Platen, August von: Der romantische Oedipus. Stuttgart u. a., 1829. Erste Hebamme. In der ersten Eile wurden tausend Stück herbeigerafft, Nebst Philosophien für Kinder, unter andern die von Fries, Der den deutschen Waisenhäusern diesen großen Dienst erwies. Jokaste. Wehe mir! Hinweg aus meinen Haaren, schaudervolles Thier! Zweite Hebamme. Was befiel die Königin? Erste Hebamme. Was ist geschehen? Jokaste. Siehst du hier Nicht die Fledermaus, die eifrig zwischen meinen Locken pfuscht, Da sie durch das offne Fenster abendlich hereingehuscht? Erste Hebamme. Schnell heraus mit ihr! Jokaste. Vergebens! Sie verwirrt sich im Genick. Zweite Hebamme. Böses Omen! Jokaste. Und gerad' in diesem schwangern Augenblick! Sendet nach Berlin, nach Doktor Raupels ärztlichem Beschluß, Wie man's etwa bei so trag'schen Fehlgeburten machen muß? Zweite Hebamme. Jener, heißt's, ist im Begriffe nach Sibirien zu gehn. Erste Hebamme. Will die Fledermaus am Ende blos vielleicht Gevatter stehn? Jokaste. Wehe mir, es naht die Stunde, meiner Last zu werden quitt, Erſte Hebamme. In der erſten Eile wurden tauſend Stuͤck herbeigerafft, Nebſt Philoſophien fuͤr Kinder, unter andern die von Fries, Der den deutſchen Waiſenhaͤuſern dieſen großen Dienſt erwies. Jokaſte. Wehe mir! Hinweg aus meinen Haaren, ſchaudervolles Thier! Zweite Hebamme. Was befiel die Koͤnigin? Erſte Hebamme. Was iſt geſchehen? Jokaſte. Siehſt du hier Nicht die Fledermaus, die eifrig zwiſchen meinen Locken pfuſcht, Da ſie durch das offne Fenſter abendlich hereingehuſcht? Erſte Hebamme. Schnell heraus mit ihr! Jokaſte. Vergebens! Sie verwirrt ſich im Genick. Zweite Hebamme. Boͤſes Omen! Jokaſte. Und gerad' in dieſem ſchwangern Augenblick! Sendet nach Berlin, nach Doktor Raupels aͤrztlichem Beſchluß, Wie man's etwa bei ſo trag'ſchen Fehlgeburten machen muß? Zweite Hebamme. Jener, heißt's, iſt im Begriffe nach Sibirien zu gehn. Erſte Hebamme. Will die Fledermaus am Ende blos vielleicht Gevatter ſtehn? Jokaſte. Wehe mir, es naht die Stunde, meiner Laſt zu werden quitt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0026" n="20"/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Erſte Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>In der erſten Eile wurden tauſend Stuͤck herbeigerafft,<lb/> Nebſt Philoſophien fuͤr Kinder, unter andern die von Fries,<lb/> Der den deutſchen Waiſenhaͤuſern dieſen großen Dienſt erwies.</p> </sp><lb/> <sp who="#JOK"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jokaſte</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Wehe mir! Hinweg aus meinen Haaren, ſchaudervolles Thier!</p> </sp><lb/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Zweite Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Was befiel die Koͤnigin?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Erſte Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Was iſt geſchehen?</p> </sp><lb/> <sp who="#JOK"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jokaſte</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Siehſt du hier<lb/> Nicht die Fledermaus, die eifrig zwiſchen meinen Locken<lb/> pfuſcht,<lb/> Da ſie durch das offne Fenſter abendlich hereingehuſcht?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Erſte Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Schnell heraus mit ihr!</p> </sp><lb/> <sp who="#JOK"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jokaſte</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Vergebens! Sie verwirrt ſich im Genick.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Zweite Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Boͤſes Omen!</p> </sp><lb/> <sp who="#JOK"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jokaſte</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Und gerad' in dieſem ſchwangern Augenblick!<lb/> Sendet nach Berlin, nach Doktor Raupels aͤrztlichem Beſchluß,<lb/> Wie man's etwa bei ſo trag'ſchen Fehlgeburten machen muß?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Zweite Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Jener, heißt's, iſt im Begriffe nach Sibirien zu gehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEB"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Erſte Hebamme</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Will die Fledermaus am Ende blos vielleicht Gevatter ſtehn?</p> </sp><lb/> <sp who="#JOK"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jokaſte</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Wehe mir, es naht die Stunde, meiner Laſt zu werden quitt,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0026]
Erſte Hebamme.
In der erſten Eile wurden tauſend Stuͤck herbeigerafft,
Nebſt Philoſophien fuͤr Kinder, unter andern die von Fries,
Der den deutſchen Waiſenhaͤuſern dieſen großen Dienſt erwies.
Jokaſte.
Wehe mir! Hinweg aus meinen Haaren, ſchaudervolles Thier!
Zweite Hebamme.
Was befiel die Koͤnigin?
Erſte Hebamme.
Was iſt geſchehen?
Jokaſte.
Siehſt du hier
Nicht die Fledermaus, die eifrig zwiſchen meinen Locken
pfuſcht,
Da ſie durch das offne Fenſter abendlich hereingehuſcht?
Erſte Hebamme.
Schnell heraus mit ihr!
Jokaſte.
Vergebens! Sie verwirrt ſich im Genick.
Zweite Hebamme.
Boͤſes Omen!
Jokaſte.
Und gerad' in dieſem ſchwangern Augenblick!
Sendet nach Berlin, nach Doktor Raupels aͤrztlichem Beſchluß,
Wie man's etwa bei ſo trag'ſchen Fehlgeburten machen muß?
Zweite Hebamme.
Jener, heißt's, iſt im Begriffe nach Sibirien zu gehn.
Erſte Hebamme.
Will die Fledermaus am Ende blos vielleicht Gevatter ſtehn?
Jokaſte.
Wehe mir, es naht die Stunde, meiner Laſt zu werden quitt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/platen_oedipus_1829 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/platen_oedipus_1829/26 |
Zitationshilfe: | Platen, August von: Der romantische Oedipus. Stuttgart u. a., 1829, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_oedipus_1829/26>, abgerufen am 31.07.2024. |