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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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10) von Ludw. Tieck.

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Bruchstück aus der "Frühlingsreise."

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-- Nie vergißt der Frühling wieder zu kommen, ppo_439.004
Wenn Störche ziehn, wenn Schwalben auf der Wiese sind. ppo_439.005
Kaum ist dem Winter die Herrschaft genommen; ppo_439.006
So erwacht und lächelt das goldne Kind.
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Dann sucht er sein Spielzeug wieder zusammen, ppo_439.008
Das der alte Winter verlegt und verstört; ppo_439.009
Er putzt den Wald mit grünen Flammen, ppo_439.010
Der Nachtigall er die Lieder lehrt. ppo_439.011
Er rührt den Obstbaum mit röthlicher Hand; ppo_439.012
Er klettert hinauf die Aprikosenwand; ppo_439.013
Wie Schnee die Blüthe noch vor dem Blatt ausdringt; ppo_439.014
Er schüttelt froh das Köpfchen, daß ihm die Arbeit gelingt.
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Dann geht er, und schläft im waldigen Grund, ppo_439.016
Und haucht den Athem aus, den süßen; ppo_439.017
Um seinen zarten rothen Mund ppo_439.018
Jm Grase Viol' und Erdbeer sprießen. ppo_439.019
Wie röthlich und bläulich lacht ppo_439.020
Das Thal, wann er erwacht!
ppo_439.021
Jn den verschloßnen Garten ppo_439.022
Steigt er über's Gitter in Eil, ppo_439.023
Mag auf den Schlüssel nicht warten; ppo_439.024
Jhm ist keine Wand zu steil.
ppo_439.025
Er räumt den Schnee aus dem Wege, ppo_439.026
Er schneidet das Buxbaum-Gehege, ppo_439.027
Und feiert auch am Abend nicht; ppo_439.028
Er schaufelt und arbeitet im Mondenlicht.
ppo_439.029
Dann ruft er: wo säumen die Spielkameraden, ppo_439.030
Daß sie so lange in der Erde bleiben? ppo_439.031
Jch habe sie alle eingeladen, ppo_439.032
Mit ihnen die fröhliche Zeit zu vertreiben.
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Bruchstück aus der „Frühlingsreise.

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Wenn Störche ziehn, wenn Schwalben auf der Wiese sind. ppo_439.005
Kaum ist dem Winter die Herrschaft genommen; ppo_439.006
So erwacht und lächelt das goldne Kind.
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Dann sucht er sein Spielzeug wieder zusammen, ppo_439.008
Das der alte Winter verlegt und verstört; ppo_439.009
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Er rührt den Obstbaum mit röthlicher Hand; ppo_439.012
Er klettert hinauf die Aprikosenwand; ppo_439.013
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Er schüttelt froh das Köpfchen, daß ihm die Arbeit gelingt.
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Und feiert auch am Abend nicht; ppo_439.028
Er schaufelt und arbeitet im Mondenlicht.
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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/451>, abgerufen am 17.06.2024.