Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.in den Schafstall, der vielleicht seit Jahren oder wohl so lange als er stand nicht gereinigt worden war. Hier schob man zwei Steine zusammen, auf diese sollte ich mich stellen und mich in Gegenwart der ganzen Gesellschaft, die mir wie mein Schatten folgte, mit Wasser überschütten lassen. Ich bedeutete ihnen, hinauszugehen, ich würde mir diesen Liebesdienst schon selbst erweisen. Sie verließen mich zwar; aber, o Unglück! der Stall hatte keine Thüre, sie guckten daher alle wieder herein. Meine Freude, ein erquickendes Bad zu genießen, wurde im wahren Sinne des Wortes zu Wasser, denn ich that ihnen natürlich nicht den Gefallen, mich zu baden. Vier Tage brachte ich unter diesen Leuten zu, die Tage im finstern Loche, die Abende und Nächte auf der Terrasse. Ich mußte, gleich meiner Wirthin, beständig auf dem Boden kauern, und hatte ich etwas zu schreiben, so mußten mir die Kniee statt eines Tisches dienen. Täglich hieß es: Morgen geht eine Karavane. Ach! man sagte es nur, um mich zu beruhigen, -- man sah wohl, wie schrecklich mir der Aufenthalt war. Die Weiber lungerten den ganzen Tag umher, schliefen oder schwatzten, oder spielten und zankten mit den Kindern. Sie zogen es vor, in schmutzigen Lumpen zu gehen als zu flicken und zu waschen. Von den Kindern ließen sie sich vollkommen tyrannisiren. Jene schlugen zwar nicht nach ihren Eltern; allein wenn sie etwas haben wollten und es nicht bekamen, warfen sie sich auf den Boden, schlugen mit Händen und Füßen um sich, und schrieen und heulten so lange bis sie das gewünschte erlangten. Bestimmte Mahlzeiten wurden unter Tages nicht gehalten, in den Schafstall, der vielleicht seit Jahren oder wohl so lange als er stand nicht gereinigt worden war. Hier schob man zwei Steine zusammen, auf diese sollte ich mich stellen und mich in Gegenwart der ganzen Gesellschaft, die mir wie mein Schatten folgte, mit Wasser überschütten lassen. Ich bedeutete ihnen, hinauszugehen, ich würde mir diesen Liebesdienst schon selbst erweisen. Sie verließen mich zwar; aber, o Unglück! der Stall hatte keine Thüre, sie guckten daher alle wieder herein. Meine Freude, ein erquickendes Bad zu genießen, wurde im wahren Sinne des Wortes zu Wasser, denn ich that ihnen natürlich nicht den Gefallen, mich zu baden. Vier Tage brachte ich unter diesen Leuten zu, die Tage im finstern Loche, die Abende und Nächte auf der Terrasse. Ich mußte, gleich meiner Wirthin, beständig auf dem Boden kauern, und hatte ich etwas zu schreiben, so mußten mir die Kniee statt eines Tisches dienen. Täglich hieß es: Morgen geht eine Karavane. Ach! man sagte es nur, um mich zu beruhigen, — man sah wohl, wie schrecklich mir der Aufenthalt war. Die Weiber lungerten den ganzen Tag umher, schliefen oder schwatzten, oder spielten und zankten mit den Kindern. Sie zogen es vor, in schmutzigen Lumpen zu gehen als zu flicken und zu waschen. Von den Kindern ließen sie sich vollkommen tyrannisiren. Jene schlugen zwar nicht nach ihren Eltern; allein wenn sie etwas haben wollten und es nicht bekamen, warfen sie sich auf den Boden, schlugen mit Händen und Füßen um sich, und schrieen und heulten so lange bis sie das gewünschte erlangten. Bestimmte Mahlzeiten wurden unter Tages nicht gehalten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="186"/> in den Schafstall, der vielleicht seit Jahren oder wohl so lange als er stand nicht gereinigt worden war. Hier schob man zwei Steine zusammen, auf diese sollte ich mich stellen und mich in Gegenwart der ganzen Gesellschaft, die mir wie mein Schatten folgte, mit Wasser überschütten lassen. Ich bedeutete ihnen, hinauszugehen, ich würde mir diesen Liebesdienst schon selbst erweisen. Sie verließen mich zwar; aber, o Unglück! der Stall hatte keine Thüre, sie guckten daher alle wieder herein. 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Jene schlugen zwar nicht nach ihren Eltern; allein wenn sie etwas haben wollten und es nicht bekamen, warfen sie sich auf den Boden, schlugen mit Händen und Füßen um sich, und schrieen und heulten so lange bis sie das gewünschte erlangten.</p> <p>Bestimmte Mahlzeiten wurden unter Tages nicht gehalten, </p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0194]
in den Schafstall, der vielleicht seit Jahren oder wohl so lange als er stand nicht gereinigt worden war. Hier schob man zwei Steine zusammen, auf diese sollte ich mich stellen und mich in Gegenwart der ganzen Gesellschaft, die mir wie mein Schatten folgte, mit Wasser überschütten lassen. Ich bedeutete ihnen, hinauszugehen, ich würde mir diesen Liebesdienst schon selbst erweisen. Sie verließen mich zwar; aber, o Unglück! der Stall hatte keine Thüre, sie guckten daher alle wieder herein. Meine Freude, ein erquickendes Bad zu genießen, wurde im wahren Sinne des Wortes zu Wasser, denn ich that ihnen natürlich nicht den Gefallen, mich zu baden.
Vier Tage brachte ich unter diesen Leuten zu, die Tage im finstern Loche, die Abende und Nächte auf der Terrasse. Ich mußte, gleich meiner Wirthin, beständig auf dem Boden kauern, und hatte ich etwas zu schreiben, so mußten mir die Kniee statt eines Tisches dienen. Täglich hieß es: Morgen geht eine Karavane. Ach! man sagte es nur, um mich zu beruhigen, — man sah wohl, wie schrecklich mir der Aufenthalt war. Die Weiber lungerten den ganzen Tag umher, schliefen oder schwatzten, oder spielten und zankten mit den Kindern. Sie zogen es vor, in schmutzigen Lumpen zu gehen als zu flicken und zu waschen. Von den Kindern ließen sie sich vollkommen tyrannisiren. Jene schlugen zwar nicht nach ihren Eltern; allein wenn sie etwas haben wollten und es nicht bekamen, warfen sie sich auf den Boden, schlugen mit Händen und Füßen um sich, und schrieen und heulten so lange bis sie das gewünschte erlangten.
Bestimmte Mahlzeiten wurden unter Tages nicht gehalten,
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/194>, abgerufen am 16.02.2025. |