Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877. Herzog. Schweigt Alle und hört! -- Jch bin des Gaues Herzog; aber vor Gott bin ich nicht besser, als Jhr alle. Wahrheit und Gerechtigkeit müssen sein, und da ist kein Unterschied auf Erden. Es ist wahr, daß ich beiläufig vor so viel Jahren ein armes Kindlein im Finsterwalde, wo ich jagend ritt, ver- lassen fand und zu mir nahm, aus Mitleiden und weil mir das Mägdlein gefiel. Und Niemand war bei mir als Wolfram, damals mein Waidmann's Knappe. Berthalda. Und wenn auch! Wo ist der Beweis, daß ich die Tochter dieser schlechten Leute sein soll? Undine. Jhr seid ja die einzig angenommene Tochter des Herzogs. Herzog. Bei Gott, ich kann es nicht leugnen. Es ist also. Martha. Jch bitte Euch, betrachtet Eure linke Schulter, darauf muß ein Muttermal sein, wie ein Kreuzlein. Herzog. Seht, seht! es ist so, wie das Weib sagt! 4*
Herzog. Schweigt Alle und hört! — Jch bin des Gaues Herzog; aber vor Gott bin ich nicht beſſer, als Jhr alle. Wahrheit und Gerechtigkeit müſſen ſein, und da iſt kein Unterſchied auf Erden. Es iſt wahr, daß ich beiläufig vor ſo viel Jahren ein armes Kindlein im Finſterwalde, wo ich jagend ritt, ver- laſſen fand und zu mir nahm, aus Mitleiden und weil mir das Mägdlein gefiel. Und Niemand war bei mir als Wolfram, damals mein Waidmann’s Knappe. Berthalda. Und wenn auch! Wo iſt der Beweis, daß ich die Tochter dieſer ſchlechten Leute ſein ſoll? Undine. Jhr ſeid ja die einzig angenommene Tochter des Herzogs. Herzog. Bei Gott, ich kann es nicht leugnen. Es iſt alſo. Martha. Jch bitte Euch, betrachtet Eure linke Schulter, darauf muß ein Muttermal ſein, wie ein Kreuzlein. Herzog. Seht, ſeht! es iſt ſo, wie das Weib ſagt! 4*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0089" n="51"/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Herzog.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Schweigt Alle und hört! — Jch bin des Gaues<lb/> Herzog; aber vor Gott bin ich nicht beſſer, als Jhr<lb/> alle. Wahrheit und Gerechtigkeit müſſen ſein, und<lb/> da iſt kein Unterſchied auf Erden. Es iſt wahr,<lb/> daß ich beiläufig vor ſo viel Jahren ein armes<lb/> Kindlein im Finſterwalde, wo ich jagend ritt, ver-<lb/> laſſen fand und zu mir nahm, aus Mitleiden und<lb/> weil mir das Mägdlein gefiel. Und Niemand war<lb/> bei mir als Wolfram, damals mein Waidmann’s<lb/> Knappe.</p> </sp><lb/> <sp who="#BERT"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Berthalda.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Und wenn auch! Wo iſt der Beweis, daß ich<lb/> die Tochter dieſer ſchlechten Leute ſein ſoll?</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jhr ſeid ja die einzig angenommene Tochter<lb/> des Herzogs.</p> </sp><lb/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Herzog.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Bei Gott, ich kann es nicht leugnen. Es iſt <hi rendition="#g">alſo.</hi></p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Martha.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch bitte Euch, betrachtet Eure linke Schulter,<lb/> darauf muß ein Muttermal ſein, wie ein Kreuzlein.</p> </sp><lb/> <sp who="#HERZ"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Herzog.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Seht, ſeht! es iſt ſo, wie das Weib ſagt!</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="sig">4*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0089]
Herzog.
Schweigt Alle und hört! — Jch bin des Gaues
Herzog; aber vor Gott bin ich nicht beſſer, als Jhr
alle. Wahrheit und Gerechtigkeit müſſen ſein, und
da iſt kein Unterſchied auf Erden. Es iſt wahr,
daß ich beiläufig vor ſo viel Jahren ein armes
Kindlein im Finſterwalde, wo ich jagend ritt, ver-
laſſen fand und zu mir nahm, aus Mitleiden und
weil mir das Mägdlein gefiel. Und Niemand war
bei mir als Wolfram, damals mein Waidmann’s
Knappe.
Berthalda.
Und wenn auch! Wo iſt der Beweis, daß ich
die Tochter dieſer ſchlechten Leute ſein ſoll?
Undine.
Jhr ſeid ja die einzig angenommene Tochter
des Herzogs.
Herzog.
Bei Gott, ich kann es nicht leugnen. Es iſt alſo.
Martha.
Jch bitte Euch, betrachtet Eure linke Schulter,
darauf muß ein Muttermal ſein, wie ein Kreuzlein.
Herzog.
Seht, ſeht! es iſt ſo, wie das Weib ſagt!
4*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/89 |
Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/89>, abgerufen am 20.07.2024. |