Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
der Mensch alleweil die Erinnerung vor Augen habe,
daß er selber nix als Staub und Aschen ist. Meine
muralische Betrachtung geht aber dahin aus:

(singt:)
Man sollte gar nicht mehr abstauben,
Weil wir daran nur müssen glauben,
Daß Staub wir sind bis über d'Ohren,
Zu Aschen wird, was je geboren.
Doch Eines muß ich stets beachten
Und täglich bei mir selbst betrachten:
Den Staub löscht man auf allen Straßen,
Die man bespritzt mit Etwas Nassen.
Drum weil ich, Mensch, aus Staub bestehe,
Jst's Pflicht daß ich in's Wirthshaus gehe,
Den Staub zu löschen und die Aschen,
So nacheinander aus der Flaschen.
Da heißt's alleweil: der Casperl thut nix als
saufen, ja -- weil niemand den wahren Grund
dieser meiner unausgesetzten Thätigkeit einsieht. Das
Trinken oder Durstlöschen ist eigentlich nur das
memento muri, daß der Mensch Staub ist und
der Menſch alleweil die Erinnerung vor Augen habe,
daß er ſelber nix als Staub und Aſchen iſt. Meine
muraliſche Betrachtung geht aber dahin aus:

(ſingt:)
Man ſollte gar nicht mehr abſtauben,
Weil wir daran nur müſſen glauben,
Daß Staub wir ſind bis über d’Ohren,
Zu Aſchen wird, was je geboren.
Doch Eines muß ich ſtets beachten
Und täglich bei mir ſelbſt betrachten:
Den Staub löſcht man auf allen Straßen,
Die man beſpritzt mit Etwas Naſſen.
Drum weil ich, Menſch, aus Staub beſtehe,
Jſt’s Pflicht daß ich in’s Wirthshaus gehe,
Den Staub zu löſchen und die Aſchen,
So nacheinander aus der Flaſchen.
Da heißt’s alleweil: der Casperl thut nix als
ſaufen, ja — weil niemand den wahren Grund
dieſer meiner unausgeſetzten Thätigkeit einſieht. Das
Trinken oder Durſtlöſchen iſt eigentlich nur das
memento muri, daß der Menſch Staub iſt und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#CASPERL">
            <p><pb facs="#f0175" n="169"/>
der Men&#x017F;ch alleweil die Erinnerung vor Augen habe,<lb/>
daß er &#x017F;elber nix als Staub und A&#x017F;chen i&#x017F;t. Meine<lb/>
murali&#x017F;che Betrachtung geht aber dahin aus:</p><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(&#x017F;ingt:)</hi> </stage><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Man &#x017F;ollte gar nicht mehr ab&#x017F;tauben,</l><lb/>
                <l>Weil wir daran nur mü&#x017F;&#x017F;en glauben,</l><lb/>
                <l>Daß Staub wir &#x017F;ind bis über d&#x2019;Ohren,</l><lb/>
                <l>Zu A&#x017F;chen wird, was je geboren.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Doch Eines muß ich &#x017F;tets beachten</l><lb/>
                <l>Und täglich bei mir &#x017F;elb&#x017F;t betrachten:</l><lb/>
                <l>Den Staub lö&#x017F;cht man auf allen Straßen,</l><lb/>
                <l>Die man be&#x017F;pritzt mit Etwas Na&#x017F;&#x017F;en.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Drum weil ich, Men&#x017F;ch, aus Staub be&#x017F;tehe,</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t&#x2019;s Pflicht daß ich in&#x2019;s Wirthshaus gehe,</l><lb/>
                <l>Den Staub zu lö&#x017F;chen und die A&#x017F;chen,</l><lb/>
                <l>So nacheinander aus der Fla&#x017F;chen.</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <p>Da heißt&#x2019;s alleweil: der Casperl thut nix als<lb/>
&#x017F;aufen, ja &#x2014; weil niemand den wahren Grund<lb/>
die&#x017F;er meiner unausge&#x017F;etzten Thätigkeit ein&#x017F;ieht. Das<lb/>
Trinken oder Dur&#x017F;tlö&#x017F;chen i&#x017F;t eigentlich nur das<lb/><hi rendition="#aq">memento muri,</hi> daß der Men&#x017F;ch Staub i&#x017F;t und<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0175] der Menſch alleweil die Erinnerung vor Augen habe, daß er ſelber nix als Staub und Aſchen iſt. Meine muraliſche Betrachtung geht aber dahin aus: (ſingt:) Man ſollte gar nicht mehr abſtauben, Weil wir daran nur müſſen glauben, Daß Staub wir ſind bis über d’Ohren, Zu Aſchen wird, was je geboren. Doch Eines muß ich ſtets beachten Und täglich bei mir ſelbſt betrachten: Den Staub löſcht man auf allen Straßen, Die man beſpritzt mit Etwas Naſſen. Drum weil ich, Menſch, aus Staub beſtehe, Jſt’s Pflicht daß ich in’s Wirthshaus gehe, Den Staub zu löſchen und die Aſchen, So nacheinander aus der Flaſchen. Da heißt’s alleweil: der Casperl thut nix als ſaufen, ja — weil niemand den wahren Grund dieſer meiner unausgeſetzten Thätigkeit einſieht. Das Trinken oder Durſtlöſchen iſt eigentlich nur das memento muri, daß der Menſch Staub iſt und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/175
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/175>, abgerufen am 25.11.2024.