Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877. Undine. Das ist die Frage; denn es könnte eine Stunde kommen, in der Du etwa sagen würdest: "ich will nichts mehr von Dir wissen -- fort mit Dir!" -- Huldbrand. Halt ein, versündige Dich nicht an meiner Liebe, an unserm Heiligthum! Undine. Wirst Du mich also niemals verstoßen? Huldbrand. Niemals! -- niemals, wie kömmst Du zu solch' einer Frage? Undine. Darum, weil, wenn es geschähe -- ich in den tiefsten Abgrund stürzte -- -- Huldbrand. Schweige, ich bitte Dich von solchen Dingen. Undine. Nun denn, so höre: Jch bin eine Nixe dieses See's. Seelenlos wäre ich noch in der Fluthen Tiefe, hätte mich nicht Menschenliebe aufgenommen, und untergehen müßte ich wieder, bliebe ich nicht für immer mit Menschenliebe verbunden. Solche Wandelung ist uns gestattet. Wenn aber jemals Undine. Das iſt die Frage; denn es könnte eine Stunde kommen, in der Du etwa ſagen würdeſt: „ich will nichts mehr von Dir wiſſen — fort mit Dir!‟ — Huldbrand. Halt ein, verſündige Dich nicht an meiner Liebe, an unſerm Heiligthum! Undine. Wirſt Du mich alſo niemals verſtoßen? Huldbrand. Niemals! — niemals, wie kömmſt Du zu ſolch’ einer Frage? Undine. Darum, weil, wenn es geſchähe — ich in den tiefſten Abgrund ſtürzte — — Huldbrand. Schweige, ich bitte Dich von ſolchen Dingen. Undine. Nun denn, ſo höre: Jch bin eine Nixe dieſes See’s. Seelenlos wäre ich noch in der Fluthen Tiefe, hätte mich nicht Menſchenliebe aufgenommen, und untergehen müßte ich wieder, bliebe ich nicht für immer mit Menſchenliebe verbunden. Solche Wandelung iſt uns geſtattet. Wenn aber jemals <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0066" n="28"/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Das iſt die Frage; denn es könnte eine Stunde<lb/> kommen, in der Du etwa ſagen würdeſt: „ich will<lb/> nichts mehr von Dir wiſſen — fort mit Dir!‟ —</p> </sp><lb/> <sp who="#HUL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Huldbrand.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Halt ein, verſündige Dich nicht an meiner Liebe,<lb/> an unſerm Heiligthum!</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Wirſt Du mich alſo niemals verſtoßen?</p> </sp><lb/> <sp who="#HUL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Huldbrand.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Niemals! — niemals, wie kömmſt Du zu ſolch’<lb/> einer Frage?</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Darum, weil, wenn es geſchähe — ich in den<lb/> tiefſten Abgrund ſtürzte — —</p> </sp><lb/> <sp who="#HUL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Huldbrand.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Schweige, ich bitte Dich von ſolchen Dingen.</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Nun denn, ſo höre: Jch bin eine Nixe dieſes<lb/> See’s. Seelenlos wäre ich noch in der Fluthen<lb/> Tiefe, hätte mich nicht Menſchenliebe aufgenommen,<lb/> und untergehen müßte ich wieder, bliebe ich nicht<lb/> für immer mit Menſchenliebe verbunden. Solche<lb/> Wandelung iſt uns geſtattet. Wenn aber jemals<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0066]
Undine.
Das iſt die Frage; denn es könnte eine Stunde
kommen, in der Du etwa ſagen würdeſt: „ich will
nichts mehr von Dir wiſſen — fort mit Dir!‟ —
Huldbrand.
Halt ein, verſündige Dich nicht an meiner Liebe,
an unſerm Heiligthum!
Undine.
Wirſt Du mich alſo niemals verſtoßen?
Huldbrand.
Niemals! — niemals, wie kömmſt Du zu ſolch’
einer Frage?
Undine.
Darum, weil, wenn es geſchähe — ich in den
tiefſten Abgrund ſtürzte — —
Huldbrand.
Schweige, ich bitte Dich von ſolchen Dingen.
Undine.
Nun denn, ſo höre: Jch bin eine Nixe dieſes
See’s. Seelenlos wäre ich noch in der Fluthen
Tiefe, hätte mich nicht Menſchenliebe aufgenommen,
und untergehen müßte ich wieder, bliebe ich nicht
für immer mit Menſchenliebe verbunden. Solche
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Zitationshilfe: | Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/66>, abgerufen am 20.07.2024. |