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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

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Zobeide in Bagdad glich. Ich konnte nicht erfahren, welch großer oder heiliger Mann darunter begraben liegt.

25. Juni. Heute Morgens vier Uhr kamen wir in der Heimat unseres Karavanenführers, einem Dörfchen, eine Meile von dem Städtchen Kerku entfernt, an. Sein Häuschen lag, nebst einigen andern, in einem großen, schmutzigen Hofe, der von einer Mauer umgeben war und nur einen einzigen Eingang hatte. Dieser Hof glich einem förmlichen Lager: sämmtliche Einwohner schliefen in demselben, und außerdem fehlte es nicht an Maulthieren, Pferden und Eseln. Unsere Thiere begaben sich sogleich an ihre Pfähle und trabten an den Schlafenden so nahe vorbei, daß mir für deren Sicherheit ganz bange wurde; allein die Thiere sind vorsichtig, und die Menschen wissen das und bleiben ganz ruhig liegen.

Mein Araber war drei Wochen abwesend gewesen und kehrte auch jetzt nur auf kurze Zeit heim; dennoch stand, außer einem alten Mütterchen, niemand der Seinigen auf, ihn zu begrüßen. Selbst zwischen der Alten, die ich für des Arabers Mutter hielt, und ihm wurde kein Wort des Willkommens gewechselt. Sie trippelte nur hin und her, half aber nicht und hätte so gut liegen bleiben können wie die anderen.

Das Haus des Arabers bestand aus einem einzigen großen und hohen Gemache, das durch zwei Mittelwände, die aber nicht ganz an die Vorderwand reichten, in drei Theile getheilt war. Jede dieser Abtheilungen hattte bei dreißig Fuß in der Länge, bei neun Fuß in der Breite und diente einer Familie als Wohnung. Das Licht fiel durch die gemeinschaftliche Eingangsthüre und durch zwei

Zobeide in Bagdad glich. Ich konnte nicht erfahren, welch großer oder heiliger Mann darunter begraben liegt.

25. Juni. Heute Morgens vier Uhr kamen wir in der Heimat unseres Karavanenführers, einem Dörfchen, eine Meile von dem Städtchen Kerku entfernt, an. Sein Häuschen lag, nebst einigen andern, in einem großen, schmutzigen Hofe, der von einer Mauer umgeben war und nur einen einzigen Eingang hatte. Dieser Hof glich einem förmlichen Lager: sämmtliche Einwohner schliefen in demselben, und außerdem fehlte es nicht an Maulthieren, Pferden und Eseln. Unsere Thiere begaben sich sogleich an ihre Pfähle und trabten an den Schlafenden so nahe vorbei, daß mir für deren Sicherheit ganz bange wurde; allein die Thiere sind vorsichtig, und die Menschen wissen das und bleiben ganz ruhig liegen.

Mein Araber war drei Wochen abwesend gewesen und kehrte auch jetzt nur auf kurze Zeit heim; dennoch stand, außer einem alten Mütterchen, niemand der Seinigen auf, ihn zu begrüßen. Selbst zwischen der Alten, die ich für des Arabers Mutter hielt, und ihm wurde kein Wort des Willkommens gewechselt. Sie trippelte nur hin und her, half aber nicht und hätte so gut liegen bleiben können wie die anderen.

Das Haus des Arabers bestand aus einem einzigen großen und hohen Gemache, das durch zwei Mittelwände, die aber nicht ganz an die Vorderwand reichten, in drei Theile getheilt war. Jede dieser Abtheilungen hattte bei dreißig Fuß in der Länge, bei neun Fuß in der Breite und diente einer Familie als Wohnung. Das Licht fiel durch die gemeinschaftliche Eingangsthüre und durch zwei

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[155/0163] Zobeide in Bagdad glich. Ich konnte nicht erfahren, welch großer oder heiliger Mann darunter begraben liegt. 25. Juni. Heute Morgens vier Uhr kamen wir in der Heimat unseres Karavanenführers, einem Dörfchen, eine Meile von dem Städtchen Kerku entfernt, an. Sein Häuschen lag, nebst einigen andern, in einem großen, schmutzigen Hofe, der von einer Mauer umgeben war und nur einen einzigen Eingang hatte. Dieser Hof glich einem förmlichen Lager: sämmtliche Einwohner schliefen in demselben, und außerdem fehlte es nicht an Maulthieren, Pferden und Eseln. Unsere Thiere begaben sich sogleich an ihre Pfähle und trabten an den Schlafenden so nahe vorbei, daß mir für deren Sicherheit ganz bange wurde; allein die Thiere sind vorsichtig, und die Menschen wissen das und bleiben ganz ruhig liegen. Mein Araber war drei Wochen abwesend gewesen und kehrte auch jetzt nur auf kurze Zeit heim; dennoch stand, außer einem alten Mütterchen, niemand der Seinigen auf, ihn zu begrüßen. Selbst zwischen der Alten, die ich für des Arabers Mutter hielt, und ihm wurde kein Wort des Willkommens gewechselt. Sie trippelte nur hin und her, half aber nicht und hätte so gut liegen bleiben können wie die anderen. Das Haus des Arabers bestand aus einem einzigen großen und hohen Gemache, das durch zwei Mittelwände, die aber nicht ganz an die Vorderwand reichten, in drei Theile getheilt war. Jede dieser Abtheilungen hattte bei dreißig Fuß in der Länge, bei neun Fuß in der Breite und diente einer Familie als Wohnung. Das Licht fiel durch die gemeinschaftliche Eingangsthüre und durch zwei

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/163>, abgerufen am 22.11.2024.