Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Doch hat das Herz sich nie zurecht gefunden In dieses Lebens ird'schen Paradiesen: Die freye Liebe, die es ungebunden Den Menschen bot, sie ward verlacht von diesen, Und frühe fühlt' ich in verlass'nen Stunden Mich auf mein eignes, dunkles Selbst verwiesen, Und früh begann ein unaussprechlich Sehnen Die Brust durch Seufzer mächtig auszudehnen. Das ist vorbey! Ich lernte viel verschmerzen, Ich fühlte Kraft, mir Alles zu versagen, Und eine Welt von Heiterkeit und Scherzen Im leichtbeweglichen Gemüth zu tragen: Nur selten soll die tiefe Qual im Herzen Ergießen sich in ungeheure Klagen, Und jeder Hörer fühle dann mit Beben, Was für ein trauriges Geschenk das Leben! So ward gestählt ich denn und ausgestattet Zu Thaten, die ich länger nicht verschiebe: Mein Muth, in Qualen nach und nach ermattet, Wird nie mehr betteln gehn um weiche Liebe. Vielleicht, da Stunde sich zu Stunde gattet, Gelingt es meinem glühenden Betriebe, Daß ich dereinst, wenn deutsches Wort ich meistre, Die edle Jugend dieses Volks begeistre. Doch hat das Herz ſich nie zurecht gefunden In dieſes Lebens ird'ſchen Paradieſen: Die freye Liebe, die es ungebunden Den Menſchen bot, ſie ward verlacht von dieſen, Und fruͤhe fuͤhlt' ich in verlaſſ'nen Stunden Mich auf mein eignes, dunkles Selbſt verwieſen, Und fruͤh begann ein unausſprechlich Sehnen Die Bruſt durch Seufzer maͤchtig auszudehnen. Das iſt vorbey! Ich lernte viel verſchmerzen, Ich fuͤhlte Kraft, mir Alles zu verſagen, Und eine Welt von Heiterkeit und Scherzen Im leichtbeweglichen Gemuͤth zu tragen: Nur ſelten ſoll die tiefe Qual im Herzen Ergießen ſich in ungeheure Klagen, Und jeder Hoͤrer fuͤhle dann mit Beben, Was fuͤr ein trauriges Geſchenk das Leben! So ward geſtaͤhlt ich denn und ausgeſtattet Zu Thaten, die ich laͤnger nicht verſchiebe: Mein Muth, in Qualen nach und nach ermattet, Wird nie mehr betteln gehn um weiche Liebe. Vielleicht, da Stunde ſich zu Stunde gattet, Gelingt es meinem gluͤhenden Betriebe, Daß ich dereinſt, wenn deutſches Wort ich meiſtre, Die edle Jugend dieſes Volks begeiſtre. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0081" n="71"/> <lg n="4"> <l>Doch hat das Herz ſich nie zurecht gefunden</l><lb/> <l>In dieſes Lebens ird'ſchen Paradieſen:</l><lb/> <l>Die freye Liebe, die es ungebunden</l><lb/> <l>Den Menſchen bot, ſie ward verlacht von dieſen,</l><lb/> <l>Und fruͤhe fuͤhlt' ich in verlaſſ'nen Stunden</l><lb/> <l>Mich auf mein eignes, dunkles Selbſt verwieſen,</l><lb/> <l>Und fruͤh begann ein unausſprechlich Sehnen</l><lb/> <l>Die Bruſt durch Seufzer maͤchtig auszudehnen.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Das iſt vorbey! Ich lernte viel verſchmerzen,</l><lb/> <l>Ich fuͤhlte Kraft, mir Alles zu verſagen,</l><lb/> <l>Und eine Welt von Heiterkeit und Scherzen</l><lb/> <l>Im leichtbeweglichen Gemuͤth zu tragen:</l><lb/> <l>Nur ſelten ſoll die tiefe Qual im Herzen</l><lb/> <l>Ergießen ſich in ungeheure Klagen,</l><lb/> <l>Und jeder Hoͤrer fuͤhle dann mit Beben,</l><lb/> <l>Was fuͤr ein trauriges Geſchenk das Leben!</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>So ward geſtaͤhlt ich denn und ausgeſtattet</l><lb/> <l>Zu Thaten, die ich laͤnger nicht verſchiebe:</l><lb/> <l>Mein Muth, in Qualen nach und nach ermattet,</l><lb/> <l>Wird nie mehr betteln gehn um weiche Liebe.</l><lb/> <l>Vielleicht, da Stunde ſich zu Stunde gattet,</l><lb/> <l>Gelingt es meinem gluͤhenden Betriebe,</l><lb/> <l>Daß ich dereinſt, wenn deutſches Wort ich meiſtre,</l><lb/> <l>Die edle Jugend dieſes Volks begeiſtre.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0081]
Doch hat das Herz ſich nie zurecht gefunden
In dieſes Lebens ird'ſchen Paradieſen:
Die freye Liebe, die es ungebunden
Den Menſchen bot, ſie ward verlacht von dieſen,
Und fruͤhe fuͤhlt' ich in verlaſſ'nen Stunden
Mich auf mein eignes, dunkles Selbſt verwieſen,
Und fruͤh begann ein unausſprechlich Sehnen
Die Bruſt durch Seufzer maͤchtig auszudehnen.
Das iſt vorbey! Ich lernte viel verſchmerzen,
Ich fuͤhlte Kraft, mir Alles zu verſagen,
Und eine Welt von Heiterkeit und Scherzen
Im leichtbeweglichen Gemuͤth zu tragen:
Nur ſelten ſoll die tiefe Qual im Herzen
Ergießen ſich in ungeheure Klagen,
Und jeder Hoͤrer fuͤhle dann mit Beben,
Was fuͤr ein trauriges Geſchenk das Leben!
So ward geſtaͤhlt ich denn und ausgeſtattet
Zu Thaten, die ich laͤnger nicht verſchiebe:
Mein Muth, in Qualen nach und nach ermattet,
Wird nie mehr betteln gehn um weiche Liebe.
Vielleicht, da Stunde ſich zu Stunde gattet,
Gelingt es meinem gluͤhenden Betriebe,
Daß ich dereinſt, wenn deutſches Wort ich meiſtre,
Die edle Jugend dieſes Volks begeiſtre.
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/81>, abgerufen am 16.07.2024. |