Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

leerte es auf das Wohl all meiner Lieben im Vaterlande.

Um 5 Uhr Abends warfen wir zu Kadscheri (an der Einfahrt des Ganges) Anker. Es war zu spät um bis Calcutta (60 Seemeilen) zu segeln. Der Strom war hier viele Meilen breit, so daß man nur auf einer Seite den dunklen Saum des Ufers sah.

4. November. Des Morgens segelten wir in den Hugly -- so heißt eine der sieben Mündungen des Ganges. Endlose, unübersehbare Ebenen erstreckten sich an beiden Ufern dieses Stromes. Reisfelder wechselten mit Zuckerpflanzungen, Palmen-, Bambus- und Laubbäume standen dazwischen, die üppigste Vegetation zog sich bis an des Ufers Gestade; nur Dörfer und Menschen fehlten. Erst als wir nur mehr fünf und zwanzig Meilen von Calcutta entfernt waren, tauchten hin und wieder ärmliche Dörfer auf, und man sah halb nackte Menschen sich bewegen. Die Hütten waren aus Lehm, Bambus oder Palmzweigen errichtet und mit Ziegeln, Reisstroh oder Palmblättern gedeckt. Merkwürdig und ganz verschieden von jenen, die ich bei Madras sah, fand ich die größeren Fahrzeuge der Eingebornen. Das Vordertheil des Bootes endigte beinahe flach, so daß es kaum einen halben Fuß über das Wasser ragte, während das Hintertheil bei sieben Fuß hoch war.

Das erste palastähnliche Gebäude, eine Kottonspinnerei, zeigte sich fünfzehn Meilen vor Calcutta, und ein freundliches Wohnhaus schloß sich daran. Von da an sah man an beiden Seiten des Hugly viele Paläste, die alle in griechisch-italienischem Style gebaut und reichlich

leerte es auf das Wohl all meiner Lieben im Vaterlande.

Um 5 Uhr Abends warfen wir zu Kadscheri (an der Einfahrt des Ganges) Anker. Es war zu spät um bis Calcutta (60 Seemeilen) zu segeln. Der Strom war hier viele Meilen breit, so daß man nur auf einer Seite den dunklen Saum des Ufers sah.

4. November. Des Morgens segelten wir in den Hugly — so heißt eine der sieben Mündungen des Ganges. Endlose, unübersehbare Ebenen erstreckten sich an beiden Ufern dieses Stromes. Reisfelder wechselten mit Zuckerpflanzungen, Palmen-, Bambus- und Laubbäume standen dazwischen, die üppigste Vegetation zog sich bis an des Ufers Gestade; nur Dörfer und Menschen fehlten. Erst als wir nur mehr fünf und zwanzig Meilen von Calcutta entfernt waren, tauchten hin und wieder ärmliche Dörfer auf, und man sah halb nackte Menschen sich bewegen. Die Hütten waren aus Lehm, Bambus oder Palmzweigen errichtet und mit Ziegeln, Reisstroh oder Palmblättern gedeckt. Merkwürdig und ganz verschieden von jenen, die ich bei Madras sah, fand ich die größeren Fahrzeuge der Eingebornen. Das Vordertheil des Bootes endigte beinahe flach, so daß es kaum einen halben Fuß über das Wasser ragte, während das Hintertheil bei sieben Fuß hoch war.

Das erste palastähnliche Gebäude, eine Kottonspinnerei, zeigte sich fünfzehn Meilen vor Calcutta, und ein freundliches Wohnhaus schloß sich daran. Von da an sah man an beiden Seiten des Hugly viele Paläste, die alle in griechisch-italienischem Style gebaut und reichlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0123" n="116"/>
leerte es auf das Wohl all meiner Lieben im Vaterlande.</p>
          <p>Um 5 Uhr Abends warfen wir zu Kadscheri (an der Einfahrt des Ganges) Anker. Es war zu spät um bis Calcutta (60 Seemeilen) zu segeln. Der Strom war hier viele Meilen breit, so daß man nur auf einer Seite den dunklen Saum des Ufers sah.</p>
          <p>4. November. Des Morgens segelten wir in den Hugly &#x2014; so heißt eine der sieben Mündungen des Ganges. Endlose, unübersehbare Ebenen erstreckten sich an beiden Ufern dieses Stromes. Reisfelder wechselten mit Zuckerpflanzungen, Palmen-, Bambus- und Laubbäume standen dazwischen, die üppigste Vegetation zog sich bis an des Ufers Gestade; nur Dörfer und Menschen fehlten. Erst als wir nur mehr fünf und zwanzig Meilen von Calcutta entfernt waren, tauchten hin und wieder ärmliche Dörfer auf, und man sah halb nackte Menschen sich bewegen. Die Hütten waren aus Lehm, Bambus oder Palmzweigen errichtet und mit Ziegeln, Reisstroh oder Palmblättern gedeckt. Merkwürdig und ganz verschieden von jenen, die ich bei Madras sah, fand ich die größeren Fahrzeuge der Eingebornen. Das Vordertheil des Bootes endigte beinahe flach, so daß es kaum einen halben Fuß über das Wasser ragte, während das Hintertheil bei sieben Fuß hoch war.</p>
          <p>Das erste palastähnliche Gebäude, eine Kottonspinnerei, zeigte sich fünfzehn Meilen vor Calcutta, und ein freundliches Wohnhaus schloß sich daran. Von da an sah man an beiden Seiten des Hugly viele Paläste, die alle in griechisch-italienischem Style gebaut und reichlich
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0123] leerte es auf das Wohl all meiner Lieben im Vaterlande. Um 5 Uhr Abends warfen wir zu Kadscheri (an der Einfahrt des Ganges) Anker. Es war zu spät um bis Calcutta (60 Seemeilen) zu segeln. Der Strom war hier viele Meilen breit, so daß man nur auf einer Seite den dunklen Saum des Ufers sah. 4. November. Des Morgens segelten wir in den Hugly — so heißt eine der sieben Mündungen des Ganges. Endlose, unübersehbare Ebenen erstreckten sich an beiden Ufern dieses Stromes. Reisfelder wechselten mit Zuckerpflanzungen, Palmen-, Bambus- und Laubbäume standen dazwischen, die üppigste Vegetation zog sich bis an des Ufers Gestade; nur Dörfer und Menschen fehlten. Erst als wir nur mehr fünf und zwanzig Meilen von Calcutta entfernt waren, tauchten hin und wieder ärmliche Dörfer auf, und man sah halb nackte Menschen sich bewegen. Die Hütten waren aus Lehm, Bambus oder Palmzweigen errichtet und mit Ziegeln, Reisstroh oder Palmblättern gedeckt. Merkwürdig und ganz verschieden von jenen, die ich bei Madras sah, fand ich die größeren Fahrzeuge der Eingebornen. Das Vordertheil des Bootes endigte beinahe flach, so daß es kaum einen halben Fuß über das Wasser ragte, während das Hintertheil bei sieben Fuß hoch war. Das erste palastähnliche Gebäude, eine Kottonspinnerei, zeigte sich fünfzehn Meilen vor Calcutta, und ein freundliches Wohnhaus schloß sich daran. Von da an sah man an beiden Seiten des Hugly viele Paläste, die alle in griechisch-italienischem Style gebaut und reichlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/123
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/123>, abgerufen am 28.04.2024.