Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXXIV. Was giebt dem Freund, was giebt dem Dichter seine Weihe? Daß ohne Rückhalt er sein ganzes Selbst verleihe: Erleuchten soll er klar der Seele tiefste Winkel, Ob auch ein Tadler ihn verlorner Würde zeihe. Ihr Halben hofft umsonst, mit enger Furcht im Herzen, Daß euer Lied man einst zu großen Liedern reihe: Stumpfsinnige, was wähnt ihr rein zu seyn? Ich hörte, Daß keine Schuld so sehr, als solch ein Sinn entweihe; Ich fühlte, daß die Schuld, die uns aus Eden bannte Schwungfedern uns zum Flug nach höhern Himmeln leihe. Noch bin ich nicht so bleich, daß ich der Schminke brauchte, Es kenne mich die Welt, auf daß sie mir verzeihe! XXXIV. Was giebt dem Freund, was giebt dem Dichter ſeine Weihe? Daß ohne Ruͤckhalt er ſein ganzes Selbſt verleihe: Erleuchten ſoll er klar der Seele tiefſte Winkel, Ob auch ein Tadler ihn verlorner Wuͤrde zeihe. Ihr Halben hofft umſonſt, mit enger Furcht im Herzen, Daß euer Lied man einſt zu großen Liedern reihe: Stumpfſinnige, was waͤhnt ihr rein zu ſeyn? Ich hoͤrte, Daß keine Schuld ſo ſehr, als ſolch ein Sinn entweihe; Ich fuͤhlte, daß die Schuld, die uns aus Eden bannte Schwungfedern uns zum Flug nach hoͤhern Himmeln leihe. Noch bin ich nicht ſo bleich, daß ich der Schminke brauchte, Es kenne mich die Welt, auf daß ſie mir verzeihe! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0162" n="152"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXXIV.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as giebt dem Freund, was giebt dem Dichter ſeine<lb/><hi rendition="#et">Weihe?</hi></l><lb/> <l>Daß ohne Ruͤckhalt er ſein ganzes Selbſt verleihe:</l><lb/> <l>Erleuchten ſoll er klar der Seele tiefſte Winkel,</l><lb/> <l>Ob auch ein Tadler ihn verlorner Wuͤrde zeihe.</l><lb/> <l>Ihr Halben hofft umſonſt, mit enger Furcht im Herzen,</l><lb/> <l>Daß euer Lied man einſt zu großen Liedern reihe:</l><lb/> <l>Stumpfſinnige, was waͤhnt ihr rein zu ſeyn? Ich hoͤrte,</l><lb/> <l>Daß keine Schuld ſo ſehr, als ſolch ein Sinn entweihe;</l><lb/> <l>Ich fuͤhlte, daß die Schuld, die uns aus Eden bannte</l><lb/> <l>Schwungfedern uns zum Flug nach hoͤhern Himmeln<lb/><hi rendition="#et">leihe.</hi></l><lb/> <l>Noch bin ich nicht ſo bleich, daß ich der Schminke<lb/><hi rendition="#et">brauchte,</hi></l><lb/> <l>Es kenne mich die Welt, auf daß ſie mir verzeihe!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0162]
XXXIV.
Was giebt dem Freund, was giebt dem Dichter ſeine
Weihe?
Daß ohne Ruͤckhalt er ſein ganzes Selbſt verleihe:
Erleuchten ſoll er klar der Seele tiefſte Winkel,
Ob auch ein Tadler ihn verlorner Wuͤrde zeihe.
Ihr Halben hofft umſonſt, mit enger Furcht im Herzen,
Daß euer Lied man einſt zu großen Liedern reihe:
Stumpfſinnige, was waͤhnt ihr rein zu ſeyn? Ich hoͤrte,
Daß keine Schuld ſo ſehr, als ſolch ein Sinn entweihe;
Ich fuͤhlte, daß die Schuld, die uns aus Eden bannte
Schwungfedern uns zum Flug nach hoͤhern Himmeln
leihe.
Noch bin ich nicht ſo bleich, daß ich der Schminke
brauchte,
Es kenne mich die Welt, auf daß ſie mir verzeihe!
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