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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] Königen und Printzen/ aber wegen der grossen Ge-
fahr die darbey gewesen für Menschen und Pferde/
die in dem Treffen offt verlähmet oder zu nicht gema-
chet worden/ hat man diese Art im Schertz oder Ernst
zu turnieren oder zu kämpffen gäntzlich unterlassen.

Die Art und Weise des Kopffren-
nens/ oder nach dem Qvintan zu
rennen.

DIeweil man endlich unterlassen auff einander zu
treffen/ oder die Lantzen über die Schrancken zu
brechen/ und solches/ als ich gedacht habe/ gäntzlich ab-
geschaffet worden/ wegen der Ungelegenheit und un-
glücklichen Fälle/ so sich offt darbey zugetragen.

Was das Ringel-rennen anlanget/ so hat man
darbey auch viel Lust/ und wird nicht sonderlich müde
darüber/ es wird aber diese Ubung von etlichen nicht
martialisch oder kriegerisch genug gehalten/ derowe-
gen haben etliche subtile Köpfe einen Mittel-Weg er-
funden/ welches ist ein Mannsbild/ das man eben an
den Ort setzet/ als wenn man in den Schrancken die
Lantzen brechen wolte/ und auch in eben der Höhe und
mit den Wassen oder ohne Waffen/ hieran brechen
sie ihre Lantzen und richten dieselben gerade auf dieses
Bild/ welches sie Qvintan heissen/ als wenn es wider
einen natürlichen Menschen geschehe; halten also
in diesem Rennen das Mittel zwischen der Furie des
Scharff-rennens wider einander/ und dem Lust-ren-
nen nach dem Ringe.

Der Ort darauf man trifft oder den Speer bricht/
ist der Kopf; die beste Stösse gehen über die Augen/
auf die Stirne/ und die gantz justen werden bezeichnet
mit der Grösse eines gar kleinen Circkels/ so ich einen
kleinen Schild oder Schildlein nenne/ die darunter
gerathen/ werden minder geachtet. Und so ein unge-
schickter Renner mit der Lantzen auf das Schild traff/
den der Qvintan auf dem lincken Arm träget/ so keh-
ret sich gedachter Qvintan oder Faqvin auf einen
Wirbel herumb/ und schläget gleich nach dem zu/ der
sich der Lantzen so ungeschicklich gebrauchet: Da er
nun in Partie oder Gesellschafft reitet/ wird er ausge-
mustert/ weil er einen so ungereimten Fehler began-
gen/ und verlieret seinen Ritt zur Straffe seiner übeln
geführten Handlung.

Jn dieser Ubung kan man einen von den Levaden
machen/ welche ich an einem Reuter mehr frey und
gewöhnlich zu seyn gelehrt habe/ wenn er nach dem
Ringe rennet/ und weil die Lantzen/ derer man sich ge-
brauchet in dem Kopff rennen/ schwach seyn/ und
leichtlich brechen/ so hat man darbey keines Aufhal-
tens nöthig/ und übet man sich auch zum öfftern hier-
innen nur im Wammes.

Dieses ist es/ was ich für nöthigst geachtet habe
euch zu lehren/ wegen des Ringel-rennens/ wegen des
Speer-brechens über die Schrancken/ wie auch we-
gen des Qvintan- oder Kopf-rennens/ so gleichsam
nur beyläuffig geschehen/ damit diejenigen/ die es
nicht gesehen haben/ davon zum wenigsten reden oder
wissen können/ was es ist.

Die vorhergehende Figur wird euch zeigen und se-
hen lassen/ wie man nach dem Ringel rennen/ das
[Spaltenumbruch] Speer-brechen über die Schrancken/ und nach dem
Kopff seinen Lauff verrichten soll.

Von den erhabenen Schulen/ mit
Beschreibung des Worts Air
oder Schule.

MAn richtet die Pferde umb dreyerley Ursachen
willen ab/ welche doch nur auf eine hinaus kom-
men.

Man richtet sie ab zur Lust/ zur Nutzbarkeit/ und sei-
nem Könige zu Dienst/ und diese letzte ist die aller-
wichtigste. Es sind vielerley Gattungen der Schu-
len/ wie ich allbereit gesagt und sie genennet habe/ eini-
ge niedriger/ und andere höher. Man nennet diese
Art der Schulen Air/ weil das Pferd sich in die Lufft
erhebet/ und welches sich am höchsten empor hebet/ soll
meines Erachtens für das allerschönste gehalten wer-
den.

Es sind nicht alle Pferde tüchtig zu den erhabenen
Schulen oder Airs. Derowegen rathe ich einem
Reuter zweyerley:

Erstlich/ daß er allezeit mit einem Pferd/ welcherley
auch dasselbige sey/ anfange durch die ordentlichen Re-
geln von dem Schritt/ Trab/ und Gallopp: und um
nicht weitläufftig zu seyn/ euch das übrige anzuzeigen/
so fanget niemahls an/ Sprünge von ihm zu begeh-
ren/ wenn es nicht frey/ sich darzu schicket/ und der
Faust im Zügel gehorchet/ und die Bestraffung auf
gewisse Art gerne verträget.

Zum andern muß der Reuter den Verstand haben/
daß er der Neigung seines Pferdes zu folgen wisse.
Zum Exempel/ wenn er wolte/ daß es Courbetten
mache/ und das Pferd sich höher erheben wolte/ mü-
ste er es nicht straffen/ wo es solches nur aus Freudig-
keit machte und vorher/ und also sich zu Ballottaden/
Grouppaden und selber biß Capriolen auffhübe/ muß
er dasselbige sich ergetzen lassen/ denn wenn es Stärcke
genung hat eine von diesen Schulen fortzusetzen/ das
würde denn viel herrlicher seyn/ ja wenn es schon auch
aus einer Hurtigkeit herkäme/ die nicht gar lange
währete/ so würde es sich genugsam zu Courbetten
oder mes-airs schicken.

Demnach soll/ meiner Meynung nach/ ein guter
Reuter sein Pferd in der Schule/ die es nehmen will/
wol verstehen/ und nach seiner Zuneigung es gewiß
machen in der Richtigkeit seiner Cadentz/ es seyn Grou-
pad
en/ Ballottaden oder Capriolen/ sintemahl aller-
dings wahr ist/ daß die Schulen (airs) von der Zunei-
gung und den Pferden von Natur gegeben sind/ und
muß daher ein guter Reuter seinen müglichsten Fleiß
thun/ ihm zu verstehen zu geben/ so viel sein Trieb ihm
wird zulassen können; Die Anweisung dessen/ was
er nach seinem Urtheilen ihm am beqvemsten und wo-
zu er es am meisten geneiget zu seyn befinden wird.
Denn dieses wird sonder Zweiffel das jenige seyn/ zu
welchem es bessere Zierlichkeit haben/ und das es mit
mehrerer Lust thun wird.

Also daß ich einen Reuter erinnere/ sich wol zu hü-
ten/ daß er das Pferd nicht schlage/ was für Cadentz
oder Schule es auch annehmen will/ es geschehe aus
gutem Willen oder Boßheit/ und ob es schon auch

das
Zz 3

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] Koͤnigen und Printzen/ aber wegen der groſſen Ge-
fahr die darbey geweſen fuͤr Menſchen und Pferde/
die in dem Treffen offt verlaͤhmet oder zu nicht gema-
chet worden/ hat man dieſe Art im Schertz oder Ernſt
zu turnieren oder zu kaͤmpffen gaͤntzlich unterlaſſen.

Die Art und Weiſe des Kopffren-
nens/ oder nach dem Qvintan zu
rennen.

DIeweil man endlich unterlaſſen auff einander zu
treffen/ oder die Lantzen uͤber die Schrancken zu
brechen/ und ſolches/ als ich gedacht habe/ gaͤntzlich ab-
geſchaffet worden/ wegen der Ungelegenheit und un-
gluͤcklichen Faͤlle/ ſo ſich offt darbey zugetragen.

Was das Ringel-rennen anlanget/ ſo hat man
darbey auch viel Luſt/ und wird nicht ſonderlich muͤde
daruͤber/ es wird aber dieſe Ubung von etlichen nicht
martialiſch oder kriegeriſch genug gehalten/ derowe-
gen haben etliche ſubtile Koͤpfe einen Mittel-Weg er-
funden/ welches iſt ein Mannsbild/ das man eben an
den Ort ſetzet/ als wenn man in den Schrancken die
Lantzen brechen wolte/ und auch in eben der Hoͤhe und
mit den Waſſen oder ohne Waffen/ hieran brechen
ſie ihre Lantzen und richten dieſelben gerade auf dieſes
Bild/ welches ſie Qvintan heiſſen/ als wenn es wider
einen natuͤrlichen Menſchen geſchehe; halten alſo
in dieſem Rennen das Mittel zwiſchen der Furie des
Scharff-rennens wider einander/ und dem Luſt-ren-
nen nach dem Ringe.

Der Ort darauf man trifft oder den Speer bricht/
iſt der Kopf; die beſte Stoͤſſe gehen uͤber die Augen/
auf die Stirne/ und die gantz juſten werden bezeichnet
mit der Groͤſſe eines gar kleinen Circkels/ ſo ich einen
kleinen Schild oder Schildlein nenne/ die darunter
gerathen/ werden minder geachtet. Und ſo ein unge-
ſchickter Renner mit der Lantzen auf das Schild traff/
den der Qvintan auf dem lincken Arm traͤget/ ſo keh-
ret ſich gedachter Qvintan oder Faqvin auf einen
Wirbel herumb/ und ſchlaͤget gleich nach dem zu/ der
ſich der Lantzen ſo ungeſchicklich gebrauchet: Da er
nun in Partie oder Geſellſchafft reitet/ wird er ausge-
muſtert/ weil er einen ſo ungereimten Fehler began-
gen/ und verlieret ſeinen Ritt zur Straffe ſeiner uͤbeln
gefuͤhrten Handlung.

Jn dieſer Ubung kan man einen von den Levaden
machen/ welche ich an einem Reuter mehr frey und
gewoͤhnlich zu ſeyn gelehrt habe/ wenn er nach dem
Ringe rennet/ und weil die Lantzen/ derer man ſich ge-
brauchet in dem Kopff rennen/ ſchwach ſeyn/ und
leichtlich brechen/ ſo hat man darbey keines Aufhal-
tens noͤthig/ und uͤbet man ſich auch zum oͤfftern hier-
innen nur im Wammes.

Dieſes iſt es/ was ich fuͤr noͤthigſt geachtet habe
euch zu lehren/ wegen des Ringel-rennens/ wegen des
Speer-brechens uͤber die Schrancken/ wie auch we-
gen des Qvintan- oder Kopf-rennens/ ſo gleichſam
nur beylaͤuffig geſchehen/ damit diejenigen/ die es
nicht geſehen haben/ davon zum wenigſten reden oder
wiſſen koͤnnen/ was es iſt.

Die vorhergehende Figur wird euch zeigen und ſe-
hen laſſen/ wie man nach dem Ringel rennen/ das
[Spaltenumbruch] Speer-brechen uͤber die Schrancken/ und nach dem
Kopff ſeinen Lauff verrichten ſoll.

Von den erhabenen Schulen/ mit
Beſchreibung des Worts Air
oder Schule.

MAn richtet die Pferde umb dreyerley Urſachen
willen ab/ welche doch nur auf eine hinaus kom-
men.

Man richtet ſie ab zur Luſt/ zur Nutzbarkeit/ und ſei-
nem Koͤnige zu Dienſt/ und dieſe letzte iſt die aller-
wichtigſte. Es ſind vielerley Gattungen der Schu-
len/ wie ich allbereit geſagt und ſie genennet habe/ eini-
ge niedriger/ und andere hoͤher. Man nennet dieſe
Art der Schulen Air/ weil das Pferd ſich in die Lufft
erhebet/ und welches ſich am hoͤchſten empor hebet/ ſoll
meines Erachtens fuͤr das allerſchoͤnſte gehalten wer-
den.

Es ſind nicht alle Pferde tuͤchtig zu den erhabenen
Schulen oder Airs. Derowegen rathe ich einem
Reuter zweyerley:

Erſtlich/ daß er allezeit mit einem Pferd/ welcherley
auch daſſelbige ſey/ anfange durch die ordentlichen Re-
geln von dem Schritt/ Trab/ und Gallopp: und um
nicht weitlaͤufftig zu ſeyn/ euch das uͤbrige anzuzeigen/
ſo fanget niemahls an/ Spruͤnge von ihm zu begeh-
ren/ wenn es nicht frey/ ſich darzu ſchicket/ und der
Fauſt im Zuͤgel gehorchet/ und die Beſtraffung auf
gewiſſe Art gerne vertraͤget.

Zum andern muß der Reuter den Verſtand haben/
daß er der Neigung ſeines Pferdes zu folgen wiſſe.
Zum Exempel/ wenn er wolte/ daß es Courbetten
mache/ und das Pferd ſich hoͤher erheben wolte/ muͤ-
ſte er es nicht ſtraffen/ wo es ſolches nur aus Freudig-
keit machte und vorher/ und alſo ſich zu Ballottaden/
Grouppaden und ſelber biß Capriolen auffhuͤbe/ muß
er daſſelbige ſich ergetzen laſſen/ denn wenn es Staͤrcke
genung hat eine von dieſen Schulen fortzuſetzen/ das
wuͤrde denn viel herrlicher ſeyn/ ja wenn es ſchon auch
aus einer Hurtigkeit herkaͤme/ die nicht gar lange
waͤhrete/ ſo wuͤrde es ſich genugſam zu Courbetten
oder mes-airs ſchicken.

Demnach ſoll/ meiner Meynung nach/ ein guter
Reuter ſein Pferd in der Schule/ die es nehmen will/
wol verſtehen/ und nach ſeiner Zuneigung es gewiß
machẽ in der Richtigkeit ſeiner Cadentz/ es ſeyn Grou-
pad
en/ Ballottaden oder Capriolen/ ſintemahl aller-
dings wahr iſt/ daß die Schulen (airs) von der Zunei-
gung und den Pferden von Natur gegeben ſind/ und
muß daher ein guter Reuter ſeinen muͤglichſten Fleiß
thun/ ihm zu verſtehen zu geben/ ſo viel ſein Trieb ihm
wird zulaſſen koͤnnen; Die Anweiſung deſſen/ was
er nach ſeinem Urtheilen ihm am beqvemſten und wo-
zu er es am meiſten geneiget zu ſeyn befinden wird.
Denn dieſes wird ſonder Zweiffel das jenige ſeyn/ zu
welchem es beſſere Zierlichkeit haben/ und das es mit
mehrerer Luſt thun wird.

Alſo daß ich einen Reuter erinnere/ ſich wol zu huͤ-
ten/ daß er das Pferd nicht ſchlage/ was fuͤr Cadentz
oder Schule es auch annehmen will/ es geſchehe aus
gutem Willen oder Boßheit/ und ob es ſchon auch

das
Zz 3
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[365/0417] Pferde-Schatz. Koͤnigen und Printzen/ aber wegen der groſſen Ge- fahr die darbey geweſen fuͤr Menſchen und Pferde/ die in dem Treffen offt verlaͤhmet oder zu nicht gema- chet worden/ hat man dieſe Art im Schertz oder Ernſt zu turnieren oder zu kaͤmpffen gaͤntzlich unterlaſſen. Die Art und Weiſe des Kopffren- nens/ oder nach dem Qvintan zu rennen. DIeweil man endlich unterlaſſen auff einander zu treffen/ oder die Lantzen uͤber die Schrancken zu brechen/ und ſolches/ als ich gedacht habe/ gaͤntzlich ab- geſchaffet worden/ wegen der Ungelegenheit und un- gluͤcklichen Faͤlle/ ſo ſich offt darbey zugetragen. Was das Ringel-rennen anlanget/ ſo hat man darbey auch viel Luſt/ und wird nicht ſonderlich muͤde daruͤber/ es wird aber dieſe Ubung von etlichen nicht martialiſch oder kriegeriſch genug gehalten/ derowe- gen haben etliche ſubtile Koͤpfe einen Mittel-Weg er- funden/ welches iſt ein Mannsbild/ das man eben an den Ort ſetzet/ als wenn man in den Schrancken die Lantzen brechen wolte/ und auch in eben der Hoͤhe und mit den Waſſen oder ohne Waffen/ hieran brechen ſie ihre Lantzen und richten dieſelben gerade auf dieſes Bild/ welches ſie Qvintan heiſſen/ als wenn es wider einen natuͤrlichen Menſchen geſchehe; halten alſo in dieſem Rennen das Mittel zwiſchen der Furie des Scharff-rennens wider einander/ und dem Luſt-ren- nen nach dem Ringe. Der Ort darauf man trifft oder den Speer bricht/ iſt der Kopf; die beſte Stoͤſſe gehen uͤber die Augen/ auf die Stirne/ und die gantz juſten werden bezeichnet mit der Groͤſſe eines gar kleinen Circkels/ ſo ich einen kleinen Schild oder Schildlein nenne/ die darunter gerathen/ werden minder geachtet. Und ſo ein unge- ſchickter Renner mit der Lantzen auf das Schild traff/ den der Qvintan auf dem lincken Arm traͤget/ ſo keh- ret ſich gedachter Qvintan oder Faqvin auf einen Wirbel herumb/ und ſchlaͤget gleich nach dem zu/ der ſich der Lantzen ſo ungeſchicklich gebrauchet: Da er nun in Partie oder Geſellſchafft reitet/ wird er ausge- muſtert/ weil er einen ſo ungereimten Fehler began- gen/ und verlieret ſeinen Ritt zur Straffe ſeiner uͤbeln gefuͤhrten Handlung. Jn dieſer Ubung kan man einen von den Levaden machen/ welche ich an einem Reuter mehr frey und gewoͤhnlich zu ſeyn gelehrt habe/ wenn er nach dem Ringe rennet/ und weil die Lantzen/ derer man ſich ge- brauchet in dem Kopff rennen/ ſchwach ſeyn/ und leichtlich brechen/ ſo hat man darbey keines Aufhal- tens noͤthig/ und uͤbet man ſich auch zum oͤfftern hier- innen nur im Wammes. Dieſes iſt es/ was ich fuͤr noͤthigſt geachtet habe euch zu lehren/ wegen des Ringel-rennens/ wegen des Speer-brechens uͤber die Schrancken/ wie auch we- gen des Qvintan- oder Kopf-rennens/ ſo gleichſam nur beylaͤuffig geſchehen/ damit diejenigen/ die es nicht geſehen haben/ davon zum wenigſten reden oder wiſſen koͤnnen/ was es iſt. Die vorhergehende Figur wird euch zeigen und ſe- hen laſſen/ wie man nach dem Ringel rennen/ das Speer-brechen uͤber die Schrancken/ und nach dem Kopff ſeinen Lauff verrichten ſoll. Von den erhabenen Schulen/ mit Beſchreibung des Worts Air oder Schule. MAn richtet die Pferde umb dreyerley Urſachen willen ab/ welche doch nur auf eine hinaus kom- men. Man richtet ſie ab zur Luſt/ zur Nutzbarkeit/ und ſei- nem Koͤnige zu Dienſt/ und dieſe letzte iſt die aller- wichtigſte. Es ſind vielerley Gattungen der Schu- len/ wie ich allbereit geſagt und ſie genennet habe/ eini- ge niedriger/ und andere hoͤher. Man nennet dieſe Art der Schulen Air/ weil das Pferd ſich in die Lufft erhebet/ und welches ſich am hoͤchſten empor hebet/ ſoll meines Erachtens fuͤr das allerſchoͤnſte gehalten wer- den. Es ſind nicht alle Pferde tuͤchtig zu den erhabenen Schulen oder Airs. Derowegen rathe ich einem Reuter zweyerley: Erſtlich/ daß er allezeit mit einem Pferd/ welcherley auch daſſelbige ſey/ anfange durch die ordentlichen Re- geln von dem Schritt/ Trab/ und Gallopp: und um nicht weitlaͤufftig zu ſeyn/ euch das uͤbrige anzuzeigen/ ſo fanget niemahls an/ Spruͤnge von ihm zu begeh- ren/ wenn es nicht frey/ ſich darzu ſchicket/ und der Fauſt im Zuͤgel gehorchet/ und die Beſtraffung auf gewiſſe Art gerne vertraͤget. Zum andern muß der Reuter den Verſtand haben/ daß er der Neigung ſeines Pferdes zu folgen wiſſe. Zum Exempel/ wenn er wolte/ daß es Courbetten mache/ und das Pferd ſich hoͤher erheben wolte/ muͤ- ſte er es nicht ſtraffen/ wo es ſolches nur aus Freudig- keit machte und vorher/ und alſo ſich zu Ballottaden/ Grouppaden und ſelber biß Capriolen auffhuͤbe/ muß er daſſelbige ſich ergetzen laſſen/ denn wenn es Staͤrcke genung hat eine von dieſen Schulen fortzuſetzen/ das wuͤrde denn viel herrlicher ſeyn/ ja wenn es ſchon auch aus einer Hurtigkeit herkaͤme/ die nicht gar lange waͤhrete/ ſo wuͤrde es ſich genugſam zu Courbetten oder mes-airs ſchicken. Demnach ſoll/ meiner Meynung nach/ ein guter Reuter ſein Pferd in der Schule/ die es nehmen will/ wol verſtehen/ und nach ſeiner Zuneigung es gewiß machẽ in der Richtigkeit ſeiner Cadentz/ es ſeyn Grou- paden/ Ballottaden oder Capriolen/ ſintemahl aller- dings wahr iſt/ daß die Schulen (airs) von der Zunei- gung und den Pferden von Natur gegeben ſind/ und muß daher ein guter Reuter ſeinen muͤglichſten Fleiß thun/ ihm zu verſtehen zu geben/ ſo viel ſein Trieb ihm wird zulaſſen koͤnnen; Die Anweiſung deſſen/ was er nach ſeinem Urtheilen ihm am beqvemſten und wo- zu er es am meiſten geneiget zu ſeyn befinden wird. Denn dieſes wird ſonder Zweiffel das jenige ſeyn/ zu welchem es beſſere Zierlichkeit haben/ und das es mit mehrerer Luſt thun wird. Alſo daß ich einen Reuter erinnere/ ſich wol zu huͤ- ten/ daß er das Pferd nicht ſchlage/ was fuͤr Cadentz oder Schule es auch annehmen will/ es geſchehe aus gutem Willen oder Boßheit/ und ob es ſchon auch das Zz 3

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/417>, abgerufen am 21.11.2024.