Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Soudras. -- Sie entspringen alle aus dem Körper des Gottes Brama, und zwar die erste Kaste aus seinem Munde, die zweite aus den Schultern, die dritte aus dem Leibe und den Schenkeln, die vierte aus den Füßen. Aus der ersten Kaste werden die höchsten Beamten, die Priester und die Lehrer des Volkes gewählt. Sie allein dürfen die heiligen Bücher lesen und genießen die höchste Achtung, ja, wenn sie ein Verbrechen begehen, werden sie viel geringer bestraft als jene aus andern Kasten. Die zweite Kaste liefert die niedern Beamten und die Krieger, die dritte die Handelsleute, Handwerker und Bauern, die vierte endlich die Diener für die drei ersten Klassen. Jedoch dienen die Hindus aus allen Kasten, wenn sie Armuth dazu zwingt; nur scheiden sie sich im Dienste genau von einander, da den höheren Kasten nur die reinlicheren Dienstleistungen erlaubt sind.

Von einer Kaste in eine andere aufgenommen zu werden oder hinein zu heirathen, ist unmöglich. Wenn sich ein Hindu vom Vaterlande entfernt oder von einem Paria eine Nahrung annimmt, so wird er aus seiner Kaste gestoßen und so lange als unwürdig betrachtet, bis er sich mit großen Kosten wieder einkauft.

Außer diesen Kasten gibt es noch eine Volksabtheilung: die Parias. Diese sind die unglücklichsten Menschen, da sie von allen Kasten so tief verabscheut werden, daß kein Mensch mit ihnen die geringste Gemeinschaft macht. Wenn zufällig ein Hindu an einen Paria streift, so hält er sich für verunreinigt und muß sich alsogleich baden.

Die Parias dürfen keine Tempel besuchen, haben

Soudras. — Sie entspringen alle aus dem Körper des Gottes Brama, und zwar die erste Kaste aus seinem Munde, die zweite aus den Schultern, die dritte aus dem Leibe und den Schenkeln, die vierte aus den Füßen. Aus der ersten Kaste werden die höchsten Beamten, die Priester und die Lehrer des Volkes gewählt. Sie allein dürfen die heiligen Bücher lesen und genießen die höchste Achtung, ja, wenn sie ein Verbrechen begehen, werden sie viel geringer bestraft als jene aus andern Kasten. Die zweite Kaste liefert die niedern Beamten und die Krieger, die dritte die Handelsleute, Handwerker und Bauern, die vierte endlich die Diener für die drei ersten Klassen. Jedoch dienen die Hindus aus allen Kasten, wenn sie Armuth dazu zwingt; nur scheiden sie sich im Dienste genau von einander, da den höheren Kasten nur die reinlicheren Dienstleistungen erlaubt sind.

Von einer Kaste in eine andere aufgenommen zu werden oder hinein zu heirathen, ist unmöglich. Wenn sich ein Hindu vom Vaterlande entfernt oder von einem Paria eine Nahrung annimmt, so wird er aus seiner Kaste gestoßen und so lange als unwürdig betrachtet, bis er sich mit großen Kosten wieder einkauft.

Außer diesen Kasten gibt es noch eine Volksabtheilung: die Parias. Diese sind die unglücklichsten Menschen, da sie von allen Kasten so tief verabscheut werden, daß kein Mensch mit ihnen die geringste Gemeinschaft macht. Wenn zufällig ein Hindu an einen Paria streift, so hält er sich für verunreinigt und muß sich alsogleich baden.

Die Parias dürfen keine Tempel besuchen, haben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="121"/>
Soudras. &#x2014; Sie entspringen alle aus dem Körper des Gottes Brama, und zwar die erste Kaste aus seinem Munde, die zweite aus den Schultern, die dritte aus dem Leibe und den Schenkeln, die vierte aus den Füßen. Aus der ersten Kaste werden die höchsten Beamten, die Priester und die Lehrer des Volkes gewählt. Sie allein dürfen die heiligen Bücher lesen und genießen die höchste Achtung, ja, wenn sie ein Verbrechen begehen, werden sie viel geringer bestraft als jene aus andern Kasten. Die zweite Kaste liefert die niedern Beamten und die Krieger, die dritte die Handelsleute, Handwerker und Bauern, die vierte endlich die Diener für die drei ersten Klassen. Jedoch dienen die Hindus aus allen Kasten, wenn sie Armuth dazu zwingt; nur scheiden sie sich im Dienste genau von einander, da den höheren Kasten nur die reinlicheren Dienstleistungen erlaubt sind.</p>
          <p>Von einer Kaste in eine andere aufgenommen zu werden oder hinein zu heirathen, ist unmöglich. Wenn sich ein Hindu vom Vaterlande entfernt oder von einem Paria eine Nahrung annimmt, so wird er aus seiner Kaste gestoßen und so lange als unwürdig betrachtet, bis er sich mit großen Kosten wieder einkauft.</p>
          <p>Außer diesen Kasten gibt es noch eine Volksabtheilung: die Parias. Diese sind die unglücklichsten Menschen, da sie von allen Kasten so tief verabscheut werden, daß kein Mensch mit ihnen die geringste Gemeinschaft macht. Wenn zufällig ein Hindu an einen Paria streift, so hält er sich für verunreinigt und muß sich alsogleich baden.</p>
          <p>Die Parias dürfen keine Tempel besuchen, haben
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0128] Soudras. — Sie entspringen alle aus dem Körper des Gottes Brama, und zwar die erste Kaste aus seinem Munde, die zweite aus den Schultern, die dritte aus dem Leibe und den Schenkeln, die vierte aus den Füßen. Aus der ersten Kaste werden die höchsten Beamten, die Priester und die Lehrer des Volkes gewählt. Sie allein dürfen die heiligen Bücher lesen und genießen die höchste Achtung, ja, wenn sie ein Verbrechen begehen, werden sie viel geringer bestraft als jene aus andern Kasten. Die zweite Kaste liefert die niedern Beamten und die Krieger, die dritte die Handelsleute, Handwerker und Bauern, die vierte endlich die Diener für die drei ersten Klassen. Jedoch dienen die Hindus aus allen Kasten, wenn sie Armuth dazu zwingt; nur scheiden sie sich im Dienste genau von einander, da den höheren Kasten nur die reinlicheren Dienstleistungen erlaubt sind. Von einer Kaste in eine andere aufgenommen zu werden oder hinein zu heirathen, ist unmöglich. Wenn sich ein Hindu vom Vaterlande entfernt oder von einem Paria eine Nahrung annimmt, so wird er aus seiner Kaste gestoßen und so lange als unwürdig betrachtet, bis er sich mit großen Kosten wieder einkauft. Außer diesen Kasten gibt es noch eine Volksabtheilung: die Parias. Diese sind die unglücklichsten Menschen, da sie von allen Kasten so tief verabscheut werden, daß kein Mensch mit ihnen die geringste Gemeinschaft macht. Wenn zufällig ein Hindu an einen Paria streift, so hält er sich für verunreinigt und muß sich alsogleich baden. Die Parias dürfen keine Tempel besuchen, haben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/128
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/128>, abgerufen am 24.11.2024.