Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.kräftig und dicht, so daß mich diese Vegetation einigermaßen an jene Brasiliens erinnerte. Die dritte Station führte größtentheils an der Seite des Flusses Mirabka, durch ein enges Thal. Die Straße zwischen dem Flusse und den Felswänden war so schmal, daß an vielen Stellen nur ein Wagen Raum hatte. Oft mußten wir zehn bis zwanzig Minuten anhalten, um die holzbeladenen Karren, deren wir sehr vielen begegneten, vorüber fahren zu lassen, -- und das nennt man eine Poststraße! Georgien ist bereits an fünfzig Jahre unter russischer Herrschaft, und erst seit kurzem sind hin und wieder Straßen im Baue. Wenn man vielleicht wieder nach fünfzig Jahren kömmt, wird man sie fertig oder wohl gar wieder verfallen finden. So wie an Straßen mangelt es auch an Brücken. Ueber tiefe Flüße, wie z. B. die Mirabka, setzt man in erbärmlichen Fahrzeugen; minder tiefe muß man durchfahren. Bei Regenzeiten, bei plötzlichem Thauwetter in den Schneegebirgen schwellen die Flüsse an, der Reisende muß dann entweder Tagelang warten, oder sein Leben auf's Spiel setzen. -- Welch' mächtiger Unterschied zwischen den Colonisirungen Rußlands und Englands! Spät des Abends kam ich durchnäßt und mit Koth bedeckt in der zwei Werste vor Kutais liegenden Station an. Sonderbar ist es, daß die Posthäuser gewöhnlich ein auch zwei Werste von den Ortschaften oder Städten abliegen. Man ist auf diese Art der Unannehmlichkeit ausgesetzt eine eigene Gelegenheit aufnehmen zu müssen, wenn man in den Städten oder Ortschaften etwas zu besorgen hat. 9. September. Kutais mit 10,000 Einwohner liegt in einem wahren Naturpark; alles rund umher grünt in kräftig und dicht, so daß mich diese Vegetation einigermaßen an jene Brasiliens erinnerte. Die dritte Station führte größtentheils an der Seite des Flusses Mirabka, durch ein enges Thal. Die Straße zwischen dem Flusse und den Felswänden war so schmal, daß an vielen Stellen nur ein Wagen Raum hatte. Oft mußten wir zehn bis zwanzig Minuten anhalten, um die holzbeladenen Karren, deren wir sehr vielen begegneten, vorüber fahren zu lassen, — und das nennt man eine Poststraße! Georgien ist bereits an fünfzig Jahre unter russischer Herrschaft, und erst seit kurzem sind hin und wieder Straßen im Baue. Wenn man vielleicht wieder nach fünfzig Jahren kömmt, wird man sie fertig oder wohl gar wieder verfallen finden. So wie an Straßen mangelt es auch an Brücken. Ueber tiefe Flüße, wie z. B. die Mirabka, setzt man in erbärmlichen Fahrzeugen; minder tiefe muß man durchfahren. Bei Regenzeiten, bei plötzlichem Thauwetter in den Schneegebirgen schwellen die Flüsse an, der Reisende muß dann entweder Tagelang warten, oder sein Leben auf’s Spiel setzen. — Welch’ mächtiger Unterschied zwischen den Colonisirungen Rußlands und Englands! Spät des Abends kam ich durchnäßt und mit Koth bedeckt in der zwei Werste vor Kutais liegenden Station an. Sonderbar ist es, daß die Posthäuser gewöhnlich ein auch zwei Werste von den Ortschaften oder Städten abliegen. Man ist auf diese Art der Unannehmlichkeit ausgesetzt eine eigene Gelegenheit aufnehmen zu müssen, wenn man in den Städten oder Ortschaften etwas zu besorgen hat. 9. September. Kutais mit 10,000 Einwohner liegt in einem wahren Naturpark; alles rund umher grünt in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0279" n="271"/> kräftig und dicht, so daß mich diese Vegetation einigermaßen an jene Brasiliens erinnerte.</p> <p>Die dritte Station führte größtentheils an der Seite des Flusses Mirabka, durch ein enges Thal. Die Straße zwischen dem Flusse und den Felswänden war so schmal, daß an vielen Stellen nur ein Wagen Raum hatte. 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kräftig und dicht, so daß mich diese Vegetation einigermaßen an jene Brasiliens erinnerte.
Die dritte Station führte größtentheils an der Seite des Flusses Mirabka, durch ein enges Thal. Die Straße zwischen dem Flusse und den Felswänden war so schmal, daß an vielen Stellen nur ein Wagen Raum hatte. Oft mußten wir zehn bis zwanzig Minuten anhalten, um die holzbeladenen Karren, deren wir sehr vielen begegneten, vorüber fahren zu lassen, — und das nennt man eine Poststraße!
Georgien ist bereits an fünfzig Jahre unter russischer Herrschaft, und erst seit kurzem sind hin und wieder Straßen im Baue. Wenn man vielleicht wieder nach fünfzig Jahren kömmt, wird man sie fertig oder wohl gar wieder verfallen finden. So wie an Straßen mangelt es auch an Brücken. Ueber tiefe Flüße, wie z. B. die Mirabka, setzt man in erbärmlichen Fahrzeugen; minder tiefe muß man durchfahren. Bei Regenzeiten, bei plötzlichem Thauwetter in den Schneegebirgen schwellen die Flüsse an, der Reisende muß dann entweder Tagelang warten, oder sein Leben auf’s Spiel setzen. — Welch’ mächtiger Unterschied zwischen den Colonisirungen Rußlands und Englands!
Spät des Abends kam ich durchnäßt und mit Koth bedeckt in der zwei Werste vor Kutais liegenden Station an. Sonderbar ist es, daß die Posthäuser gewöhnlich ein auch zwei Werste von den Ortschaften oder Städten abliegen. Man ist auf diese Art der Unannehmlichkeit ausgesetzt eine eigene Gelegenheit aufnehmen zu müssen, wenn man in den Städten oder Ortschaften etwas zu besorgen hat.
9. September. Kutais mit 10,000 Einwohner liegt in einem wahren Naturpark; alles rund umher grünt in
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/279>, abgerufen am 16.02.2025. |