesläugner Kant, ppo_470.031 Dort Pred'ger Zöllner in Berlin verbrannt. ppo_470.032 Hier schleppt man Maimon aus der Synagoge; ppo_470.033 Dort bebt am Holzstoß Trapp der Pädagoge. ppo_470.034 Mit ihnen lodert manch verruchtes Buch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/482
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/482>, abgerufen am 23.11.2024.