Platen, August von: Der romantische Oedipus. Stuttgart u. a., 1829.
Und das Maß herstellt, und die Sprache beseelt und befreit von der gallischen Knechtschaft, Zwar starr noch und herb und zuweilen versteint, auch nicht Jedwedem genießbar; Doch ihm folgt bald das Gefällige nach und das Schöne mit Goethischer Sanftheit. Manch großes Talent trat später hervor, und entfaltete himmlischen Reichthum; Doch Keiner erschien, in der Kunst Fortschritt, dem unsterb- lichen Paare vergleichbar: Keusch lehnt Klopstock an dem Lilienstab und um Goethe's erleuchtete Stirne Glühn Rosen im Kranz! Kühn wäre der Wunsch, zu ersingen verwandte Belohnung! Ansprüchen entsagt gern unser Poet, Ansprüchen an euch! An die Zukunft Nicht völlig, und stets wird löblicher That auch löblicher Lohn in der Zukunft! Er beneidete nie die gefeierte Schaar um ein rauschendes Zeichen des Beifalls, Wenn lallenden Tons sie zu stammeln begann die gestotterte Phrase der Unkunst; Denn er hörte sie wohl und erkannte sie wohl, und verbiß die gerechte Verachtung: Nie wird er sie nun mehr hören vielleicht, und er wandelt im Garten Europa's, Der ihn schadlos für manchen Verlust, für manches verkannte Gedicht hält: In dem Pinienhain, an den Buchten des Meers, Wo die Well' abfließt voll triefenden Schaums,
Und das Maß herſtellt, und die Sprache beſeelt und befreit von der galliſchen Knechtſchaft, Zwar ſtarr noch und herb und zuweilen verſteint, auch nicht Jedwedem genießbar; Doch ihm folgt bald das Gefaͤllige nach und das Schoͤne mit Goethiſcher Sanftheit. Manch großes Talent trat ſpaͤter hervor, und entfaltete himmliſchen Reichthum; Doch Keiner erſchien, in der Kunſt Fortſchritt, dem unſterb- lichen Paare vergleichbar: Keuſch lehnt Klopſtock an dem Lilienſtab und um Goethe's erleuchtete Stirne Gluͤhn Roſen im Kranz! Kuͤhn waͤre der Wunſch, zu erſingen verwandte Belohnung! Anſpruͤchen entſagt gern unſer Poet, Anſpruͤchen an euch! An die Zukunft Nicht voͤllig, und ſtets wird loͤblicher That auch loͤblicher Lohn in der Zukunft! Er beneidete nie die gefeierte Schaar um ein rauſchendes Zeichen des Beifalls, Wenn lallenden Tons ſie zu ſtammeln begann die geſtotterte Phraſe der Unkunſt; Denn er hoͤrte ſie wohl und erkannte ſie wohl, und verbiß die gerechte Verachtung: Nie wird er ſie nun mehr hoͤren vielleicht, und er wandelt im Garten Europa's, Der ihn ſchadlos fuͤr manchen Verluſt, fuͤr manches verkannte Gedicht haͤlt: In dem Pinienhain, an den Buchten des Meers, Wo die Well' abfließt voll triefenden Schaums, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#CHOF"> <p><pb facs="#f0106" n="100"/> Und das Maß herſtellt, und die Sprache beſeelt und befreit<lb/> von der galliſchen Knechtſchaft,<lb/> Zwar ſtarr noch und herb und zuweilen verſteint, auch nicht<lb/> Jedwedem genießbar;<lb/> Doch ihm folgt bald das Gefaͤllige nach und das Schoͤne mit<lb/> Goethiſcher Sanftheit.<lb/> Manch großes Talent trat ſpaͤter hervor, und entfaltete<lb/> himmliſchen Reichthum;<lb/> Doch Keiner erſchien, in der Kunſt Fortſchritt, dem unſterb-<lb/> lichen Paare vergleichbar:<lb/> Keuſch lehnt Klopſtock an dem Lilienſtab und um Goethe's<lb/> erleuchtete Stirne<lb/> Gluͤhn Roſen im Kranz! Kuͤhn waͤre der Wunſch, zu erſingen<lb/> verwandte Belohnung!<lb/> Anſpruͤchen entſagt gern unſer Poet, Anſpruͤchen an euch!<lb/> An die Zukunft<lb/> Nicht voͤllig, und ſtets wird loͤblicher That auch loͤblicher Lohn<lb/> in der Zukunft!<lb/> Er beneidete nie die gefeierte Schaar um ein rauſchendes<lb/> Zeichen des Beifalls,<lb/> Wenn lallenden Tons ſie zu ſtammeln begann die geſtotterte<lb/> Phraſe der Unkunſt;<lb/> Denn er hoͤrte ſie wohl und erkannte ſie wohl, und verbiß die<lb/> gerechte Verachtung:<lb/> Nie wird er ſie nun mehr hoͤren vielleicht, und er wandelt im<lb/> Garten Europa's,<lb/> Der ihn ſchadlos fuͤr manchen Verluſt, fuͤr manches verkannte<lb/> Gedicht haͤlt:<lb/> In dem Pinienhain, an den Buchten des Meers,<lb/> Wo die Well' abfließt voll triefenden Schaums,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0106]
Und das Maß herſtellt, und die Sprache beſeelt und befreit
von der galliſchen Knechtſchaft,
Zwar ſtarr noch und herb und zuweilen verſteint, auch nicht
Jedwedem genießbar;
Doch ihm folgt bald das Gefaͤllige nach und das Schoͤne mit
Goethiſcher Sanftheit.
Manch großes Talent trat ſpaͤter hervor, und entfaltete
himmliſchen Reichthum;
Doch Keiner erſchien, in der Kunſt Fortſchritt, dem unſterb-
lichen Paare vergleichbar:
Keuſch lehnt Klopſtock an dem Lilienſtab und um Goethe's
erleuchtete Stirne
Gluͤhn Roſen im Kranz! Kuͤhn waͤre der Wunſch, zu erſingen
verwandte Belohnung!
Anſpruͤchen entſagt gern unſer Poet, Anſpruͤchen an euch!
An die Zukunft
Nicht voͤllig, und ſtets wird loͤblicher That auch loͤblicher Lohn
in der Zukunft!
Er beneidete nie die gefeierte Schaar um ein rauſchendes
Zeichen des Beifalls,
Wenn lallenden Tons ſie zu ſtammeln begann die geſtotterte
Phraſe der Unkunſt;
Denn er hoͤrte ſie wohl und erkannte ſie wohl, und verbiß die
gerechte Verachtung:
Nie wird er ſie nun mehr hoͤren vielleicht, und er wandelt im
Garten Europa's,
Der ihn ſchadlos fuͤr manchen Verluſt, fuͤr manches verkannte
Gedicht haͤlt:
In dem Pinienhain, an den Buchten des Meers,
Wo die Well' abfließt voll triefenden Schaums,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |