Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.das Seiden- oder Gazehemdchen, das kaum bis über die Brust reichte, zog sich ganz in die Höhe, und so sah man so ziemlich das ganze Körperchen bis an die Lenden. Dasselbe bemerkte ich auch bei den Dienerinnen, die sich mit Theebereitung oder mit andern Arbeiten beschäftigten, bei jeder Bewegung verrückte sich die Hülle. Weit interessanter als dieser Besuch war jener bei Haggi-Chefa-Hanoum, einer der vornehmsten und gebildetsten Frauen in Tebris. Schon der Eintritt in Hof und Haus verrieth einen gut waltenden Geist. Noch in keinem orientalischem Hause hatte ich so viel Reinlichkeit und Geschmack gefunden. Den Hof würde ich für den Garten gehalten haben, hätte ich nicht späterhin von den Fenstern des Empfangssaales den wirklichen Garten gesehen. Die Gärten hier stehen zwar den unsrigen weit nach; doch sind sie wahre Prachtstücke im Vergleiche zu jenen in Bagdad. Man sieht doch Blumen, Rebengänge und Lauben, zwischen den Fruchtbäumen freundliche Wasserbecken und üppige Grasplätze. Der Empfangssaal war sehr groß und hoch, die Vorder- und Rückseite (wovon die eine die Aussicht in den Hof, die andere jene in den Garten beherrschte) bestand aus Fenstern, deren Scheiben in ganz kleine Sechs- und Achtecke eingetheilt und in vergoldete Holzrähmchen gefaßt waren, -- auch an den Thürstöcken gab es einige Vergoldungen. Der Fußboden war mit Teppichen ausgelegt, an der Stelle, wo die Frau des Hauses saß, lag ein zweiter kostbarer Teppich über den ersten gebreitet. Man hat in Persien keine Divans, sondern nur dicke, runde Polster, an welche man sich lehnt. das Seiden- oder Gazehemdchen, das kaum bis über die Brust reichte, zog sich ganz in die Höhe, und so sah man so ziemlich das ganze Körperchen bis an die Lenden. Dasselbe bemerkte ich auch bei den Dienerinnen, die sich mit Theebereitung oder mit andern Arbeiten beschäftigten, bei jeder Bewegung verrückte sich die Hülle. Weit interessanter als dieser Besuch war jener bei Haggi-Chefa-Hanoum, einer der vornehmsten und gebildetsten Frauen in Tebris. Schon der Eintritt in Hof und Haus verrieth einen gut waltenden Geist. Noch in keinem orientalischem Hause hatte ich so viel Reinlichkeit und Geschmack gefunden. Den Hof würde ich für den Garten gehalten haben, hätte ich nicht späterhin von den Fenstern des Empfangssaales den wirklichen Garten gesehen. Die Gärten hier stehen zwar den unsrigen weit nach; doch sind sie wahre Prachtstücke im Vergleiche zu jenen in Bagdad. Man sieht doch Blumen, Rebengänge und Lauben, zwischen den Fruchtbäumen freundliche Wasserbecken und üppige Grasplätze. Der Empfangssaal war sehr groß und hoch, die Vorder- und Rückseite (wovon die eine die Aussicht in den Hof, die andere jene in den Garten beherrschte) bestand aus Fenstern, deren Scheiben in ganz kleine Sechs- und Achtecke eingetheilt und in vergoldete Holzrähmchen gefaßt waren, — auch an den Thürstöcken gab es einige Vergoldungen. Der Fußboden war mit Teppichen ausgelegt, an der Stelle, wo die Frau des Hauses saß, lag ein zweiter kostbarer Teppich über den ersten gebreitet. Man hat in Persien keine Divans, sondern nur dicke, runde Polster, an welche man sich lehnt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0242" n="234"/> das Seiden- oder Gazehemdchen, das kaum bis über die Brust reichte, zog sich ganz in die Höhe, und so sah man so ziemlich das ganze Körperchen bis an die Lenden. Dasselbe bemerkte ich auch bei den Dienerinnen, die sich mit Theebereitung oder mit andern Arbeiten beschäftigten, bei jeder Bewegung verrückte sich die Hülle.</p> <p>Weit interessanter als dieser Besuch war jener bei Haggi-Chefa-Hanoum, einer der vornehmsten und gebildetsten Frauen in <hi rendition="#aq">Tebris</hi>. Schon der Eintritt in Hof und Haus verrieth einen gut waltenden Geist. Noch in keinem orientalischem Hause hatte ich so viel Reinlichkeit und Geschmack gefunden. Den Hof würde ich für den Garten gehalten haben, hätte ich nicht späterhin von den Fenstern des Empfangssaales den wirklichen Garten gesehen. Die Gärten hier stehen zwar den unsrigen weit nach; doch sind sie wahre Prachtstücke im Vergleiche zu jenen in Bagdad. Man sieht doch Blumen, Rebengänge und Lauben, zwischen den Fruchtbäumen freundliche Wasserbecken und üppige Grasplätze.</p> <p>Der Empfangssaal war sehr groß und hoch, die Vorder- und Rückseite (wovon die eine die Aussicht in den Hof, die andere jene in den Garten beherrschte) bestand aus Fenstern, deren Scheiben in ganz kleine Sechs- und Achtecke eingetheilt und in vergoldete Holzrähmchen gefaßt waren, — auch an den Thürstöcken gab es einige Vergoldungen. Der Fußboden war mit Teppichen ausgelegt, an der Stelle, wo die Frau des Hauses saß, lag ein zweiter kostbarer Teppich über den ersten gebreitet. Man hat in Persien keine Divans, sondern nur dicke, runde Polster, an welche man sich lehnt.</p> </div> </body> </text> </TEI> [234/0242]
das Seiden- oder Gazehemdchen, das kaum bis über die Brust reichte, zog sich ganz in die Höhe, und so sah man so ziemlich das ganze Körperchen bis an die Lenden. Dasselbe bemerkte ich auch bei den Dienerinnen, die sich mit Theebereitung oder mit andern Arbeiten beschäftigten, bei jeder Bewegung verrückte sich die Hülle.
Weit interessanter als dieser Besuch war jener bei Haggi-Chefa-Hanoum, einer der vornehmsten und gebildetsten Frauen in Tebris. Schon der Eintritt in Hof und Haus verrieth einen gut waltenden Geist. Noch in keinem orientalischem Hause hatte ich so viel Reinlichkeit und Geschmack gefunden. Den Hof würde ich für den Garten gehalten haben, hätte ich nicht späterhin von den Fenstern des Empfangssaales den wirklichen Garten gesehen. Die Gärten hier stehen zwar den unsrigen weit nach; doch sind sie wahre Prachtstücke im Vergleiche zu jenen in Bagdad. Man sieht doch Blumen, Rebengänge und Lauben, zwischen den Fruchtbäumen freundliche Wasserbecken und üppige Grasplätze.
Der Empfangssaal war sehr groß und hoch, die Vorder- und Rückseite (wovon die eine die Aussicht in den Hof, die andere jene in den Garten beherrschte) bestand aus Fenstern, deren Scheiben in ganz kleine Sechs- und Achtecke eingetheilt und in vergoldete Holzrähmchen gefaßt waren, — auch an den Thürstöcken gab es einige Vergoldungen. Der Fußboden war mit Teppichen ausgelegt, an der Stelle, wo die Frau des Hauses saß, lag ein zweiter kostbarer Teppich über den ersten gebreitet. Man hat in Persien keine Divans, sondern nur dicke, runde Polster, an welche man sich lehnt.
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/242>, abgerufen am 17.07.2024. |