Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.gut gehalten. Sie bekommen Brod und Branntwein, eine sehr kleine Portion Fleisch und täglich zweimal eine Suppe von sauerm Kohl, Bartsch genannt. Die Zahl der Offiziere, deren Frauen und Soldaten auf dem Decke vermehrte sich mit jeder neuen Station; ausgeschifft wurden dagegen nur wenige. Bald war das Deck mit Hauseinrichtungen, mit Kisten, Koffern, Schachteln u. s. w. so überfüllt, daß man kaum ein Plätzchen zum Sitzen fand, und dies nur auf einer Höhe von aufgestapelten Effecten. Nie sah ich auf einem Schiffe ein ähnliches Lager. Bei schönem Wetter gewährte dies Leben und Treiben viel Unterhaltung, es gab immer etwas neues zu sehen, alles war heiter und zufrieden und schien nur eine Familie zu bilden; kam aber plötzlich ein tüchtiger Regen daher, oder überspülte eine unbescheidene Woge das Deck, da wurde gelärmt und geschrien und man erfuhr augenblicklich den Inhalt jeder Kiste und jedes Kastens. Der eine rief: Wie soll ich meine Zuckerhüte schützen, der andere: Ach, mein Mehl wird unbrauchbar. Dort klagte eine Frau, daß ihre Hüte voll Flecken wären, hier eine andere, daß die Uniform ihres Mannes verdorben würde, u. s. w. An einigen der kleineren Stationen hatten wir auch kranke Soldaten gefaßt, um sie nach Kertsch in das Spital zu bringen. Es geschah dieß, wie man mir sagte, weniger der Pflege als der Sicherheit wegen. Estere hätten sie auch an Ort und Stelle gehabt; allein alle die kleinen Ortschaften von Redutkale bis Anapka werden noch immer zeitweise von den tscherkessischen Taxtaren gut gehalten. Sie bekommen Brod und Branntwein, eine sehr kleine Portion Fleisch und täglich zweimal eine Suppe von sauerm Kohl, Bartsch genannt. Die Zahl der Offiziere, deren Frauen und Soldaten auf dem Decke vermehrte sich mit jeder neuen Station; ausgeschifft wurden dagegen nur wenige. Bald war das Deck mit Hauseinrichtungen, mit Kisten, Koffern, Schachteln u. s. w. so überfüllt, daß man kaum ein Plätzchen zum Sitzen fand, und dies nur auf einer Höhe von aufgestapelten Effecten. Nie sah ich auf einem Schiffe ein ähnliches Lager. Bei schönem Wetter gewährte dies Leben und Treiben viel Unterhaltung, es gab immer etwas neues zu sehen, alles war heiter und zufrieden und schien nur eine Familie zu bilden; kam aber plötzlich ein tüchtiger Regen daher, oder überspülte eine unbescheidene Woge das Deck, da wurde gelärmt und geschrien und man erfuhr augenblicklich den Inhalt jeder Kiste und jedes Kastens. Der eine rief: Wie soll ich meine Zuckerhüte schützen, der andere: Ach, mein Mehl wird unbrauchbar. Dort klagte eine Frau, daß ihre Hüte voll Flecken wären, hier eine andere, daß die Uniform ihres Mannes verdorben würde, u. s. w. An einigen der kleineren Stationen hatten wir auch kranke Soldaten gefaßt, um sie nach Kertsch in das Spital zu bringen. Es geschah dieß, wie man mir sagte, weniger der Pflege als der Sicherheit wegen. Estere hätten sie auch an Ort und Stelle gehabt; allein alle die kleinen Ortschaften von Redutkale bis Anapka werden noch immer zeitweise von den tscherkessischen Taxtaren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0292" n="284"/> gut gehalten. Sie bekommen Brod und Branntwein, eine sehr kleine Portion Fleisch und täglich zweimal eine Suppe von sauerm Kohl, Bartsch genannt.</p> <p>Die Zahl der Offiziere, deren Frauen und Soldaten auf dem Decke vermehrte sich mit jeder neuen Station; ausgeschifft wurden dagegen nur wenige.</p> <p>Bald war das Deck mit Hauseinrichtungen, mit Kisten, Koffern, Schachteln u. s. w. so überfüllt, daß man kaum ein Plätzchen zum Sitzen fand, und dies nur auf einer Höhe von aufgestapelten Effecten. Nie sah ich auf einem Schiffe ein ähnliches Lager.</p> <p>Bei schönem Wetter gewährte dies Leben und Treiben viel Unterhaltung, es gab immer etwas neues zu sehen, alles war heiter und zufrieden und schien nur eine Familie zu bilden; kam aber plötzlich ein tüchtiger Regen daher, oder überspülte eine unbescheidene Woge das Deck, da wurde gelärmt und geschrien und man erfuhr augenblicklich den Inhalt jeder Kiste und jedes Kastens. Der eine rief: Wie soll ich meine Zuckerhüte schützen, der andere: Ach, mein Mehl wird unbrauchbar. Dort klagte eine Frau, daß ihre Hüte voll Flecken wären, hier eine andere, daß die Uniform ihres Mannes verdorben würde, u. s. w.</p> <p>An einigen der kleineren Stationen hatten wir auch kranke Soldaten gefaßt, um sie nach <hi rendition="#aq">Kertsch</hi> in das Spital zu bringen. Es geschah dieß, wie man mir sagte, weniger der Pflege als der Sicherheit wegen. Estere hätten sie auch an Ort und Stelle gehabt; allein alle die kleinen Ortschaften von <hi rendition="#aq">Redutkale</hi> bis <hi rendition="#aq">Anapka</hi> werden noch immer zeitweise von den tscherkessischen Taxtaren </p> </div> </body> </text> </TEI> [284/0292]
gut gehalten. Sie bekommen Brod und Branntwein, eine sehr kleine Portion Fleisch und täglich zweimal eine Suppe von sauerm Kohl, Bartsch genannt.
Die Zahl der Offiziere, deren Frauen und Soldaten auf dem Decke vermehrte sich mit jeder neuen Station; ausgeschifft wurden dagegen nur wenige.
Bald war das Deck mit Hauseinrichtungen, mit Kisten, Koffern, Schachteln u. s. w. so überfüllt, daß man kaum ein Plätzchen zum Sitzen fand, und dies nur auf einer Höhe von aufgestapelten Effecten. Nie sah ich auf einem Schiffe ein ähnliches Lager.
Bei schönem Wetter gewährte dies Leben und Treiben viel Unterhaltung, es gab immer etwas neues zu sehen, alles war heiter und zufrieden und schien nur eine Familie zu bilden; kam aber plötzlich ein tüchtiger Regen daher, oder überspülte eine unbescheidene Woge das Deck, da wurde gelärmt und geschrien und man erfuhr augenblicklich den Inhalt jeder Kiste und jedes Kastens. Der eine rief: Wie soll ich meine Zuckerhüte schützen, der andere: Ach, mein Mehl wird unbrauchbar. Dort klagte eine Frau, daß ihre Hüte voll Flecken wären, hier eine andere, daß die Uniform ihres Mannes verdorben würde, u. s. w.
An einigen der kleineren Stationen hatten wir auch kranke Soldaten gefaßt, um sie nach Kertsch in das Spital zu bringen. Es geschah dieß, wie man mir sagte, weniger der Pflege als der Sicherheit wegen. Estere hätten sie auch an Ort und Stelle gehabt; allein alle die kleinen Ortschaften von Redutkale bis Anapka werden noch immer zeitweise von den tscherkessischen Taxtaren
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/292>, abgerufen am 16.07.2024. |