Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_427.001 Auf gleiche Weise gestaltet die schöpferische ppo_427.031 ppo_427.001 Auf gleiche Weise gestaltet die schöpferische ppo_427.031 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0439" n="427"/><lb n="ppo_427.001"/> daran erkannt wird, daß sie die ihr vorschwebenden <lb n="ppo_427.002"/>Gegenstände <hi rendition="#g">schildert,</hi> indem sie jeden einzelnen <lb n="ppo_427.003"/>Theil der dargestellten Form unter bestimmten <lb n="ppo_427.004"/>und lebensvollen Umrissen zeichnet und die Gesammtheit <lb n="ppo_427.005"/>dieser Theile zur Einheit der ästhetischen Form <lb n="ppo_427.006"/>erhebt; so giebt es doch auch eine selbstständige Gattung <lb n="ppo_427.007"/>der Dichtkunst, die <hi rendition="#g">dichterische Schilderung,</hi> <lb n="ppo_427.008"/>durch welche <hi rendition="#g">entweder</hi> die Erscheinungen <lb n="ppo_427.009"/>des <hi rendition="#g">äußern, oder</hi> die Erscheinungen des <hi rendition="#g">innern</hi> <lb n="ppo_427.010"/>Sinnes, nach dem innerhalb des Gefühls wahrgenommenen <lb n="ppo_427.011"/>nothwendigen Zusammenhange zwischen <lb n="ppo_427.012"/>diesen Erscheinungen, gleich einer <hi rendition="#g">plastischen</hi> Form, <lb n="ppo_427.013"/>zu einer in sich abgeschlossenen (objectiven) Einheit <lb n="ppo_427.014"/>ausgeprägt werden. — Denn dem Dichter erscheint <lb n="ppo_427.015"/>eben so die Natur- und Menschenwelt, wie die <lb n="ppo_427.016"/>Geisterwelt und die Kunstwelt, als ein in sich abgeschlossenes <lb n="ppo_427.017"/>vollendetes Ganzes. Schildert er daher, <lb n="ppo_427.018"/>im Drange seiner Gefühle, die Erscheinungen der <lb n="ppo_427.019"/>Natur (z. B. <hi rendition="#g">Opitz</hi> den Vesuv, <hi rendition="#g">Haller</hi> die Alpen, <lb n="ppo_427.020"/>v. <hi rendition="#g">Kleist</hi> den Frühling, <hi rendition="#g">Zachariä</hi> die Tageszeiten, <lb n="ppo_427.021"/><hi rendition="#g">Kosegarten</hi> Arkona, v. <hi rendition="#g">Matthisson</hi> den <lb n="ppo_427.022"/>Genfersee &c.); oder schildert er menschliche Formen, <lb n="ppo_427.023"/>oder die Regungen der Liebe; so dürfen sie nicht blos <lb n="ppo_427.024"/>nach ihren Einzelnheiten, sie müssen vielmehr nach <lb n="ppo_427.025"/>ihrer innigen und unauflöslichen Verbindung zu <lb n="ppo_427.026"/>kleinern oder größern sinnlichen Ganzen dargestellt <lb n="ppo_427.027"/>werden. So entstehen im Gebiete der Dichtkunst <lb n="ppo_427.028"/>die <hi rendition="#g">Naturgemählde,</hi> nach der Aehnlichkeit verwandter <lb n="ppo_427.029"/>Kunstformen in der Mahlerei und Bildnerei.</p> <lb n="ppo_427.030"/> <p> Auf gleiche Weise gestaltet die <hi rendition="#g">schöpferische</hi> <lb n="ppo_427.031"/>Einbildungskraft des Dichters die Ankündigungen <lb n="ppo_427.032"/>und Erscheinungen der <hi rendition="#g">übersinnlichen</hi> Welt in <lb n="ppo_427.033"/>seinem Jnnern zu einer in sich abgeschlossenen Schilderung, <lb n="ppo_427.034"/>in welcher die einzelnen Theile (Jndividuen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [427/0439]
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daran erkannt wird, daß sie die ihr vorschwebenden ppo_427.002
Gegenstände schildert, indem sie jeden einzelnen ppo_427.003
Theil der dargestellten Form unter bestimmten ppo_427.004
und lebensvollen Umrissen zeichnet und die Gesammtheit ppo_427.005
dieser Theile zur Einheit der ästhetischen Form ppo_427.006
erhebt; so giebt es doch auch eine selbstständige Gattung ppo_427.007
der Dichtkunst, die dichterische Schilderung, ppo_427.008
durch welche entweder die Erscheinungen ppo_427.009
des äußern, oder die Erscheinungen des innern ppo_427.010
Sinnes, nach dem innerhalb des Gefühls wahrgenommenen ppo_427.011
nothwendigen Zusammenhange zwischen ppo_427.012
diesen Erscheinungen, gleich einer plastischen Form, ppo_427.013
zu einer in sich abgeschlossenen (objectiven) Einheit ppo_427.014
ausgeprägt werden. — Denn dem Dichter erscheint ppo_427.015
eben so die Natur- und Menschenwelt, wie die ppo_427.016
Geisterwelt und die Kunstwelt, als ein in sich abgeschlossenes ppo_427.017
vollendetes Ganzes. Schildert er daher, ppo_427.018
im Drange seiner Gefühle, die Erscheinungen der ppo_427.019
Natur (z. B. Opitz den Vesuv, Haller die Alpen, ppo_427.020
v. Kleist den Frühling, Zachariä die Tageszeiten, ppo_427.021
Kosegarten Arkona, v. Matthisson den ppo_427.022
Genfersee &c.); oder schildert er menschliche Formen, ppo_427.023
oder die Regungen der Liebe; so dürfen sie nicht blos ppo_427.024
nach ihren Einzelnheiten, sie müssen vielmehr nach ppo_427.025
ihrer innigen und unauflöslichen Verbindung zu ppo_427.026
kleinern oder größern sinnlichen Ganzen dargestellt ppo_427.027
werden. So entstehen im Gebiete der Dichtkunst ppo_427.028
die Naturgemählde, nach der Aehnlichkeit verwandter ppo_427.029
Kunstformen in der Mahlerei und Bildnerei.
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Auf gleiche Weise gestaltet die schöpferische ppo_427.031
Einbildungskraft des Dichters die Ankündigungen ppo_427.032
und Erscheinungen der übersinnlichen Welt in ppo_427.033
seinem Jnnern zu einer in sich abgeschlossenen Schilderung, ppo_427.034
in welcher die einzelnen Theile (Jndividuen,
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