Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.entgegengesetzten Ansichten über die Neugestaltung Deutschlands erklären; Wenn sich die Totalität und die Centralisirung Deutsch- Die Antwort der Einen ist: die Ganzheit; das sind die An- Nicht schwer ist es, bei Gemüthern, die sich von Worten be- Ob die Großdeutschen oder die Kleindeutschen bessere, aufrich- Einen thatsächlichen Beweis dafür, daß die größere Einsicht auf entgegengeſetzten Anſichten über die Neugeſtaltung Deutſchlands erklären; Wenn ſich die Totalität und die Centraliſirung Deutſch- Die Antwort der Einen iſt: die Ganzheit; das ſind die An- Nicht ſchwer iſt es, bei Gemüthern, die ſich von Worten be- Ob die Großdeutſchen oder die Kleindeutſchen beſſere, aufrich- Einen thatſächlichen Beweis dafür, daß die größere Einſicht auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="2"/> entgegengeſetzten Anſichten über die Neugeſtaltung Deutſchlands erklären;<lb/> aber damit will ich nicht behaupten, dieſe beruhen nur auf der Ver-<lb/> ſchiedenheit <hi rendition="#g">der Begriffe</hi>, ſondern die Verſchiedenheit, der Gegenſatz<lb/> der <hi rendition="#g">Intereſſen</hi> hat auf die Begriffe ſelbſt influirt.</p><lb/> <p>Wenn ſich die <hi rendition="#g">Totalität</hi> und die <hi rendition="#g">Centraliſirung</hi> Deutſch-<lb/> lands verbinden ließe, ſo wäre die Aufgabe am vollſtändigſten gelöst,<lb/> der Wunſch am ſchönſten erfüllt. Wenn dieß nicht möglich iſt, ſo muß<lb/> man ſich zu einer, immerhin bittern Wahl entſchließen; und es fragt<lb/> ſich: auf was ſoll man eher verzichten, was müſſen wir zuerſt zu<lb/> retten ſuchen?</p><lb/> <p>Die Antwort der Einen iſt: <hi rendition="#g">die Ganzheit</hi>; das ſind die An-<lb/> hänger des Staatenbundes, des Direktoriums, der öſterreichiſchen Ober-<lb/> hauptſchaft, die ſogenannten Großdeutſchen; die Andern ſagen: die <hi rendition="#g">Cen-<lb/> tralität</hi>; das ſind die Anhänger des Bundesſtaats, des Centralſtaats,<lb/> der preußiſchen Hegemonie, die Erbkaiſerlichen, die ſogenannten Klein-<lb/> deutſchen.</p><lb/> <p>Nicht ſchwer iſt es, bei Gemüthern, die ſich von <hi rendition="#g">Worten</hi> be-<lb/> ſtechen, von <hi rendition="#g">Gefühlen</hi> beſtimmen laſſen, die letztere Anſicht in Miß-<lb/> kredit zu bringen. Man wirft den Anhängern derſelben vor, daß ſie<lb/> ein <hi rendition="#g">kleines</hi> Deutſchland einem <hi rendition="#g">großen</hi>, daß ſie ein Dreiviertels-,<lb/> ein zerſtückeltes Deutſchland dem <hi rendition="#g">Ganzen</hi> vorziehen, daß ſie die öſt-<lb/> reichiſchen Bruderſtämme zurückſtoßen, wegſchneiden, das herrliche Vater-<lb/> land verſtümmeln, — und das Alles am Ende nur aus Vorliebe für<lb/><hi rendition="#g">Preußen</hi>, im Dienſte preußiſcher Herrſchſucht, preußiſcher Intriken,<lb/> um dieſem Staat zu größerer Macht zu verhelfen.</p><lb/> <p>Ob die Großdeutſchen oder die Kleindeutſchen beſſere, <hi rendition="#g">aufrich-<lb/> tigere, uneigennützigere Patrioten</hi> ſind? das läßt ſich von<lb/> vornherein nicht mit Sicherheit entſcheiden, denn man kann nicht in die<lb/> Herzen ſchauen, und jeder Unbefangene wird zugeben: es gibt Aufrich-<lb/> tige und Unaufrichtige, Selbſtſüchtige und Selbſtſuchtsloſe unter beiden<lb/> Parteien; die Frage, die uns beſchäftigen muß, iſt zunächſt die: auf<lb/> welcher Seite iſt die <hi rendition="#g">größere politiſche Einſicht</hi>?</p><lb/> <p>Einen thatſächlichen Beweis dafür, daß die größere Einſicht auf<lb/> Seiten der Partei des Central- oder Bundesſtaats, der ſogenannten<lb/> Kleindeutſchen iſt, möchten wir darin finden, daß <hi rendition="#g">ſie</hi> in Frankfurt eine<lb/> deutſche Reichsverfaſſung auf dieſer Grundlage entworfen und beſchloſſen<lb/> hat, welcher ein großer Theil der deutſchen Staaten beitrat und die<lb/> hauptſächlich nur an der Weigerung der <hi rendition="#g">preußiſchen</hi> Regierung<lb/> ſcheiterte. Der Widerſpruch der baieriſchen Regierung wäre <hi rendition="#g">vermuth-<lb/> lich</hi>, der der ſächſiſchen und hannöverſchen ohne Zweifel noch zu über-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0012]
entgegengeſetzten Anſichten über die Neugeſtaltung Deutſchlands erklären;
aber damit will ich nicht behaupten, dieſe beruhen nur auf der Ver-
ſchiedenheit der Begriffe, ſondern die Verſchiedenheit, der Gegenſatz
der Intereſſen hat auf die Begriffe ſelbſt influirt.
Wenn ſich die Totalität und die Centraliſirung Deutſch-
lands verbinden ließe, ſo wäre die Aufgabe am vollſtändigſten gelöst,
der Wunſch am ſchönſten erfüllt. Wenn dieß nicht möglich iſt, ſo muß
man ſich zu einer, immerhin bittern Wahl entſchließen; und es fragt
ſich: auf was ſoll man eher verzichten, was müſſen wir zuerſt zu
retten ſuchen?
Die Antwort der Einen iſt: die Ganzheit; das ſind die An-
hänger des Staatenbundes, des Direktoriums, der öſterreichiſchen Ober-
hauptſchaft, die ſogenannten Großdeutſchen; die Andern ſagen: die Cen-
tralität; das ſind die Anhänger des Bundesſtaats, des Centralſtaats,
der preußiſchen Hegemonie, die Erbkaiſerlichen, die ſogenannten Klein-
deutſchen.
Nicht ſchwer iſt es, bei Gemüthern, die ſich von Worten be-
ſtechen, von Gefühlen beſtimmen laſſen, die letztere Anſicht in Miß-
kredit zu bringen. Man wirft den Anhängern derſelben vor, daß ſie
ein kleines Deutſchland einem großen, daß ſie ein Dreiviertels-,
ein zerſtückeltes Deutſchland dem Ganzen vorziehen, daß ſie die öſt-
reichiſchen Bruderſtämme zurückſtoßen, wegſchneiden, das herrliche Vater-
land verſtümmeln, — und das Alles am Ende nur aus Vorliebe für
Preußen, im Dienſte preußiſcher Herrſchſucht, preußiſcher Intriken,
um dieſem Staat zu größerer Macht zu verhelfen.
Ob die Großdeutſchen oder die Kleindeutſchen beſſere, aufrich-
tigere, uneigennützigere Patrioten ſind? das läßt ſich von
vornherein nicht mit Sicherheit entſcheiden, denn man kann nicht in die
Herzen ſchauen, und jeder Unbefangene wird zugeben: es gibt Aufrich-
tige und Unaufrichtige, Selbſtſüchtige und Selbſtſuchtsloſe unter beiden
Parteien; die Frage, die uns beſchäftigen muß, iſt zunächſt die: auf
welcher Seite iſt die größere politiſche Einſicht?
Einen thatſächlichen Beweis dafür, daß die größere Einſicht auf
Seiten der Partei des Central- oder Bundesſtaats, der ſogenannten
Kleindeutſchen iſt, möchten wir darin finden, daß ſie in Frankfurt eine
deutſche Reichsverfaſſung auf dieſer Grundlage entworfen und beſchloſſen
hat, welcher ein großer Theil der deutſchen Staaten beitrat und die
hauptſächlich nur an der Weigerung der preußiſchen Regierung
ſcheiterte. Der Widerſpruch der baieriſchen Regierung wäre vermuth-
lich, der der ſächſiſchen und hannöverſchen ohne Zweifel noch zu über-
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