Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Gagri, Adlarund andern Orten an. -- Bei Bambur bemerkte ich großartige Felspartien. 20. September. Die kaukasischen Gebirge waren verschwunden, und auch die dichten Waldungen machten großen freien Plätzen Raum. Sturm, Wind und Regen verließen uns noch immer nicht. Der Maschinist vom Schiffe, ein Engländer, Herr Platts, hatte zufällig von meinen Reisen vernommen (vermuthlich durch den Paß, den ich abliefern mußte, als ich das Schiff betrat); er stellte sich mir heute vor und bot mir während der Tageszeit seine Kajüte an; auch verwendete er sich für mich bei einem der Offiziere, und es gelang ihm, mir ein Kajütchen auszuwirken, das zwar an der Matrosenkajüte lag, aber durch eine Thür davon abgeschlossen war. Ich bin beiden Herren sehr dankbar für ihre Güte, die um so größer war, da man mir, der Fremden, den Vorzug vor den russischen Offizieren gab, deren wenigstens ein halb Dutzend auf dem Decke kampirte. Bei Sissasse lange verweilt. Es ist dies eine Hauptstation, eine schöne Festung auf einem Hügel; rund herum liegen hübsche hölzerne Häuser. 21. September. Das war eine fürchterliche Nacht! -- Einer der Matrosen, der am 20. noch frisch und gesund war und sein Abendbrot mit guten Appetite verzehrte, wurde plötzlich von der Cholera befallen. Die Schmerzenslaute des Armen drangen mir tief in die Seele und ich floh auf's Deck; aber der heftige Regen, die empfindliche Kälte waren mir nicht minder schrecklich. Ich hatte nichts als meinen Mantel, der alsbald Gagri, Adlarund andern Orten an. — Bei Bambur bemerkte ich großartige Felspartien. 20. September. Die kaukasischen Gebirge waren verschwunden, und auch die dichten Waldungen machten großen freien Plätzen Raum. Sturm, Wind und Regen verließen uns noch immer nicht. Der Maschinist vom Schiffe, ein Engländer, Herr Platts, hatte zufällig von meinen Reisen vernommen (vermuthlich durch den Paß, den ich abliefern mußte, als ich das Schiff betrat); er stellte sich mir heute vor und bot mir während der Tageszeit seine Kajüte an; auch verwendete er sich für mich bei einem der Offiziere, und es gelang ihm, mir ein Kajütchen auszuwirken, das zwar an der Matrosenkajüte lag, aber durch eine Thür davon abgeschlossen war. Ich bin beiden Herren sehr dankbar für ihre Güte, die um so größer war, da man mir, der Fremden, den Vorzug vor den russischen Offizieren gab, deren wenigstens ein halb Dutzend auf dem Decke kampirte. Bei Sissassé lange verweilt. Es ist dies eine Hauptstation, eine schöne Festung auf einem Hügel; rund herum liegen hübsche hölzerne Häuser. 21. September. Das war eine fürchterliche Nacht! — Einer der Matrosen, der am 20. noch frisch und gesund war und sein Abendbrot mit guten Appetite verzehrte, wurde plötzlich von der Cholera befallen. Die Schmerzenslaute des Armen drangen mir tief in die Seele und ich floh auf’s Deck; aber der heftige Regen, die empfindliche Kälte waren mir nicht minder schrecklich. Ich hatte nichts als meinen Mantel, der alsbald <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0290" n="282"/><hi rendition="#aq">Gagri, Adlar</hi>und andern Orten an. — Bei <hi rendition="#aq">Bambur</hi> bemerkte ich großartige Felspartien.</p> <p>20. September. Die kaukasischen Gebirge waren verschwunden, und auch die dichten Waldungen machten großen freien Plätzen Raum. Sturm, Wind und Regen verließen uns noch immer nicht.</p> <p>Der Maschinist vom Schiffe, ein Engländer, Herr Platts, hatte zufällig von meinen Reisen vernommen (vermuthlich durch den Paß, den ich abliefern mußte, als ich das Schiff betrat); er stellte sich mir heute vor und bot mir während der Tageszeit seine Kajüte an; auch verwendete er sich für mich bei einem der Offiziere, und es gelang ihm, mir ein Kajütchen auszuwirken, das zwar an der Matrosenkajüte lag, aber durch eine Thür davon abgeschlossen war. Ich bin beiden Herren sehr dankbar für ihre Güte, die um so größer war, da man mir, der Fremden, den Vorzug vor den russischen Offizieren gab, deren wenigstens ein halb Dutzend auf dem Decke kampirte.</p> <p>Bei <hi rendition="#aq">Sissassé</hi> lange verweilt. Es ist dies eine Hauptstation, eine schöne Festung auf einem Hügel; rund herum liegen hübsche hölzerne Häuser.</p> <p>21. September. Das war eine fürchterliche Nacht! — Einer der Matrosen, der am 20. noch frisch und gesund war und sein Abendbrot mit guten Appetite verzehrte, wurde plötzlich von der Cholera befallen. Die Schmerzenslaute des Armen drangen mir tief in die Seele und ich floh auf’s Deck; aber der heftige Regen, die empfindliche Kälte waren mir nicht minder schrecklich. Ich hatte nichts als meinen Mantel, der alsbald </p> </div> </body> </text> </TEI> [282/0290]
Gagri, Adlarund andern Orten an. — Bei Bambur bemerkte ich großartige Felspartien.
20. September. Die kaukasischen Gebirge waren verschwunden, und auch die dichten Waldungen machten großen freien Plätzen Raum. Sturm, Wind und Regen verließen uns noch immer nicht.
Der Maschinist vom Schiffe, ein Engländer, Herr Platts, hatte zufällig von meinen Reisen vernommen (vermuthlich durch den Paß, den ich abliefern mußte, als ich das Schiff betrat); er stellte sich mir heute vor und bot mir während der Tageszeit seine Kajüte an; auch verwendete er sich für mich bei einem der Offiziere, und es gelang ihm, mir ein Kajütchen auszuwirken, das zwar an der Matrosenkajüte lag, aber durch eine Thür davon abgeschlossen war. Ich bin beiden Herren sehr dankbar für ihre Güte, die um so größer war, da man mir, der Fremden, den Vorzug vor den russischen Offizieren gab, deren wenigstens ein halb Dutzend auf dem Decke kampirte.
Bei Sissassé lange verweilt. Es ist dies eine Hauptstation, eine schöne Festung auf einem Hügel; rund herum liegen hübsche hölzerne Häuser.
21. September. Das war eine fürchterliche Nacht! — Einer der Matrosen, der am 20. noch frisch und gesund war und sein Abendbrot mit guten Appetite verzehrte, wurde plötzlich von der Cholera befallen. Die Schmerzenslaute des Armen drangen mir tief in die Seele und ich floh auf’s Deck; aber der heftige Regen, die empfindliche Kälte waren mir nicht minder schrecklich. Ich hatte nichts als meinen Mantel, der alsbald
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/290>, abgerufen am 16.02.2025. |