Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_225.001 Jn ihm besteht mein Leben; doch seiner Hütte Staub, ppo_225.002 ppo_225.003Sey, wenn mein Schicksal winket, der Elemente Raub! 4) von Joh. Phil. Lorenz Withof (+ 1789). ppo_225.004Sokrates, oder von der Schönheit. ppo_225.005 -- -- Licht! Schönheit! höchster Plan! Natur! ppo_225.007 ppo_225.017Selbstständig Wesen! ppo_225.008 Geist! oder was du dir für Namen auserlesen; ppo_225.009 Beweger! Tugend! Kraft! Du, die in allem lebt! ppo_225.010 Wie stark bist du? wie groß? wie vielfach ausgegossen? ppo_225.011 Auch ich bin deiner Art und aus dir ausgeflossen, ppo_225.012 Und fließ' in dich zurück, wann sich mein Geist erhebt. ppo_225.013 Ach, ich bescheide mich und decke meine Blöße; ppo_225.014 Um dich allein gefall' ich mir, ppo_225.015 Nur blos ein Theil der ungeheuern Größe, ppo_225.016 Ein Theil, jedoch ein Theil von dir. Ganz herrlich, ewig jung, nie fähig zum Veralten ppo_225.018 ppo_225.027Jn täglich sterbenden, stets werdenden Gestalten, ppo_225.019 Bleibst du das, was du warst, stets voll und immer neu. ppo_225.020 Hier treten Wesen auf, dort gehen Wesen unter; ppo_225.021 Du tilgst und zeugest stets; stets wirkend und stets munter, ppo_225.022 Sorgst du, daß jeder Tod ein Brunn des Lebens sey. ppo_225.023 Dort schwind't die flücht'ge Pracht der abgelebten Floren; ppo_225.024 Doch Floren folgt Pomona nach; ppo_225.025 Und jene wird von dieser neu gebohren, ppo_225.026 Das Grabmal wird ein Brautgemach. Wann unsre Geister sich mit reiner Tugend gatten, ppo_225.028
Verschwind't der Liljen Glanz gleich überstralten Schatten, ppo_225.029 Und lüstern lauschen sie nach unsrer Herrlichkeit. ppo_225.030 Die stille Majestät vollkommen guter Thaten, ppo_225.031 Die mehr durch Tugend uns, als sich mit Stolz berathen, ppo_225.001 Jn ihm besteht mein Leben; doch seiner Hütte Staub, ppo_225.002 ppo_225.003Sey, wenn mein Schicksal winket, der Elemente Raub! 4) von Joh. Phil. Lorenz Withof († 1789). ppo_225.004Sokrates, oder von der Schönheit. ppo_225.005 — — Licht! Schönheit! höchster Plan! Natur! ppo_225.007 ppo_225.017Selbstständig Wesen! ppo_225.008 Geist! oder was du dir für Namen auserlesen; ppo_225.009 Beweger! Tugend! Kraft! Du, die in allem lebt! ppo_225.010 Wie stark bist du? wie groß? wie vielfach ausgegossen? ppo_225.011 Auch ich bin deiner Art und aus dir ausgeflossen, ppo_225.012 Und fließ' in dich zurück, wann sich mein Geist erhebt. ppo_225.013 Ach, ich bescheide mich und decke meine Blöße; ppo_225.014 Um dich allein gefall' ich mir, ppo_225.015 Nur blos ein Theil der ungeheuern Größe, ppo_225.016 Ein Theil, jedoch ein Theil von dir. Ganz herrlich, ewig jung, nie fähig zum Veralten ppo_225.018 ppo_225.027Jn täglich sterbenden, stets werdenden Gestalten, ppo_225.019 Bleibst du das, was du warst, stets voll und immer neu. ppo_225.020 Hier treten Wesen auf, dort gehen Wesen unter; ppo_225.021 Du tilgst und zeugest stets; stets wirkend und stets munter, ppo_225.022 Sorgst du, daß jeder Tod ein Brunn des Lebens sey. ppo_225.023 Dort schwind't die flücht'ge Pracht der abgelebten Floren; ppo_225.024 Doch Floren folgt Pomona nach; ppo_225.025 Und jene wird von dieser neu gebohren, ppo_225.026 Das Grabmal wird ein Brautgemach. Wann unsre Geister sich mit reiner Tugend gatten, ppo_225.028
Verschwind't der Liljen Glanz gleich überstralten Schatten, ppo_225.029 Und lüstern lauschen sie nach unsrer Herrlichkeit. ppo_225.030 Die stille Majestät vollkommen guter Thaten, ppo_225.031 Die mehr durch Tugend uns, als sich mit Stolz berathen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0237" n="225"/> <lb n="ppo_225.001"/> <lg> <l>Jn ihm besteht mein Leben; doch seiner Hütte Staub,</l> <lb n="ppo_225.002"/> <l>Sey, wenn mein Schicksal winket, der Elemente Raub!</l> </lg> <lb n="ppo_225.003"/> <p> <hi rendition="#et"> 4) von Joh. Phil. Lorenz <hi rendition="#g">Withof</hi> († 1789).</hi> </p> <lb n="ppo_225.004"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sokrates, oder von der Schönheit.</hi><lb n="ppo_225.005"/>(bereits 1755 erschienen.)</hi> </p> <lb n="ppo_225.006"/> <lg> <l> — — Licht! Schönheit! höchster Plan! Natur!</l> <lb n="ppo_225.007"/> <l> <hi rendition="#right">Selbstständig Wesen!</hi> </l> <lb n="ppo_225.008"/> <l>Geist! oder was du dir für Namen auserlesen;</l> <lb n="ppo_225.009"/> <l>Beweger! Tugend! Kraft! Du, die in allem lebt!</l> <lb n="ppo_225.010"/> <l>Wie stark bist du? wie groß? wie vielfach ausgegossen?</l> <lb n="ppo_225.011"/> <l>Auch ich bin deiner Art und aus dir ausgeflossen,</l> <lb n="ppo_225.012"/> <l>Und fließ' in dich zurück, wann sich mein Geist erhebt.</l> <lb n="ppo_225.013"/> <l>Ach, ich bescheide mich und decke meine Blöße;</l> <lb n="ppo_225.014"/> <l>Um dich allein gefall' ich mir,</l> <lb n="ppo_225.015"/> <l>Nur blos ein Theil der ungeheuern Größe,</l> <lb n="ppo_225.016"/> <l>Ein Theil, jedoch ein Theil von dir. </l> </lg> <lb n="ppo_225.017"/> <lg> <l> Ganz herrlich, ewig jung, nie fähig zum Veralten</l> <lb n="ppo_225.018"/> <l>Jn täglich sterbenden, stets werdenden Gestalten,</l> <lb n="ppo_225.019"/> <l>Bleibst du das, was du warst, stets voll und immer neu.</l> <lb n="ppo_225.020"/> <l>Hier treten Wesen auf, dort gehen Wesen unter;</l> <lb n="ppo_225.021"/> <l>Du tilgst und zeugest stets; stets wirkend und stets munter,</l> <lb n="ppo_225.022"/> <l>Sorgst du, daß jeder Tod ein Brunn des Lebens sey.</l> <lb n="ppo_225.023"/> <l>Dort schwind't die flücht'ge Pracht der abgelebten Floren;</l> <lb n="ppo_225.024"/> <l>Doch Floren folgt Pomona nach;</l> <lb n="ppo_225.025"/> <l>Und jene wird von dieser neu gebohren,</l> <lb n="ppo_225.026"/> <l>Das Grabmal wird ein Brautgemach. </l> </lg> <lb n="ppo_225.027"/> <lg> <l> Wann unsre Geister sich mit reiner Tugend gatten,</l> <lb n="ppo_225.028"/> <l>Verschwind't der Liljen Glanz gleich überstralten Schatten,</l> <lb n="ppo_225.029"/> <l>Und lüstern lauschen sie nach unsrer Herrlichkeit.</l> <lb n="ppo_225.030"/> <l>Die stille Majestät vollkommen guter Thaten,</l> <lb n="ppo_225.031"/> <l>Die mehr durch Tugend uns, als sich mit Stolz berathen,</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [225/0237]
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Jn ihm besteht mein Leben; doch seiner Hütte Staub, ppo_225.002
Sey, wenn mein Schicksal winket, der Elemente Raub!
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4) von Joh. Phil. Lorenz Withof († 1789).
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Sokrates, oder von der Schönheit. ppo_225.005
(bereits 1755 erschienen.)
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/237>, abgerufen am 17.07.2024. |