Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_323.001
Aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen, ppo_323.002
Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen ppo_323.003
Lust und Entsetzen und grimmige Pein.
ppo_323.004
Und er küßt die bunten Wangen, ppo_323.005
Und sie fühlt der Liebe Qual, ppo_323.006
Und das Mädchen steht gefangen, ppo_323.007
Und sie weint zum erstenmal; ppo_323.008
Sinkt zu seinen Füßen nieder, ppo_323.009
Nicht um Wollust noch Gewinnst, ppo_323.010
Ach! und die gelenken Glieder, ppo_323.011
Sie versagen allen Dienst. ppo_323.012
Und so zu des Lagers vergnüglicher Feier ppo_323.013
Bereiten den dunkeln behaglichen Schleier ppo_323.014
Die nächtlichen Stunden das schöne Gespinnst.
ppo_323.015
Spät entschlummert, unter Scherzen, ppo_323.016
Früh erwacht, nach kurzer Rast, ppo_323.017
Findet sie, an ihrem Herzen, ppo_323.018
Todt den vielgeliebten Gast. ppo_323.019
Schreiend stürzt sie auf ihn nieder; ppo_323.020
Aber nicht erweckt sie ihn, ppo_323.021
Und man trägt die starren Glieder ppo_323.022
Bald zur Flammengrube hin. ppo_323.023
Sie höret die Priester, die Todtengesänge, ppo_323.024
Sie raset und rennet, und theilet die Menge. ppo_323.025
Wer bist du? was drängt zu der Grube dich hin?
ppo_323.026
Bei der Bahre stürzt sie nieder, ppo_323.027
Jhr Geschrei durchdringt die Luft: ppo_323.028
Meinen Gatten will ich wieder! ppo_323.029
Und ich such' ihn in der Gruft. ppo_323.030
Soll zu Asche mir zerfallen ppo_323.031
Diefer Glieder Götterpracht? ppo_323.032
Mein! er war es, mein vor allen! ppo_323.033
Ach, nur Eine süße Nacht!
ppo_323.001
Aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen, ppo_323.002
Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen ppo_323.003
Lust und Entsetzen und grimmige Pein.
ppo_323.004
Und er küßt die bunten Wangen, ppo_323.005
Und sie fühlt der Liebe Qual, ppo_323.006
Und das Mädchen steht gefangen, ppo_323.007
Und sie weint zum erstenmal; ppo_323.008
Sinkt zu seinen Füßen nieder, ppo_323.009
Nicht um Wollust noch Gewinnst, ppo_323.010
Ach! und die gelenken Glieder, ppo_323.011
Sie versagen allen Dienst. ppo_323.012
Und so zu des Lagers vergnüglicher Feier ppo_323.013
Bereiten den dunkeln behaglichen Schleier ppo_323.014
Die nächtlichen Stunden das schöne Gespinnst.
ppo_323.015
Spät entschlummert, unter Scherzen, ppo_323.016
Früh erwacht, nach kurzer Rast, ppo_323.017
Findet sie, an ihrem Herzen, ppo_323.018
Todt den vielgeliebten Gast. ppo_323.019
Schreiend stürzt sie auf ihn nieder; ppo_323.020
Aber nicht erweckt sie ihn, ppo_323.021
Und man trägt die starren Glieder ppo_323.022
Bald zur Flammengrube hin. ppo_323.023
Sie höret die Priester, die Todtengesänge, ppo_323.024
Sie raset und rennet, und theilet die Menge. ppo_323.025
Wer bist du? was drängt zu der Grube dich hin?
ppo_323.026
Bei der Bahre stürzt sie nieder, ppo_323.027
Jhr Geschrei durchdringt die Luft: ppo_323.028
Meinen Gatten will ich wieder! ppo_323.029
Und ich such' ihn in der Gruft. ppo_323.030
Soll zu Asche mir zerfallen ppo_323.031
Diefer Glieder Götterpracht? ppo_323.032
Mein! er war es, mein vor allen! ppo_323.033
Ach, nur Eine süße Nacht!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0335" n="323"/>
          <lb n="ppo_323.001"/>
          <lg>
            <l>Aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen,</l>
            <lb n="ppo_323.002"/>
            <l>Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen</l>
            <lb n="ppo_323.003"/>
            <l>Lust und Entsetzen und grimmige Pein. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_323.004"/>
          <lg>
            <l>Und er küßt die bunten Wangen,</l>
            <lb n="ppo_323.005"/>
            <l>Und sie fühlt der Liebe Qual,</l>
            <lb n="ppo_323.006"/>
            <l>Und das Mädchen steht gefangen,</l>
            <lb n="ppo_323.007"/>
            <l>Und sie weint zum erstenmal;</l>
            <lb n="ppo_323.008"/>
            <l>Sinkt zu seinen Füßen nieder,</l>
            <lb n="ppo_323.009"/>
            <l>Nicht um Wollust noch Gewinnst,</l>
            <lb n="ppo_323.010"/>
            <l>Ach! und die gelenken Glieder,</l>
            <lb n="ppo_323.011"/>
            <l>Sie versagen allen Dienst.</l>
            <lb n="ppo_323.012"/>
            <l>Und so zu des Lagers vergnüglicher Feier</l>
            <lb n="ppo_323.013"/>
            <l>Bereiten den dunkeln behaglichen Schleier</l>
            <lb n="ppo_323.014"/>
            <l>Die nächtlichen Stunden das schöne Gespinnst. </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_323.015"/>
          <lg>
            <l>Spät entschlummert, unter Scherzen,</l>
            <lb n="ppo_323.016"/>
            <l>Früh erwacht, nach kurzer Rast,</l>
            <lb n="ppo_323.017"/>
            <l>Findet sie, an ihrem Herzen,</l>
            <lb n="ppo_323.018"/>
            <l><hi rendition="#g">Todt</hi> den vielgeliebten Gast.</l>
            <lb n="ppo_323.019"/>
            <l>Schreiend stürzt sie auf ihn nieder;</l>
            <lb n="ppo_323.020"/>
            <l>Aber nicht erweckt sie ihn,</l>
            <lb n="ppo_323.021"/>
            <l>Und man trägt die starren Glieder</l>
            <lb n="ppo_323.022"/>
            <l>Bald zur Flammengrube hin.</l>
            <lb n="ppo_323.023"/>
            <l>Sie höret die Priester, die Todtengesänge,</l>
            <lb n="ppo_323.024"/>
            <l>Sie raset und rennet, und theilet die Menge.</l>
            <lb n="ppo_323.025"/>
            <l>Wer bist du? was drängt zu der Grube dich hin? </l>
          </lg>
          <lb n="ppo_323.026"/>
          <lg>
            <l>Bei der Bahre stürzt sie nieder,</l>
            <lb n="ppo_323.027"/>
            <l>Jhr Geschrei durchdringt die Luft:</l>
            <lb n="ppo_323.028"/>
            <l>Meinen Gatten will ich wieder!</l>
            <lb n="ppo_323.029"/>
            <l>Und ich such' ihn in der Gruft.</l>
            <lb n="ppo_323.030"/>
            <l>Soll zu Asche mir zerfallen</l>
            <lb n="ppo_323.031"/>
            <l>Diefer Glieder Götterpracht?</l>
            <lb n="ppo_323.032"/>
            <l>Mein! er war es, mein vor allen!</l>
            <lb n="ppo_323.033"/>
            <l>Ach, nur Eine süße Nacht!</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0335] ppo_323.001 Aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen, ppo_323.002 Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen ppo_323.003 Lust und Entsetzen und grimmige Pein. ppo_323.004 Und er küßt die bunten Wangen, ppo_323.005 Und sie fühlt der Liebe Qual, ppo_323.006 Und das Mädchen steht gefangen, ppo_323.007 Und sie weint zum erstenmal; ppo_323.008 Sinkt zu seinen Füßen nieder, ppo_323.009 Nicht um Wollust noch Gewinnst, ppo_323.010 Ach! und die gelenken Glieder, ppo_323.011 Sie versagen allen Dienst. ppo_323.012 Und so zu des Lagers vergnüglicher Feier ppo_323.013 Bereiten den dunkeln behaglichen Schleier ppo_323.014 Die nächtlichen Stunden das schöne Gespinnst. ppo_323.015 Spät entschlummert, unter Scherzen, ppo_323.016 Früh erwacht, nach kurzer Rast, ppo_323.017 Findet sie, an ihrem Herzen, ppo_323.018 Todt den vielgeliebten Gast. ppo_323.019 Schreiend stürzt sie auf ihn nieder; ppo_323.020 Aber nicht erweckt sie ihn, ppo_323.021 Und man trägt die starren Glieder ppo_323.022 Bald zur Flammengrube hin. ppo_323.023 Sie höret die Priester, die Todtengesänge, ppo_323.024 Sie raset und rennet, und theilet die Menge. ppo_323.025 Wer bist du? was drängt zu der Grube dich hin? ppo_323.026 Bei der Bahre stürzt sie nieder, ppo_323.027 Jhr Geschrei durchdringt die Luft: ppo_323.028 Meinen Gatten will ich wieder! ppo_323.029 Und ich such' ihn in der Gruft. ppo_323.030 Soll zu Asche mir zerfallen ppo_323.031 Diefer Glieder Götterpracht? ppo_323.032 Mein! er war es, mein vor allen! ppo_323.033 Ach, nur Eine süße Nacht!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/335
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/335>, abgerufen am 25.11.2024.