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Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.

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manche Lasten und Opfer übernehmen müssen; weit mehr gewinnen
jedoch wird das übrige Deutschland, -- die Rettung aus der drohenden
Auflösung, den Bestand, die Existenz als Nation; gewinnen wird jeder
Deutsche ein Vaterland im vollen, politischen Sinne, ein Vater-
land, das ihn zu schützen und zu vertreten die Macht hat, dessen er sich
rühmen, auf das er stolz seyn kann. Eine thörichtere Handlungsweise
aber kann man sich nicht denken, als die des Neidischen, welcher, um
dem Andern keinen Vortheil zukommen zu lassen, für sich selbst den
größern, die Rettung von Leben und Ehre verschmähte! -- -- --

Diese Ausführung ist umfassender geworden, als ich gewünscht. Aber
es galt, den einzelnen Angriffen und Einwendungen eine geschlossene,
sich gegenseitig tragende und unterstützende politische Anschauung gegen-
überzustellen, mit der daran sich anschließenden Aufforderung an die
Gegner: nicht etwa nur wieder Einzelnes zu bestreiten, diese und jene
Gedanken und Einfälle oder gar nur Machtsprüche und Schmähungen
vorzubringen, sondern das Ganze und Positive auch wieder durch einen
positiven Vorschlag zu bekämpfen. Ich läugne nicht, daß der hier ver-
theidigte politische Gedanke manche schwache Punkte und Blößen darbietet
und dessen Verwirklichung im besten Fall auf große Schwierigkeiten
stoßen wird; aber diese Schwächen beleuchten, diese Blößen aufdecken,
diese Schwierigkeiten vermehren mag der Ruhm eines scharfsinnigen Kopfes
und eines eiteln Nihilisten seyn; Vaterlandsliebe dagegen und Ehrgefühl
sollte Jeden davon zurückhalten, der nichts Besseres, Mögliches
vorzuschlagen weiß. Welche Gefühle der Trauer, der Schaam und des
Ingrimms müßten in der Brust der deutschgesinnten Württem-
berger kochen an dem Tage, wo in andern deutschen Ländern die Ab-
geordneten zum neuen Reichstage gewählt würden, während sie selbst in
grollendem Schweigen, in mißgünstiger Unthätigkeit bei Seite zu stehen
verdammt wären oder sich verdammt hätten!

Denen, die an Deutschlands Zukunft ganz verzweifeln, ist nichts
weiter zu sagen. Wenn sie auch Recht hätten, sollten sie doch nie als
Verzweifelnde handeln, oder vielmehr zu handeln aufhören. Auch
mit Solchen ist nicht zu streiten, welchen ein für alle Mal fest steht,
nicht mit Preußen zusammenzugehen. Aber das darf man von den
Letztern verlangen: wenn sie ihre Vorurtheile keiner politischen Erwä-
gung unterordnen und aufopfern, wenn sie aus der Enge und Kleinheit
ihrer partikularistischen Neigungen und Bestrebungen nie auf einen
höheren Standpunkt emporsteigen, wenn sie nur dem Orakel des Hasses,
der Leidenschaft nnd der Eifersucht ihr Ohr leihen wollen, dann die
Einheit und Größe Deutschlands, das Wort Vaterlandsliebe

manche Laſten und Opfer übernehmen müſſen; weit mehr gewinnen
jedoch wird das übrige Deutſchland, — die Rettung aus der drohenden
Auflöſung, den Beſtand, die Exiſtenz als Nation; gewinnen wird jeder
Deutſche ein Vaterland im vollen, politiſchen Sinne, ein Vater-
land, das ihn zu ſchützen und zu vertreten die Macht hat, deſſen er ſich
rühmen, auf das er ſtolz ſeyn kann. Eine thörichtere Handlungsweiſe
aber kann man ſich nicht denken, als die des Neidiſchen, welcher, um
dem Andern keinen Vortheil zukommen zu laſſen, für ſich ſelbſt den
größern, die Rettung von Leben und Ehre verſchmähte! — — —

Dieſe Ausführung iſt umfaſſender geworden, als ich gewünſcht. Aber
es galt, den einzelnen Angriffen und Einwendungen eine geſchloſſene,
ſich gegenſeitig tragende und unterſtützende politiſche Anſchauung gegen-
überzuſtellen, mit der daran ſich anſchließenden Aufforderung an die
Gegner: nicht etwa nur wieder Einzelnes zu beſtreiten, dieſe und jene
Gedanken und Einfälle oder gar nur Machtſprüche und Schmähungen
vorzubringen, ſondern das Ganze und Poſitive auch wieder durch einen
poſitiven Vorſchlag zu bekämpfen. Ich läugne nicht, daß der hier ver-
theidigte politiſche Gedanke manche ſchwache Punkte und Blößen darbietet
und deſſen Verwirklichung im beſten Fall auf große Schwierigkeiten
ſtoßen wird; aber dieſe Schwächen beleuchten, dieſe Blößen aufdecken,
dieſe Schwierigkeiten vermehren mag der Ruhm eines ſcharfſinnigen Kopfes
und eines eiteln Nihiliſten ſeyn; Vaterlandsliebe dagegen und Ehrgefühl
ſollte Jeden davon zurückhalten, der nichts Beſſeres, Mögliches
vorzuſchlagen weiß. Welche Gefühle der Trauer, der Schaam und des
Ingrimms müßten in der Bruſt der deutſchgeſinnten Württem-
berger kochen an dem Tage, wo in andern deutſchen Ländern die Ab-
geordneten zum neuen Reichstage gewählt würden, während ſie ſelbſt in
grollendem Schweigen, in mißgünſtiger Unthätigkeit bei Seite zu ſtehen
verdammt wären oder ſich verdammt hätten!

Denen, die an Deutſchlands Zukunft ganz verzweifeln, iſt nichts
weiter zu ſagen. Wenn ſie auch Recht hätten, ſollten ſie doch nie als
Verzweifelnde handeln, oder vielmehr zu handeln aufhören. Auch
mit Solchen iſt nicht zu ſtreiten, welchen ein für alle Mal feſt ſteht,
nicht mit Preußen zuſammenzugehen. Aber das darf man von den
Letztern verlangen: wenn ſie ihre Vorurtheile keiner politiſchen Erwä-
gung unterordnen und aufopfern, wenn ſie aus der Enge und Kleinheit
ihrer partikulariſtiſchen Neigungen und Beſtrebungen nie auf einen
höheren Standpunkt emporſteigen, wenn ſie nur dem Orakel des Haſſes,
der Leidenſchaft nnd der Eiferſucht ihr Ohr leihen wollen, dann die
Einheit und Größe Deutſchlands, das Wort Vaterlandsliebe

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[25/0035] manche Laſten und Opfer übernehmen müſſen; weit mehr gewinnen jedoch wird das übrige Deutſchland, — die Rettung aus der drohenden Auflöſung, den Beſtand, die Exiſtenz als Nation; gewinnen wird jeder Deutſche ein Vaterland im vollen, politiſchen Sinne, ein Vater- land, das ihn zu ſchützen und zu vertreten die Macht hat, deſſen er ſich rühmen, auf das er ſtolz ſeyn kann. Eine thörichtere Handlungsweiſe aber kann man ſich nicht denken, als die des Neidiſchen, welcher, um dem Andern keinen Vortheil zukommen zu laſſen, für ſich ſelbſt den größern, die Rettung von Leben und Ehre verſchmähte! — — — Dieſe Ausführung iſt umfaſſender geworden, als ich gewünſcht. Aber es galt, den einzelnen Angriffen und Einwendungen eine geſchloſſene, ſich gegenſeitig tragende und unterſtützende politiſche Anſchauung gegen- überzuſtellen, mit der daran ſich anſchließenden Aufforderung an die Gegner: nicht etwa nur wieder Einzelnes zu beſtreiten, dieſe und jene Gedanken und Einfälle oder gar nur Machtſprüche und Schmähungen vorzubringen, ſondern das Ganze und Poſitive auch wieder durch einen poſitiven Vorſchlag zu bekämpfen. Ich läugne nicht, daß der hier ver- theidigte politiſche Gedanke manche ſchwache Punkte und Blößen darbietet und deſſen Verwirklichung im beſten Fall auf große Schwierigkeiten ſtoßen wird; aber dieſe Schwächen beleuchten, dieſe Blößen aufdecken, dieſe Schwierigkeiten vermehren mag der Ruhm eines ſcharfſinnigen Kopfes und eines eiteln Nihiliſten ſeyn; Vaterlandsliebe dagegen und Ehrgefühl ſollte Jeden davon zurückhalten, der nichts Beſſeres, Mögliches vorzuſchlagen weiß. Welche Gefühle der Trauer, der Schaam und des Ingrimms müßten in der Bruſt der deutſchgeſinnten Württem- berger kochen an dem Tage, wo in andern deutſchen Ländern die Ab- geordneten zum neuen Reichstage gewählt würden, während ſie ſelbſt in grollendem Schweigen, in mißgünſtiger Unthätigkeit bei Seite zu ſtehen verdammt wären oder ſich verdammt hätten! Denen, die an Deutſchlands Zukunft ganz verzweifeln, iſt nichts weiter zu ſagen. Wenn ſie auch Recht hätten, ſollten ſie doch nie als Verzweifelnde handeln, oder vielmehr zu handeln aufhören. Auch mit Solchen iſt nicht zu ſtreiten, welchen ein für alle Mal feſt ſteht, nicht mit Preußen zuſammenzugehen. Aber das darf man von den Letztern verlangen: wenn ſie ihre Vorurtheile keiner politiſchen Erwä- gung unterordnen und aufopfern, wenn ſie aus der Enge und Kleinheit ihrer partikulariſtiſchen Neigungen und Beſtrebungen nie auf einen höheren Standpunkt emporſteigen, wenn ſie nur dem Orakel des Haſſes, der Leidenſchaft nnd der Eiferſucht ihr Ohr leihen wollen, dann die Einheit und Größe Deutſchlands, das Wort Vaterlandsliebe

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Zitationshilfe: Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfizer_einheit_1849/35>, abgerufen am 22.11.2024.