Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.allenfalls die Pest oder die Cholera gerade ihr Unwesen in Persien treiben sollten. Ein Brief von dem russischen Consul aus Tebris an den ersten hiesigen Beamten verschaffte mir eine sehr höfliche Aufnahme, -- der Mangel an Pest und Cholera enthob mich der Quarantaine. Kaum stand ich aber auf russischem Boden, so fing auch schon die unverschämte Bettelei um Trinkgeld an. Der Beamte hatte unter seinen Leuten einen Kosaken, der vorgab deutsch zu verstehen; man sandte ihn zu mir, um nach meinen Wünschen zu fragen. Der Spitzbube wußte so viel deutsch als ich chinesisch, kaum drei bis vier Worte. Ich bedeutete ihm daher, daß ich seiner nicht bedürfe; trotz dem streckte er gleich die Hand aus und bat um Trinkgeld. 13. August. Zeitlich des Morgens verließ ich in Begleitung eines Zollaufsehers Arax und ritt fünf und dreißig Werste nach dem Städtchen Natschivan, das in einem der großen Thäler liegt, die von dem hohen Gebirge des Ararat umgeben sind. Dieses Thal gehört auch zu den fruchtbaren, ist aber, wie die ganze Umgebung arm an Bäumen. In keinem Orte der Welt hatte ich so viel Mühe unter Dach und Fach zu kommen, als hier. Ich besaß zwei Briefe, einen an einen deutschen Arzt, den andern an den Gouverneur. Zu letzterem wollte ich nicht im Reiseanzuge gehen, (ich befand mich ja nun unter cultivirten Leuten, die den Menschen sogleich nach dem Anzuge zu schätzen pflegen) und dachte daher, da es keinen Gasthof gab, den Doctor um gütige Aufnahme zu bitten. Ich ließ die Adresse des Briefes, die in der Landessprache geschrieben allenfalls die Pest oder die Cholera gerade ihr Unwesen in Persien treiben sollten. Ein Brief von dem russischen Consul aus Tebris an den ersten hiesigen Beamten verschaffte mir eine sehr höfliche Aufnahme, — der Mangel an Pest und Cholera enthob mich der Quarantaine. Kaum stand ich aber auf russischem Boden, so fing auch schon die unverschämte Bettelei um Trinkgeld an. Der Beamte hatte unter seinen Leuten einen Kosaken, der vorgab deutsch zu verstehen; man sandte ihn zu mir, um nach meinen Wünschen zu fragen. Der Spitzbube wußte so viel deutsch als ich chinesisch, kaum drei bis vier Worte. Ich bedeutete ihm daher, daß ich seiner nicht bedürfe; trotz dem streckte er gleich die Hand aus und bat um Trinkgeld. 13. August. Zeitlich des Morgens verließ ich in Begleitung eines Zollaufsehers Arax und ritt fünf und dreißig Werste nach dem Städtchen Natschivan, das in einem der großen Thäler liegt, die von dem hohen Gebirge des Ararat umgeben sind. Dieses Thal gehört auch zu den fruchtbaren, ist aber, wie die ganze Umgebung arm an Bäumen. In keinem Orte der Welt hatte ich so viel Mühe unter Dach und Fach zu kommen, als hier. Ich besaß zwei Briefe, einen an einen deutschen Arzt, den andern an den Gouverneur. Zu letzterem wollte ich nicht im Reiseanzuge gehen, (ich befand mich ja nun unter cultivirten Leuten, die den Menschen sogleich nach dem Anzuge zu schätzen pflegen) und dachte daher, da es keinen Gasthof gab, den Doctor um gütige Aufnahme zu bitten. Ich ließ die Adresse des Briefes, die in der Landessprache geschrieben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="242"/> allenfalls die Pest oder die Cholera gerade ihr Unwesen in Persien treiben sollten.</p> <p>Ein Brief von dem russischen Consul aus <hi rendition="#aq">Tebris</hi> an den ersten hiesigen Beamten verschaffte mir eine sehr höfliche Aufnahme, — der Mangel an Pest und Cholera enthob mich der Quarantaine. Kaum stand ich aber auf russischem Boden, so fing auch schon die unverschämte Bettelei um Trinkgeld an. Der Beamte hatte unter seinen Leuten einen Kosaken, der vorgab deutsch zu verstehen; man sandte ihn zu mir, um nach meinen Wünschen zu fragen. Der Spitzbube wußte so viel deutsch als ich chinesisch, kaum drei bis vier Worte. Ich bedeutete ihm daher, daß ich seiner nicht bedürfe; trotz dem streckte er gleich die Hand aus und bat um Trinkgeld.</p> <p>13. August. Zeitlich des Morgens verließ ich in Begleitung eines Zollaufsehers <hi rendition="#aq">Arax</hi> und ritt fünf und dreißig Werste nach dem Städtchen <hi rendition="#aq">Natschivan</hi>, das in einem der großen Thäler liegt, die von dem hohen Gebirge des <hi rendition="#aq">Ararat</hi> umgeben sind. Dieses Thal gehört auch zu den fruchtbaren, ist aber, wie die ganze Umgebung arm an Bäumen.</p> <p>In keinem Orte der Welt hatte ich so viel Mühe unter Dach und Fach zu kommen, als hier. Ich besaß zwei Briefe, einen an einen deutschen Arzt, den andern an den Gouverneur. Zu letzterem wollte ich nicht im Reiseanzuge gehen, (ich befand mich ja nun unter cultivirten Leuten, die den Menschen sogleich nach dem Anzuge zu schätzen pflegen) und dachte daher, da es keinen Gasthof gab, den Doctor um gütige Aufnahme zu bitten. Ich ließ die Adresse des Briefes, die in der Landessprache geschrieben </p> </div> </body> </text> </TEI> [242/0250]
allenfalls die Pest oder die Cholera gerade ihr Unwesen in Persien treiben sollten.
Ein Brief von dem russischen Consul aus Tebris an den ersten hiesigen Beamten verschaffte mir eine sehr höfliche Aufnahme, — der Mangel an Pest und Cholera enthob mich der Quarantaine. Kaum stand ich aber auf russischem Boden, so fing auch schon die unverschämte Bettelei um Trinkgeld an. Der Beamte hatte unter seinen Leuten einen Kosaken, der vorgab deutsch zu verstehen; man sandte ihn zu mir, um nach meinen Wünschen zu fragen. Der Spitzbube wußte so viel deutsch als ich chinesisch, kaum drei bis vier Worte. Ich bedeutete ihm daher, daß ich seiner nicht bedürfe; trotz dem streckte er gleich die Hand aus und bat um Trinkgeld.
13. August. Zeitlich des Morgens verließ ich in Begleitung eines Zollaufsehers Arax und ritt fünf und dreißig Werste nach dem Städtchen Natschivan, das in einem der großen Thäler liegt, die von dem hohen Gebirge des Ararat umgeben sind. Dieses Thal gehört auch zu den fruchtbaren, ist aber, wie die ganze Umgebung arm an Bäumen.
In keinem Orte der Welt hatte ich so viel Mühe unter Dach und Fach zu kommen, als hier. Ich besaß zwei Briefe, einen an einen deutschen Arzt, den andern an den Gouverneur. Zu letzterem wollte ich nicht im Reiseanzuge gehen, (ich befand mich ja nun unter cultivirten Leuten, die den Menschen sogleich nach dem Anzuge zu schätzen pflegen) und dachte daher, da es keinen Gasthof gab, den Doctor um gütige Aufnahme zu bitten. Ich ließ die Adresse des Briefes, die in der Landessprache geschrieben
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/250>, abgerufen am 16.07.2024. |