Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
in dem Tempel des guten Geschmacks.
ins Maul kömmt. Notetur haec phrasis
non semper occurrit!
13. Ein andrer, der nichts glauben kann,
wird meiner Reiserzehlung lachen.
pag. 5.
Der Herr hat sich sein richtig Prognosticon
selber gestellet! Er hat Materie gnug an die
Hand gegeben, auf seine Unkosten zu lachen.
14. Noch mehr, vielleicht will man gar
wissen, wo des Geschmackes Tempel steht.

Das braucht keines Kopfbrechens, noch daß
er den gleich darauf genannten göttlichen Poe-
ten
erst bemühe, ihm im Schlafe darüber ein
Oracul auszustellen. Opitz würde, wenn er
noch lebte, sprechen: Ein Geschmacks-Tem-
pel
ist nirgends zu finden, als in deinem an-
brüchigen Gehirne,
du fantastischer Tempel-
Bauer!
15. Geschähe es auch, daß man sich ein
wenig deswegen über mich aufhielte.
Ey,
Monsieur, nicht nur ein wenig, sondern recht
stark. Er legt einem so viel Quaderstücken
seines nur erst in Gedanken abgerissenen,
aber noch nicht aufgeführten Tempels in den
Weg, daß man sich Tritt vor Tritt dabey
aufhalten muß, weil man doch gern für die
vier Groschen, die sein Tempel-Riß kostet,
was reelles haben mögte. Doch die Actien
sind seitdem gefallen. Jn denen dresdnischen
Staats-Zeitungen
stehets, daß der Geschmacks-
Tempel
nun für zwey Groschen zu haben
sey.
16.
in dem Tempel des guten Geſchmacks.
ins Maul koͤmmt. Notetur haec phraſis
non ſemper occurrit!
13. Ein andrer, der nichts glauben kann,
wird meiner Reiserzehlung lachen.
pag. 5.
Der Herr hat ſich ſein richtig Prognoſticon
ſelber geſtellet! Er hat Materie gnug an die
Hand gegeben, auf ſeine Unkoſten zu lachen.
14. Noch mehr, vielleicht will man gar
wiſſen, wo des Geſchmackes Tempel ſteht.

Das braucht keines Kopfbrechens, noch daß
er den gleich darauf genannten goͤttlichen Poe-
ten
erſt bemuͤhe, ihm im Schlafe daruͤber ein
Oracul auszuſtellen. Opitz wuͤrde, wenn er
noch lebte, ſprechen: Ein Geſchmacks-Tem-
pel
iſt nirgends zu finden, als in deinem an-
bruͤchigen Gehirne,
du fantaſtiſcher Tempel-
Bauer!
15. Geſchaͤhe es auch, daß man ſich ein
wenig deswegen uͤber mich aufhielte.
Ey,
Monſieur, nicht nur ein wenig, ſondern recht
ſtark. Er legt einem ſo viel Quaderſtuͤcken
ſeines nur erſt in Gedanken abgeriſſenen,
aber noch nicht aufgefuͤhrten Tempels in den
Weg, daß man ſich Tritt vor Tritt dabey
aufhalten muß, weil man doch gern fuͤr die
vier Groſchen, die ſein Tempel-Riß koſtet,
was reelles haben moͤgte. Doch die Actien
ſind ſeitdem gefallen. Jn denen dresdniſchen
Staats-Zeitungen
ſtehets, daß der Geſchmacks-
Tempel
nun fuͤr zwey Groſchen zu haben
ſey.
16.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <list>
            <item><pb facs="#f0291" n="283"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in dem Tempel des guten Ge&#x017F;chmacks.</hi></fw><lb/>
ins Maul ko&#x0364;mmt. <hi rendition="#aq">Notetur haec phra&#x017F;is<lb/>
non &#x017F;emper occurrit!</hi></item><lb/>
            <item>13. <hi rendition="#fr">Ein andrer, der nichts glauben kann,<lb/>
wird meiner Reiserzehlung lachen.</hi> <hi rendition="#aq">pag.</hi> 5.<lb/>
Der Herr hat &#x017F;ich &#x017F;ein <hi rendition="#fr">richtig Progno&#x017F;ticon</hi><lb/>
&#x017F;elber ge&#x017F;tellet! Er hat <hi rendition="#fr">Materie gnug</hi> an die<lb/>
Hand gegeben, auf <hi rendition="#fr">&#x017F;eine Unko&#x017F;ten</hi> zu lachen.</item><lb/>
            <item>14. <hi rendition="#fr">Noch mehr, vielleicht will man gar<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, wo des Ge&#x017F;chmackes Tempel &#x017F;teht.</hi><lb/>
Das braucht keines Kopfbrechens, noch daß<lb/>
er den gleich darauf genannten <hi rendition="#fr">go&#x0364;ttlichen Poe-<lb/>
ten</hi> er&#x017F;t bemu&#x0364;he, ihm im Schlafe daru&#x0364;ber ein<lb/><hi rendition="#fr">Oracul</hi> auszu&#x017F;tellen. <hi rendition="#fr">Opitz</hi> wu&#x0364;rde, wenn er<lb/>
noch lebte, &#x017F;prechen: Ein <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chmacks-Tem-<lb/>
pel</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#fr">nirgends</hi> zu finden, als in deinem <hi rendition="#fr">an-<lb/>
bru&#x0364;chigen Gehirne,</hi> du <hi rendition="#fr">fanta&#x017F;ti&#x017F;cher Tempel-<lb/>
Bauer!</hi></item><lb/>
            <item>15. <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;cha&#x0364;he es auch, daß man &#x017F;ich ein<lb/>
wenig deswegen u&#x0364;ber mich aufhielte.</hi> Ey,<lb/><hi rendition="#aq">Mon&#x017F;ieur,</hi> nicht nur ein <hi rendition="#fr">wenig,</hi> &#x017F;ondern recht<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;tark.</hi> Er legt einem &#x017F;o viel <hi rendition="#fr">Quader&#x017F;tu&#x0364;cken</hi><lb/>
&#x017F;eines nur er&#x017F;t in Gedanken abgeri&#x017F;&#x017F;enen,<lb/>
aber <hi rendition="#fr">noch nicht aufgefu&#x0364;hrten Tempels</hi> in den<lb/>
Weg, daß man &#x017F;ich <hi rendition="#fr">Tritt vor Tritt</hi> dabey<lb/><hi rendition="#fr">aufhalten</hi> muß, weil man doch gern fu&#x0364;r die<lb/><hi rendition="#fr">vier Gro&#x017F;chen,</hi> die &#x017F;ein <hi rendition="#fr">Tempel-Riß</hi> ko&#x017F;tet,<lb/>
was <hi rendition="#fr">reelles</hi> haben mo&#x0364;gte. Doch die <hi rendition="#fr">Actien</hi><lb/>
&#x017F;ind &#x017F;eitdem gefallen. Jn denen <hi rendition="#fr">dresdni&#x017F;chen<lb/>
Staats-Zeitungen</hi> &#x017F;tehets, daß der <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chmacks-<lb/>
Tempel</hi> nun fu&#x0364;r zwey Gro&#x017F;chen zu haben<lb/>
&#x017F;ey.</item>
          </list><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">16.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0291] in dem Tempel des guten Geſchmacks. ins Maul koͤmmt. Notetur haec phraſis non ſemper occurrit! 13. Ein andrer, der nichts glauben kann, wird meiner Reiserzehlung lachen. pag. 5. Der Herr hat ſich ſein richtig Prognoſticon ſelber geſtellet! Er hat Materie gnug an die Hand gegeben, auf ſeine Unkoſten zu lachen. 14. Noch mehr, vielleicht will man gar wiſſen, wo des Geſchmackes Tempel ſteht. Das braucht keines Kopfbrechens, noch daß er den gleich darauf genannten goͤttlichen Poe- ten erſt bemuͤhe, ihm im Schlafe daruͤber ein Oracul auszuſtellen. Opitz wuͤrde, wenn er noch lebte, ſprechen: Ein Geſchmacks-Tem- pel iſt nirgends zu finden, als in deinem an- bruͤchigen Gehirne, du fantaſtiſcher Tempel- Bauer! 15. Geſchaͤhe es auch, daß man ſich ein wenig deswegen uͤber mich aufhielte. Ey, Monſieur, nicht nur ein wenig, ſondern recht ſtark. Er legt einem ſo viel Quaderſtuͤcken ſeines nur erſt in Gedanken abgeriſſenen, aber noch nicht aufgefuͤhrten Tempels in den Weg, daß man ſich Tritt vor Tritt dabey aufhalten muß, weil man doch gern fuͤr die vier Groſchen, die ſein Tempel-Riß koſtet, was reelles haben moͤgte. Doch die Actien ſind ſeitdem gefallen. Jn denen dresdniſchen Staats-Zeitungen ſtehets, daß der Geſchmacks- Tempel nun fuͤr zwey Groſchen zu haben ſey. 16.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/291
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/291>, abgerufen am 08.05.2024.