Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.Ich habe noch keiner Zuckerernte beigewohnt; vielleicht werde ich noch im Laufe der Reise dazu kommen. Mit Sonnenuntergang endet die Arbeit; dann stellen die Neger sich vor dem Herrenhause auf und werden gezählt. Nach einem kurzen Gebete wird ihnen die Abendmahlzeit gereicht, die aus gekochten Bohnen mit Speck, Carna secca und Maniokmehl besteht. Mit Sonnenaufgang versammeln sie sich wieder, werden abermals gezählt und gehen nach abgehaltenem Gebete und Frühstücke an die Arbeit. Ich hatte in dieser, wie in vielen andern Fazenden, Venden und Privathäusern Gelegenheit zu beobachten, daß man mit den Sclaven bei weitem nicht so hart umgeht, als wir Europäer es meinen. Sie werden mit Arbeit nicht überladen, gehen allen ihren Geschäften sehr gemächlich nach und werden gut genährt. Ihre Kinder sind häufig die Gespielen der Kinder ihrer Herren und balgen sich mit jenen herum wie mit ihres gleichen. Es mag auch Fälle geben, daß der eine oder der andere Sclave hart und unverschuldet gezüchtiget wird; aber haben dergleichen Ungerechtigkeiten nicht auch in Europa statt? Ich bin gewiß eine große Gegnerin der Sclaverei, und ihre Abschaffung würde ich mit unendlicher Seelenfreude begrüßen. Dessenungeachtet wiederhole ich meine Behauptung, daß der Negersclave unter Gesetzen ein besseres Loos habe, als der freie Fellah in Egypten und als viele Bauern in Europa, die noch unter der Last der Robot seufzen. -- Die Hauptursache des bessern Looses Ich habe noch keiner Zuckerernte beigewohnt; vielleicht werde ich noch im Laufe der Reise dazu kommen. Mit Sonnenuntergang endet die Arbeit; dann stellen die Neger sich vor dem Herrenhause auf und werden gezählt. Nach einem kurzen Gebete wird ihnen die Abendmahlzeit gereicht, die aus gekochten Bohnen mit Speck, Carna secca und Maniokmehl besteht. Mit Sonnenaufgang versammeln sie sich wieder, werden abermals gezählt und gehen nach abgehaltenem Gebete und Frühstücke an die Arbeit. Ich hatte in dieser, wie in vielen andern Fazenden, Venden und Privathäusern Gelegenheit zu beobachten, daß man mit den Sclaven bei weitem nicht so hart umgeht, als wir Europäer es meinen. Sie werden mit Arbeit nicht überladen, gehen allen ihren Geschäften sehr gemächlich nach und werden gut genährt. Ihre Kinder sind häufig die Gespielen der Kinder ihrer Herren und balgen sich mit jenen herum wie mit ihres gleichen. Es mag auch Fälle geben, daß der eine oder der andere Sclave hart und unverschuldet gezüchtiget wird; aber haben dergleichen Ungerechtigkeiten nicht auch in Europa statt? Ich bin gewiß eine große Gegnerin der Sclaverei, und ihre Abschaffung würde ich mit unendlicher Seelenfreude begrüßen. Dessenungeachtet wiederhole ich meine Behauptung, daß der Negersclave unter Gesetzen ein besseres Loos habe, als der freie Fellah in Egypten und als viele Bauern in Europa, die noch unter der Last der Robot seufzen. — Die Hauptursache des bessern Looses <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="92"/> Ich habe noch keiner Zuckerernte beigewohnt; vielleicht werde ich noch im Laufe der Reise dazu kommen.</p> <p> Mit Sonnenuntergang endet die Arbeit; dann stellen die Neger sich vor dem Herrenhause auf und werden gezählt. Nach einem kurzen Gebete wird ihnen die Abendmahlzeit gereicht, die aus gekochten Bohnen mit Speck, Carna secca und Maniokmehl besteht. Mit Sonnenaufgang versammeln sie sich wieder, werden abermals gezählt und gehen nach abgehaltenem Gebete und Frühstücke an die Arbeit.</p> <p> Ich hatte in dieser, wie in vielen andern Fazenden, Venden und Privathäusern Gelegenheit zu beobachten, daß man mit den Sclaven bei weitem nicht so hart umgeht, als wir Europäer es meinen. Sie werden mit Arbeit nicht überladen, gehen allen ihren Geschäften sehr gemächlich nach und werden gut genährt. Ihre Kinder sind häufig die Gespielen der Kinder ihrer Herren und balgen sich mit jenen herum wie mit ihres gleichen. Es mag auch Fälle geben, daß der eine oder der andere Sclave hart und unverschuldet gezüchtiget wird; aber haben dergleichen Ungerechtigkeiten nicht auch in Europa statt?</p> <p> Ich bin gewiß eine große Gegnerin der Sclaverei, und ihre Abschaffung würde ich mit unendlicher Seelenfreude begrüßen. Dessenungeachtet wiederhole ich meine Behauptung, daß der Negersclave unter Gesetzen ein besseres Loos habe, als der freie Fellah in Egypten und als viele Bauern in Europa, die noch unter der Last der Robot seufzen. — Die Hauptursache des bessern Looses </p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0099]
Ich habe noch keiner Zuckerernte beigewohnt; vielleicht werde ich noch im Laufe der Reise dazu kommen.
Mit Sonnenuntergang endet die Arbeit; dann stellen die Neger sich vor dem Herrenhause auf und werden gezählt. Nach einem kurzen Gebete wird ihnen die Abendmahlzeit gereicht, die aus gekochten Bohnen mit Speck, Carna secca und Maniokmehl besteht. Mit Sonnenaufgang versammeln sie sich wieder, werden abermals gezählt und gehen nach abgehaltenem Gebete und Frühstücke an die Arbeit.
Ich hatte in dieser, wie in vielen andern Fazenden, Venden und Privathäusern Gelegenheit zu beobachten, daß man mit den Sclaven bei weitem nicht so hart umgeht, als wir Europäer es meinen. Sie werden mit Arbeit nicht überladen, gehen allen ihren Geschäften sehr gemächlich nach und werden gut genährt. Ihre Kinder sind häufig die Gespielen der Kinder ihrer Herren und balgen sich mit jenen herum wie mit ihres gleichen. Es mag auch Fälle geben, daß der eine oder der andere Sclave hart und unverschuldet gezüchtiget wird; aber haben dergleichen Ungerechtigkeiten nicht auch in Europa statt?
Ich bin gewiß eine große Gegnerin der Sclaverei, und ihre Abschaffung würde ich mit unendlicher Seelenfreude begrüßen. Dessenungeachtet wiederhole ich meine Behauptung, daß der Negersclave unter Gesetzen ein besseres Loos habe, als der freie Fellah in Egypten und als viele Bauern in Europa, die noch unter der Last der Robot seufzen. — Die Hauptursache des bessern Looses
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/99 |
Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/99>, abgerufen am 03.07.2024. |