Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.in dem Tempel des guten Geschmacks. ten. Das merke sich der Autor zur Witzi-gung. 24. Noch andre theilten allerley Wochen- schriften aus, - - sie kehrten aber alle dem Tempel des guten Geschmacks den Rücken zu. Hier verräth der Autor entweder seine Unbelesenheit, daß er von allen Wochen- schriften schwätzet, als wenn sie vom guten Geschmack abwichen, da doch z. E. der Spe- ctateur, Guardian, Baggatelle, Patriot, Freydenker, und mehr andre Wochenschrif- ten mehr bon sens in einem Blate haben, als der Verfasser auf 40 Seiten gezeiget; folglich hätte er mit Ausnahme reden sollen, wenn er sie gelesen; oder aber er verräth seinen eignen üblen Geschmack, daß ihm keine einzige Wo- chenschrift gefallen. Es geht ihm, wie einem Febricitanten, der da meynt, weil er den Ge- schmack verlohren, und ihm alles widrig schmecket, als wären andre, die die Lecker- bissen loben, von verdorbenem Geschmacke. Nun ziehe einer eine Proportions-Regel, da ich in blossen acht Seiten schon vier und zwan- zig unschmackhafte Redens-Arten gleich beym ersten Aufstoß angetroffen, wie hoch die übri- ge Anzahl erst steigen würde, wenn ich alle vierzig Seiten so durchnehmen wollte. Doch es sey zur Probe an 24 genung. Will er sich daran nicht begnügen lassen, kann er künftig noch 24 neue Brocken bekommen, die ich T
in dem Tempel des guten Geſchmacks. ten. Das merke ſich der Autor zur Witzi-gung. 24. Noch andre theilten allerley Wochen- ſchriften aus, ‒ ‒ ſie kehrten aber alle dem Tempel des guten Geſchmacks den Ruͤcken zu. Hier verraͤth der Autor entweder ſeine Unbeleſenheit, daß er von allen Wochen- ſchriften ſchwaͤtzet, als wenn ſie vom guten Geſchmack abwichen, da doch z. E. der Spe- ctateur, Guardian, Baggatelle, Patriot, Freydenker, und mehr andre Wochenſchrif- ten mehr bon ſens in einem Blate haben, als der Verfaſſer auf 40 Seiten gezeiget; folglich haͤtte er mit Ausnahme reden ſollen, wenn er ſie geleſen; oder aber er verraͤth ſeinen eignen uͤblen Geſchmack, daß ihm keine einzige Wo- chenſchrift gefallen. Es geht ihm, wie einem Febricitanten, der da meynt, weil er den Ge- ſchmack verlohren, und ihm alles widrig ſchmecket, als waͤren andre, die die Lecker- biſſen loben, von verdorbenem Geſchmacke. Nun ziehe einer eine Proportions-Regel, da ich in bloſſen acht Seiten ſchon vier und zwan- zig unſchmackhafte Redens-Arten gleich beym erſten Aufſtoß angetroffen, wie hoch die uͤbri- ge Anzahl erſt ſteigen wuͤrde, wenn ich alle vierzig Seiten ſo durchnehmen wollte. Doch es ſey zur Probe an 24 genung. Will er ſich daran nicht begnuͤgen laſſen, kann er kuͤnftig noch 24 neue Brocken bekommen, die ich T
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in dem Tempel des guten Geſchmacks.
ten. Das merke ſich der Autor zur Witzi-
gung.
24. Noch andre theilten allerley Wochen-
ſchriften aus, ‒ ‒ ſie kehrten aber alle dem
Tempel des guten Geſchmacks den Ruͤcken
zu. Hier verraͤth der Autor entweder ſeine
Unbeleſenheit, daß er von allen Wochen-
ſchriften ſchwaͤtzet, als wenn ſie vom guten
Geſchmack abwichen, da doch z. E. der Spe-
ctateur, Guardian, Baggatelle, Patriot,
Freydenker, und mehr andre Wochenſchrif-
ten mehr bon ſens in einem Blate haben, als
der Verfaſſer auf 40 Seiten gezeiget; folglich
haͤtte er mit Ausnahme reden ſollen, wenn er
ſie geleſen; oder aber er verraͤth ſeinen eignen
uͤblen Geſchmack, daß ihm keine einzige Wo-
chenſchrift gefallen. Es geht ihm, wie einem
Febricitanten, der da meynt, weil er den Ge-
ſchmack verlohren, und ihm alles widrig
ſchmecket, als waͤren andre, die die Lecker-
biſſen loben, von verdorbenem Geſchmacke.
Nun ziehe einer eine Proportions-Regel, da
ich in bloſſen acht Seiten ſchon vier und zwan-
zig unſchmackhafte Redens-Arten gleich beym
erſten Aufſtoß angetroffen, wie hoch die uͤbri-
ge Anzahl erſt ſteigen wuͤrde, wenn ich alle
vierzig Seiten ſo durchnehmen wollte. Doch
es ſey zur Probe an 24 genung. Will er
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kuͤnftig noch 24 neue Brocken bekommen, die
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