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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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nach mathematischer Lehr-Art.
nur eine kleine Aehnlichkeit im Laute haben, als
z. E. die Milz, das Wild; ein Mensch, ein
Hengst; bringt, vermengt; Hosen, Zoten, etc.
5) Aus besonderer Freygebigkeit erlauben wir
auch, neue Reime zu machen, die fein trolligt
herauskommen, als:
Der göttingische Sammler
Heißt wol mit Recht ein Stammler.
Hans ist ein guter Rammler. etc.
6) Die Construction darf nach Gutdünken
versetzet und verworfen werden, wenn gleich die
deutsche Sprache dabey genothzüchtiget wird.
Z. E.
Das hat also gefallen dir,
Die Wahrheit anzuzeigen mir. etc.
5. Grundsatz.

§ 23. Die kriechende Poesie hält mehr von
niederträchtigen, als hochtrabenden, Ge-
danken.

1. Anmerkung.

§ 24. Das Wort und der Reim mag im-
mer hochtrabend und schwülstig seyn; aber der
darunter versteckte Gedanke muß, nach besche-
hener Auflösung, oder Verwandlung in einen
einzigen Satz,
sich in eine dünne Luft verän-
dern, die, wie ein Nebel, auf die Erde fället.
Der Haupt-Begriff (subiectum) muß entwe-
der mit dem Neben-Begriffe (praedicato) gar
einen Widerspruch haben; oder doch, nach der
sogenannten Vernunft-Lehre, sich nicht recht

zusam-
nach mathematiſcher Lehr-Art.
nur eine kleine Aehnlichkeit im Laute haben, als
z. E. die Milz, das Wild; ein Menſch, ein
Hengſt; bringt, vermengt; Hoſen, Zoten, ꝛc.
5) Aus beſonderer Freygebigkeit erlauben wir
auch, neue Reime zu machen, die fein trolligt
herauskommen, als:
Der goͤttingiſche Sammler
Heißt wol mit Recht ein Stammler.
Hans iſt ein guter Rammler. ꝛc.
6) Die Conſtruction darf nach Gutduͤnken
verſetzet und verworfen werden, wenn gleich die
deutſche Sprache dabey genothzuͤchtiget wird.
Z. E.
Das hat alſo gefallen dir,
Die Wahrheit anzuzeigen mir. ꝛc.
5. Grundſatz.

§ 23. Die kriechende Poeſie haͤlt mehr von
niedertraͤchtigen, als hochtrabenden, Ge-
danken.

1. Anmerkung.

§ 24. Das Wort und der Reim mag im-
mer hochtrabend und ſchwuͤlſtig ſeyn; aber der
darunter verſteckte Gedanke muß, nach beſche-
hener Aufloͤſung, oder Verwandlung in einen
einzigen Satz,
ſich in eine duͤnne Luft veraͤn-
dern, die, wie ein Nebel, auf die Erde faͤllet.
Der Haupt-Begriff (ſubiectum) muß entwe-
der mit dem Neben-Begriffe (praedicato) gar
einen Widerſpruch haben; oder doch, nach der
ſogenannten Vernunft-Lehre, ſich nicht recht

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[29/0037] nach mathematiſcher Lehr-Art. nur eine kleine Aehnlichkeit im Laute haben, als z. E. die Milz, das Wild; ein Menſch, ein Hengſt; bringt, vermengt; Hoſen, Zoten, ꝛc. 5) Aus beſonderer Freygebigkeit erlauben wir auch, neue Reime zu machen, die fein trolligt herauskommen, als: Der goͤttingiſche Sammler Heißt wol mit Recht ein Stammler. Hans iſt ein guter Rammler. ꝛc. 6) Die Conſtruction darf nach Gutduͤnken verſetzet und verworfen werden, wenn gleich die deutſche Sprache dabey genothzuͤchtiget wird. Z. E. Das hat alſo gefallen dir, Die Wahrheit anzuzeigen mir. ꝛc. 5. Grundſatz. § 23. Die kriechende Poeſie haͤlt mehr von niedertraͤchtigen, als hochtrabenden, Ge- danken. 1. Anmerkung. § 24. Das Wort und der Reim mag im- mer hochtrabend und ſchwuͤlſtig ſeyn; aber der darunter verſteckte Gedanke muß, nach beſche- hener Aufloͤſung, oder Verwandlung in einen einzigen Satz, ſich in eine duͤnne Luft veraͤn- dern, die, wie ein Nebel, auf die Erde faͤllet. Der Haupt-Begriff (ſubiectum) muß entwe- der mit dem Neben-Begriffe (praedicato) gar einen Widerſpruch haben; oder doch, nach der ſogenannten Vernunft-Lehre, ſich nicht recht zuſam-

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/37>, abgerufen am 23.11.2024.